★★★ Widerstandsberichterstattung über die herrschenden, demokratischen Um- bzw. Zustände ★★★
Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck 2014-07-27
Liebe® Blogleser_in,
Bewusstheit, Liebe und Friede sei mit uns allen.
Aus dieser Quelle zu weiteren Verbreitung entnommen: http://www.watzal.com/Ilan%20Pappe.pdf
Der 110-jährige Nahostkonflikt geht wieder einmal in eine neue Runde friedenspolitischer Rhetorik und einer Neuauflage von „Prinzipienerklärungen“. Beides liegt knapp neben der Realität. Diese „friedenspolitischen“ Aktionen sind Beruhigungspillen für die westliche Öffentlichkeit, um von einem historisch einzigartigen Kolonisierungsvorgang abzulenken, der zur existenziellen Zerstörung der Lebensgrundlagen des palästinensischen Volkes geworden ist.
Die Negierung der historischen Wahrheit des israelisch-palästinensischen Konflikts ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einem gerechten Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern. Dass bequeme Nachbeten des historisch umstrittenen israelischen Gründungsnarratives und die Ausblendung der gravierenden Menschen- und Völkerrechtsverstöße tragen wenig zur Aufklärung bei.
Indem „der Westen“ – angeführt von den USA – diese Verstöße deckt und damit legitimiert, betreibt er eine Politik des doppelten Standards.
Darüber hinaus wird sein rhetorischer Einsatz für Demokratie und Menschenrechte durch die Kriege in Afghanistan und Irak und demnächst vielleicht gegen Iran völlig unglaubwürdig. Hinzu kommt sein Paktieren mit so genannten „guten“ Despoten. Die Reden von US-Präsidenten George W. Bush „überzeugen“ heute (Anm.: damals, Buch u. Text aus 2007) wohl nur noch die christlichen Fundamentalisten, die ein Armageddon im Nahen Osten „herbeibeten“ wollen. Wer den israelischen Narrativ in Frage stellt und gleiche Rechte für die israelischen Palästinenser und Gerechtigkeit und Menschenrechte für die unter israelischer Okkupation Leidenden einfordert, bekommt nicht nur in der „einzigen Demokratie des Nahen Ostens“ die größten Probleme, sondern auch im klassisch-demokratischen Westen.
Ilan Pappe, Professor an der Universität von Haifa, u. a. Israelis können von dieser Hatz ein Lied singen. Er hat es deshalb vorgezogen, für einige Zeit ins Exil nach Großbritannien zu gehen. Besonders seine Haltung in der so genannten Katz-Affäre nahm der Dekan der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Haifa zum Anlass, Pappes Entlassung zu fordern. Für eine wirkliche Demokratie eigentlich ein skandalöser Vorgang. „In vielerlei Hinsicht tragen israelische Wissenschaftler zur Enthumanisierung der Palästinenser bei“, so Pappe in einem Interview vom 19. Juni 2002. Nach Großbritannien ins Exil sind bereits einige Kritiker der israelischen Besatzungspolitik gegangen, und ihre Bücher können nur dort erscheinen. Großbritannien scheint immer noch ein Hort der Freiheit und Liberalität zu sein, im Gegensatz zu den USA, die sich auf dem Weg in einen Polizeistaat befinden. Die Kampagne, die gegen Pappe seit Jahren läuft, wird u. a. von seinen eigenen Kollegen geführt. Ihnen sind Pappes historische Forschungen und seine politischen Überzeugungen ein Dorn im Auge. Mit dem vorliegenden Buch stellt sich der Autor quer zur herrschenden Meinung in Israel. Sein Einsatz für die entrechteten und strangulierten Palästinenser wirkt wie ein Stachel im Fleisch der Israelis, die von den tatsächlichen historischen Ereignissen nichts wissen wollen. Sie haben sich in ihren historischen Mythen bequem eingerichtet, und „der Westen“ tut alles, das dies auch so bleibt. Als „Waffe“ für die Aufrechterhaltung der historischen Mythologie und zur Abschottung gegen Kritik wurde eine antiliberale und verhängnisvolle Gleichung erfunden: „Israel- und Zionismuskritik = Antisemitismus“! Damit wird nicht nur jede Kritik an der brutalen Besatzungspolitik Israels mundtot gemacht, sondern die Politik des Landes gegen eine solche generell immunisiert und darüber hinaus deren Kritiker als „Antisemiten“ oder „jüdische Selbsthasser“ stigmatisiert. Dies mussten nicht nur die renommierten Professoren John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt erfahren, die ein Buch mit dem Titel „Die Israel-Lobby“ veröffentlicht haben, sondern auch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, dessen Buch „Palestine. Peace Not Apartheid“ ihm den Vorwurf „Antisemit“ eintrug. Von den zahlreichen jüdischen US-Amerikanern gar nicht zu reden.
