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Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck 2014-07-22
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http://orf.at/stories/2238806/2238805/
Auch für Planung bezahlt
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat das Vorgehen der US-Bundespolizei FBI bei verdeckten Terrorermittlungen scharf kritisiert. Das FBI habe Muslime nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu Terrorplänen angestiftet und bisweilen sogar dafür bezahlt, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht von HRW.
Mit Hilfe von Juristen der Columbia-Universität nahm die Organisation 27 sogenannte Sting Operations unter die Lupe, bei denen die Bundespolizei mit dem Einsatz verdeckter Ermittler gegen mutmaßliche Terroristen vorging. „In einigen Fällen könnte das FBI aus unbescholtenen Bürgern Terroristen gemacht haben, indem die Idee eines Terrorakts vorgeschlagen oder die Zielperson zum Handeln ermutigt wurde“, steht in dem Bericht.
Aktive Rolle in „30 Prozent der Fälle“
In der Hälfte der begutachteten Fälle waren die Verurteilungen der Verdächtigen demnach direkte Folge einer dieser sogenannten Sting Operations. Bei 30 Prozent dieser Fälle habe der verdeckte Ermittler eine aktive Rolle bei der Terrorplanung gespielt.
„Amerikanern wurde gesagt, dass ihre Regierung sie mit der Verhütung und der Strafverfolgung von Terrorismus innerhalb der USA schützt“, sagte HRW-Sprecherin Andrea Prasow. „Wenn man aber näher hinsieht, merkt man, dass viele dieser Leute nie ein Verbrechen begangen hätten, wenn es nicht die Ermutigung der Strafverfolgungsbehörden gegeben hätte.“
„Menschen mit beeinträchtigter Intelligenz“
Oft nehme das FBI Menschen mit psychischen Problemen oder beeinträchtigter Intelligenz ins Visier. Die Regierung agierte durch Informanten, plante die Anschläge, überzeugte oder drängte die Zielpersonen dazu, sich zu beteiligen, und stellte die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, heißt es in dem Bericht weiter.
Auch wurden in vielen Fällen verfahrensrechtliche Grundsätze verletzt und die Verdächtigen menschenrechtswidrigen Haftbedingungen ausgesetzt. Beides habe zu unverhältnismäßig langen Gefängnisstrafen geführt, so der Bericht.
Umfangreiche Interviews
Der Bericht basiere auf mehr als 215 Interviews mit Personen, denen Verbrechen im Zusammenhang mit Terrorismus zur Last gelegt oder die für solche verurteilt wurden, mit ihren Familienangehörigen und Mitgliedern ihrer Gemeinschaft, mit Verteidigern, Richtern, aktiven und ehemaligen Staatsanwälten, Regierungsangehörigen, Wissenschaftlern und anderen Experten.
„Hindernisse aus dem Weg geräumt“
Als Beispiel führt der Bericht den Fall von vier Islamkonvertiten aus Newburgh im Bundesstaat New York an, denen vorgeworfen wurde, Bombenangriffe auf eine Synagoge und eine US-Militärbasis geplant zu haben. Ein Richter sei dort zu dem Schluss gekommen, dass die Regierung das Verbrechen erdacht und die Mittel bereitgestellt habe.
Beispielsweise sagte ein Richter im Prozess gegen die vier „Newburgh-Terroristen“, die Regierung „hat sich das Verbrechen ausgedacht, die Mittel zur Verfügung gestellt und alle wichtigen Hindernisse aus dem Weg geräumt“. So habe sie einen Mann zu einem Terroristen gemacht, „der ein Possenreißer Shakespeare’schen Ausmaßes ist“. Ein verdeckter FBI-Agent hatte die Männer zum Schein mit nicht funktionsfähigen Waffen und Sprengstoff versorgt, hatte es bei der Festnahme bereits offiziell geheißen.
„Offensichtlich“ psychische Probleme
Als weiteres Beispiel führt der Bericht den Fall von Rezwan Ferdaus an. Ferdaus wurde wegen des Versuchs, ein Regierungsgebäude in die Luft zu sprengen, zu 17 Jahren Haft verurteilt. Laut dem HRW-Bericht sagte allerdings ein FBI-Agent zu Ferdaus Vater, dass sein Sohn „offensichtlich“ psychische Probleme habe. Der Geheimdienst wählte ihn für eine verdeckte Operation aus und installierte einen Informanten in seiner Moschee.
Dieser Informant entwickelte gemeinsam mit Ferdaus den Plan, das Pentagon und das Kapitol anzugreifen, so die Vorwürfe in dem Bericht. Das FBI versorgte sie mit falschen Waffen und zahlte Ferdaus’ Reisekosten, heißt es weiter. Ferdaus psychischer und körperlicher Zustand soll sich laut dem Bericht im Laufe der Anschlagsplanung verschlechtert haben. Er habe so stark unter Depressionen und Krampfanfällen gelitten, dass sein Vater seine Arbeit aufgeben musste, um ihn zu pflegen, so der Bericht weiter.
Prasow: Anstiftung „fast unmöglich zu beweisen“
US-Justizminister Eric Holder hat den Einsatz von verdeckten Ermittlern stets als „unerlässlich“ im Kampf gegen den Terrorismus verteidigt. „Diese Einsätze werden mit außerordentlicher Sorgfalt und Präzision ausgeführt“, sagte Holder etwa Anfang Juli bei einem Besuch in Norwegen. Das FBI stelle sicher, dass Verdächtige nicht zu Verbrechen verführt würden.