Da „der Westen“ diese unsinnige Gleichung stillschweigend übernommen hat, kann Israel in den Besetzten Gebieten tun und lassen, was es will. Gleiches gilt für die brutale Besatzungspolitik und die Menschenrechtsverletzungen der USA in Irak und Afghanistan. Kritik an dieser menschenverachtenden Kriegsführung soll ebenfalls „antisemitisch“ sein, weil man mit einer solchen Kritik ja eigentlich „Israel“ meine. Diese absurden Geisteswindungen werden allen Ernstes als „seriöse“ Argumente in US-amerikanischen und deutschen Medienprodukten transportiert.
Ziel dieser Kampagne ist die Stigmatisierung jedweder Kritik an den Kriegsverbrechen beider Besatzungsmächte. Wer an der historischen Wahrheit interessiert ist, sollte die zwölf Kapitel des Pappe-Buches aufmerksam lesen. Er benutzt bewusst den Begriff „ethnische Säuberung, um das Drama des palästinensischen Volkes zu beschreiben, weil er inzwischen zur Umschreibung von ´Verbrechen gegen die Menschlichkeit` benutzt wird, das nach internationalem Recht strafbar ist“. Der Autor wollte sowohl Tätern als auch Opfern ein Gesicht geben: „Ich möchte verhindern, dass die Verbrechen, die Israel begangen hat, auf so schwer fassbare Faktoren geschoben werden wie ´die Umstände`, ´die Armee` oder, wie Morris sagt, ´à la guerre comme à la guerre` und ähnlich vage Verweise, die souveräne Staaten aus der Verantwortung entlassen und Individuen straflos davonkommen lassen. Ich klage an, aber ich bin auch Teil der Gesellschaft, die in diesem Buch verurteilt wird.“ „Es kam in Palästina zwar auch zu einer Art großen durch Terror verursachten (Deir Yassin und Ayn al-Zaytun) Fluchtbewegung, aber ebenso zu einer massiven und geplanten „ethnischen Säuberung“im Zuge der Gründung des Staates Israel. Das Trauma dieser Katastrophe (al-Nakba) bestimmt den palästinensischen Narrativ bis heute. Es ist – neben der Kolonisierung der Besetzten Gebiete durch Siedlungen nach 1967, der Verweigerung des Rückkehrrechts der Flüchtlinge und des Status von Jerusalem – das Haupthindernis auf dem Wege zu einem fairen Ausgleich zwischen beiden Völkern.
Benny Morris hatte als erster 1987 in seinem Buch „ The Birth of the Palestinian Refugee Problem“ vorsichtig auch über Vertreibungen geschrieben, aber Pappe hat endgültig den Schleier gelüftet. Morris galt seit seiner Veröffentlichung als ein so genannter „New historian“. Von den konventionellen zionistischen Historikern wurde er als „Postzionist“, „Antizionist“ oder „Postmodernist“ diskreditiert.
Keines dieser Label traf jedoch auf ihn zu; er war immer Zionist, wie er freimütig in Interviews bekannte. Auf dem Höhepunkt der Al-Aqsa-Intifada zu Beginn des Jahres 2004 offenbarte er sich in Artikeln im „Guardian“ und Interviews in der Tageszeitung „Haaretz“ als ein Befürworter der Vertreibungen von 1948. Nicht nur das, er befürwortete, im Notfall den ganzen Job zu vollenden. In einem „chilling interview“ antwortete er auf die Frage, ob Ben-Gurion zu wenig Araber vertreiben habe: „If he had already engaged in expulsion, maybe he should have done a complete job. … If he had carried out a full expulsion – rather than a partial one – he would have stabilized the State of Israel for generations.” Auf die Frage, ob er für eine Vertreibung der Palästinenser im Augenblick sei, entgegnete Morris: “I say not at this moment. … But I am ready to tell you that in other circumstances, apocalyptic ones, which are liable to be realized in five or ten years I can see expulsions.” Sollte auch die israelischen Palästinenser vertreiben werden? “The Israeli Arabs are a time bomb. Their slide into complete Palestinization has made them an emissary of the enemy that is among us. They are a potential fifth column. In both demogaraphic and security terms they are liable to undermine the state.” Waren diese haarsträubenden Äußerungen nötig, damit seine Bücher endlich in Hebräisch erscheinen konnten?
Pappe kritisiert Morris dahingehend, dass dieser die „israelischen Militärberichte“ in den Archiven „für bare Münze nahm. So konnte er von Juden begangene Gräueltaten ignorieren, wie das Vergiften der Wasserversorgung von Akko mit Typhus, zahlreiche Vorfälle von Vergewaltigung und Dutzende Massaker. Außerdem beharrte er – zu Unrecht – darauf, dass es vor dem 15. Mai 1948 keine Zwangsräumungen gegeben habe.“ Pappe wirft seinem Kollegen vor, keine arabischen Quellen oder mündlich überlieferte Geschichte herangezogen zu haben. Just diese Vorgehensweise wurde dem Studenten Katz und letztendlich Ilan Pappe zum Verhängnis.
Im Gegensatz zu Morris ist Pappe aus ganz anderem Holz geschnitzt. So berichtet er, dass sich am 10. März 1948 eine Gruppe zionistischer Politiker mit jungen Offizieren unter Vorsitz des späteren Ministerpräsidenten David Ben-Gurion getroffen und einen Vertreibungsplan (Plan Dalet) entworfen habe. Am gleichen Tag seien die Kommandeure angewiesen worden, sich auf die Umsetzung dieses Planes vorzubereiten. Wie es scheint, war dazu jedes Mittel recht. „Den Befehlen beigefügt, waren detaillierte Anweisungen, welche Methoden angewendet werden sollten, um die Menschen zu vertreiben: Einschüchterung im großen Stil, Belagerung und Bombardierung von Dörfern und Bevölkerungszentren; in Brand setzen von Häusern, anderen Immobilien und Waren; Vertreibung, Zerstörung und schließlich das Legen von Minen unter dem Schutt, um die vertriebenen Einwohner an der Rückkehr zu hindern.“ Jeder, der die Schriften der führenden Zionisten kennt, weiß, dass Vertreibungen ein konstitutiver Teil der zionistischen Ideologie sind. Darüber wurde freimütig untereinander diskutiert. Dies ist keine Neuigkeit, die Pappe und Morris erwähnen. Erwähnenswert sind nur die unterschiedlichen Konsequenzen beider Wissenschaftler. War Pappe davon überzeugt, dass „die ethnische Säuberung Palästinas“ im israelischen Gedächtnis als „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit verankert werden muss“, stellte Morris zynisch in einem Interview mit der Tageszeitung „Haaretz“ fest: „Ich glaube nicht, dass die Vertreibungen von 1948 ein Kriegsverbrechen waren. Man kann kein Omelett machen, ohne ein Ei zu zerbrechen.“ Wie beurteilt Morris die Zerstörung von über 350 palästinensischen Dörfern, inklusive der Friedhöfe, Moscheen etc.?