„Die US-Regierung muss damit aufhören, amerikanische Muslime wie Terroristen in Wartehaltung zu behandeln“, sagt Prasow. „Es ist unter US-Recht für einen Terrorverdächtigen fast unmöglich zu beweisen, dass er zu der Tat verleitet wurde“, so das Fazit Prasows.
Links:
- HRW
- HRW-Bericht (PDF, engl.)
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USA: Das FBI schuf sich seine Terroristen
Seit den Anschlägen von 9/11 hat die US-Bundespolizei gezielt Geisteskranke, Jugendliche und Kleinkriminelle mit Geld, Waffen und Attentatsplänen versorgt, kritisiert Human Rights Watch.
Die Presse) (
Washington. Rezwan Ferdaus war arbeitslos, schwer depressiv und trug Windeln für Erwachsene, weil er seine Harnblase nicht kontrollieren konnte. Laguerre Payen litt unter Schizophrenie und sammelte in seiner Wohnung Flaschen voller Urin. James Cromitie, ein ehemaliger Drogensüchtiger, hat einem Psychiater von seinen Halluzinationen erzählt. Shawahar Matin Siraj hat laut Gutachten eines forensischen Psychologen „eingeschränktes Urteilsvermögen“ und war „für Manipulationen empfänglich“; seine liebste Beschäftigung waren Pokémon-Videospiele.
Das hinderte die US-Bundespolizei FBI nicht daran, Ferdaus, Payen, Cromitie und Siraj in Pläne für Terroranschläge zur verwickeln, die von FBI-Spitzeln ausgearbeitet worden waren. Das FBI fabrizierte nicht nur die Anschlagsvorhaben, sondern bot den Männern auch Geld an und besorgte ihnen Kameras, um die mutmaßlichen Anschlagsziele auszukundschaften, DVD-Spieler, um sich radikale islamistische Videos anzusehen, sowie Attrappen von Boden-Luft-Raketen und Sprengstoff.
Die Fälle der vier genannten Männer, die dank dieser inszenierten Terrorpläne langjährige beziehungsweise lebenslange Haftstrafen abbüßen, sind in einem mehr als 200 Seiten starken Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zusammengefasst, der am Montag veröffentlicht worden ist. Die Organisation kritisiert das FBI dafür, gezielt geistesschwache, jugendliche und mittellose Moslems ausgesucht zu haben. „Viele der vermeintlichen Terroristen hätten nie ein Verbrechen begangen, wenn die Strafverfolgungsbehörden sie nicht dazu ermutigt, gedrängt und manchmal dafür bezahlt hätten“, erklärte die Hauptautorin Andrea Prasow.
Unbescholtene angestiftet
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden rund 500 Strafverfahren mit terroristischem Bezug in US-Gerichten verhandelt. Circa 30 Prozent dieser Fälle gingen auf verdeckte Operationen zurück, in denen FBI-Informanten eine Schlüsselrolle bei der Planung der Straftat spielten.
Diese Ermittlungsmethode führt die Polizei auf einen schmalen Grat. Denn sie verletzt das Grundrecht auf ein faires Verfahren, wenn sie Menschen, die bisher keine kriminellen Pläne hegten, zu Straftaten anregt. Nach US-Recht entgeht man in so einem Fall einer Haftstrafe nur, wenn man beweist, dass man nicht „predisposed“, also vorher schon entsprechend verbrecherisch geneigt war. Die Prüfung dieses Beweises fußt aber auf der Herkunft sowie den Meinungen, Glaubenshaltungen und dem Ruf des Angeklagten, nicht auf der ihm vorgeworfenen Straftat an sich. In keinem Terrorismusfall ist es Angeklagten bisher gelungen, sich mit dem Beweis der rechtswidrigen Anstiftung zu befreien.
Wie problematisch diese von John Ashcroft, dem Justizminister des damaligen Präsidenten George W. Bush, forcierte Ermittlungsmethode ist, veranschaulicht der Fall der „Newburgh Four“. Am 20. Mai 2009 nahm das FBI unter großem Medienaufsehen vier Männer (einer davon ist der eingangs erwähnte James Cromitie) in der verarmten, großteils schwarzen Kleinstadt Newburgh im Bundesstaat New York fest. Ein pakistanischer FBI-Informant hatte ihnen Pläne für Bombenanschläge auf Synagogen und den Abschuss von US-Militärflugzeugen unterbreitet; er lieferte ihnen zu diesem Zweck auch eine funktionsuntüchtige Stinger-Rakete. Keiner der vier Männer, die seither Haftstrafen von 25 Jahren verbüßen, hatte vorher Verbindungen zu terroristischen Gruppen.
„Clown wie von Shakespeare“
„Ich bezweifle, dass echte Terroristen sich mit einem Mann abgegeben hätten, der so offensichtlich untauglich war“, hielt die Richterin Colleen McMahon in ihrem Urteil über Cromitie fest. „Nur die Regierung konnte aus Herrn Cromitie, dessen Clownerei wie von Shakespeare anmutet, einen Terroristen machen.“
Zu 25 Jahren Gefängnis verurteilen musste sie ihn dennoch: Selbst die Beteiligung an einem Scheinplan, militärische Ziele anzugreifen, zieht dieses verpflichtende Mindeststrafmaß nach sich.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 22.07.2014)
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