Pappe zählt 31 Massaker auf, die sich dokumentieren lassen; hinzukommen sechs weniger sicher belegbare. Die Ereignisse des Jahres 1948 bilden den Gordischen Knoten, den es zu lösen gilt. Nach Meinung des Autors leugnet Israel dies; die Führungselite hält dagegen an drei Axiomen fest: Erstens habe der israelisch-palästinensische Konflikt seinen Ausgang erst 1967 genommen, um ihn zu lösen, bedürfe es nur einiger Abkommen. Zweitens könnten alle sichtbaren Posten in der Westbank und dem Gaza-Streifen geteilt werden. Israel bezieht diese Teilung nicht nur auf das Territorium, sondern auch auf Menschen und natürliche Ressourcen. Drittens seien alle Geschehnisse vor 1967, d. h. die Nakba und die ethnischen Säuberungen, niemals verhandelbar. Die Flüchtlingsfrage und das Rückkehrrecht werden kategorisch zurückgewiesen. In seinem Epilog weist Pappe auf das Haupthindernis auf einem Weg zum Frieden hin. „Weder Palästinenser noch Juden werden voreinander oder vor sich selbst sicher sein, wenn die Ideologie, die nach wie vor die israelische Politik gegenüber den Palästinensern treibt, nicht korrekt benannt wird. Das Problem bei Israel war nie sein Judentum – es hat viele Gesichter und davon bieten viele eine solide Basis für Frieden und Zusammenleben; es ist vielmehr der ethnisch zionistische Charakter. Der Zionismus besitzt nicht das Maß an Pluralismus, den das Judentum bietet, vor allem nicht für die Palästinenser. Sie können niemals Teil eines zionistischen Staates und Staatsgebietes sein und werden weiter kämpfen – und hoffentlich wird ihr Kampf friedlich und erfolgreich sein.“
Ilan Pappe hat ein mutiges Buch geschrieben und ein Tabu entzaubert, dass von der politischen Elite Israel bis heute verteidigt wird: Es habe 1948 keine Vertreibungen gegeben. Diese bahnbrechende Arbeit entzaubert diesen Mythos. Dass die israelische Gesellschaft am Vorabend ihres 60-jährigen Bestehens einen solchen Wissenschaftler nicht ertragen will, zeugt von einem geringen demokratischen Selbstbewusstsein.
Von Herrn Ludwig Watzal über das Buch.
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Und hier noch weiteres über die Verbreitung von Wahrheit und deren Verhinderung: Quelle: http://www.palaestina-portal.eu/Stimmen_deutsch/strohmeyer_arn_%20Ilan_Pappe%20-Die%20ethnische%20Saeuberung%20Palaestinas.htm
Warum kann man Ilan Pappes Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ nicht mehr kaufen?
Arn Strohmeyer
Es ist wohl eins der wichtigsten Bücher zum Verständnis des Nahostkonfliktes überhaupt: das Werk des israelischen Historikers Ilan Pappe „Die ethnische Säuberung Palästinas“, das in Deutschland im Jahr 2007 bei Zweitausendeins erschienen ist. Der Autor dekonstruiert darin die israelischen Mythen, die die zionistische Geschichtsschreibung über die Zeit von 1947 – 49 (den sogenannten „Unabhängigkeitskrieg“) bis heute verbreitet. Zuvor hatte sein israelischer Kollege Simcha Flapan mit seinem Buch „Die Geburt Israels“ diese Aufgabe schon in Angriff genommen, die deutsche Ausgabe kam 2006 heraus. Flapan ist 1987 gestorben. Er hatte zwar auch schon wichtige und bisher unbekannte Fakten ans Licht gebracht. Pappe hatte aber gegenüber seinem Vorgänger den Vorteil, dass die Israelis inzwischen in den Militärarchiven Zugang zu wichtigen Dokumenten gewährt hatten. Pappe schildert in seinem Werk das dunkle Kapitel der gewaltsamen Eroberung und Machtergreifung der Zionisten in Palästina.
Noch während der britischen Mandatszeit – kurz nach dem Teilungsbeschluss der UNO im November 1947 – hatten auf Geheiß der zionistischen Führung die Angriffe gegen die palästinensische Zivilbevölkerung begonnen. Nennenswerten Widerstand von dieser Seite gab es nicht. Die Bilanz dieser militärischen Aktionen der Untergrundarmee Hagana sowie der Terrorgruppen Irgun und Stern-Gruppe war furchtbar: 531 palästinensische Dörfer und elf Städte wurden zwangsgeräumt und zum großen Teil zerstört, 800 000 Menschen wurden vertrieben. Es kam zu Massakern, Plünderungen und Vergewaltigungen. Heute befinden sich an diesen Orten der Verwüstung, um jede Erinnerung an sie auszumerzen, Wälder, Parks und Freizeiteinrichtungen.
Das Erstaunliche an dieser ethnischen Säuberung, die die Palästinenser „Nakba“ (die „Katastrophe“) nennen, ist, dass es der zionistischen Bewegung gelang, diese Verbrechen vor der Weltöffentlichkeit zu verbergen. Pappe schreibt über diesen Vorgang: „Aber jenseits der Zahlen ist die tiefe Kluft zwischen Realität und Darstellung das wirklich Bestürzende am Fall Palästina. Es ist tatsächlich schwer zu verstehen und somit auch kaum zu erklären, wieso ein Verbrechen, das in unserer Zeit und an einem kritischen Punkt der Geschichte begangen wurde, der die Anwesenheit ausländischer Reporter und UNO-Beobachter verlangt hätte, so vollständig ignoriert wurde. Und doch lässt sich nicht leugnen, dass die ethnische Säuberung von 1948 nahezu vollständig aus dem kollektiven globalen Gedächtnis gelöscht und aus dem Bewusstsein der Welt getilgt wurde. Man stelle sich einmal vor, dass in irgendeinem Land, das man kennt, die Hälfte der gesamten Bevölkerung innerhalb eines Jahres zwangsweise vertrieben, die Hälfte der Städte ausradiert und dem Erdboden gleichgemacht wurden. Man stelle sich einmal vor, diese Taten würden niemals Eingang in die Geschichtsbücher finden und sämtliche diplomatische Bemühungen um eine Lösung der Konflikte, die in diesem Land ausbrächen, würden diese katastrophalen Ereignisse völlig außer Acht lassen, wenn nicht gar ignorieren. Ich habe vergebens in der uns bekannten Weltgeschichte nach einem solchen Fall und einem solchen Schicksal gesucht.“
Es ist zu vermuten, dass der Holocaust den Zionisten den politischen Kredit verschafft hatte, dass die ethnische Säuberung Palästinas von der Welt bereitwillig ignoriert, verleugnet und verdrängt wurde – ähnlich wie der Mord an den europäischen Juden auch schon den Teilungsbeschluss der UNO 1947 möglich gemacht hatte. Ohne den Mitleidsbonus der beteiligten Staaten hätte es ihn vermutlich nicht gegeben. Wie Simcha Flapan hat auch Ilan Pappe immer betont, dass die Darstellung der historischen Wahrheit dieser Ereignisse und damit auch die Entmythologisierung der Mythen für ihn eine moralische Entscheidung sei, ein erster Schritt, um die Spirale der Gewalt zu beenden und zu Versöhnung von Israelis und Palästinensern beizutragen. Er schreibt: „Es ist die einfache, aber entsetzliche Geschichte der ethnischen Säuberung Palästinas, eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, das Israel leugnen und die Welt vergessen machen wollte. Es ist unsere Pflicht, es aus der Vergessenheit zu holen, und zwar nicht nur als längst überfällige historiographische Rekonstruktion oder professionelle Aufgabe; meiner Ansicht nach ist es eine moralische Entscheidung, der allererste Schritt, den wir tun müssen, wenn wir wollen, dass Versöhnung jemals eine Chance haben und der Frieden in den zerrissenen Ländern Palästina und Israel Fuß fassen sollen.“
Simcha Flapan hatte zuvor ähnlich argumentiert, warum die Mythen über das zionistische Vorgehen gegen die Palästinenser entmythologisiert werden müssten: „Es geht darum, die propagandistischen Denkstrukturen aufzulösen, die so lange verhindert haben, dass in meinem Land die Kräfte des Friedens an Boden gewinnen konnten. Die Aufgabe, die den Intellektuellen und den Freunden beider Völker zufällt, besteht nicht darin, Ad-hoc-Lösungen anzubieten, sondern die Ursachen des Konflikts in das Licht einer aufklärenden Analyse zu tauchen, in der Hoffnung, dass man es auf diese Weise schafft, die Verzerrungen und Lügen, die mittlerweile zu sakrosankten Mythen geronnen sind, aus der Welt zu schaffen.“ Und warnend fügt er hinzu: „Wenn die Klischees und falschen Mythen ihren Platz im Denken behaupten, ist die Katastrophe unausweichlich.“ Mit anderen Worten: Versöhnung und Frieden sind erst dann möglich, wenn die historische Wahrheit und die Leiden des jeweils Anderen von beiden Seiten anerkannt werden.
Pappes Buch ist auch noch aus einem ganz anderen Grund hoch brisant, denn es belegt ganz eindeutig, dass die Palästinenser nicht in einem „Krieg“ vertrieben und um ihr Eigentum gebracht worden sind, wie die Zionisten behaupten. Das ist wichtig für die Begründung von palästinensischen Entschädigungsfragen, die in Zukunft anfallen werden. Die Zionisten (etwa Shimon Peres) argumentieren: Das Schicksal der Juden während des Zweiten Weltkrieges und dasjenige der Palästinenser in Palästina könnten in dieser Hinsicht nicht miteinander verglichen werden, denn zwischen Juden und Arabern habe Krieg geherrscht, während die Juden als Bürger in ihrem Land [von den Deutschen] beraubt worden seien. Die Wahrheit ist: Die Palästinenser selbst haben keinen Krieg gegen die Zionisten geführt, von unbedeutenden Scharmützeln kleiner Guerilla-Gruppen abgesehen. Die Menschen wurden ab Februar 1948 aus ihren Städten und Dörfern vertrieben, ihr Eigentum konfisziert – also schon bevor die arabischen Armeen im Mai 1948 (nach der israelischen Staatsgründung) in Palästina einmarschierten. Diese Fakten sind für die Entschädigungs- und Wiedergutmachungsforderungen der Palästinenser gegenüber Israel von großer Bedeutung. Es geht dabei aber auch um das Recht auf Rückkehr der Palästinenser in ihre Heimat.
Die Israelis hatten in ihrer großen Mehrheit wenig Verständnis für Pappes Enthüllungen. Sie glauben offenbar immer noch zur Beruhigung ihres Gewissens an die zionistische Darstellung der Ereignisse, dass die Palästinenser auf Anweisung der arabische Führer freiwillig ihre Heimat verlassen hätten. Pappe geriet in Israel wegen seiner Veröffentlichungen immer mehr in die Kritik und wurde regelrecht gemobbt, auch von seinen Universitätskollegen. Diese Vorgänge hat er in dem Buch „Wissenschaft als Herrschaftsdienst. Der Kampf um die akademische Freiheit in Israel“ ( Laika-Verlag Hamburg 2011) ausführlich beschrieben. Pappe konnte seine Lehrtätigkeit an der Universität von Haifa nicht mehr fortsetzen. Er verließ Israel und lehrt jetzt am Institut für Arabische und Islamische Studien an der Universität von Exeter (England).
Doch wer heute Interesse an Pappes wegweisendem Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ hat, der wird enttäuscht. Das Buch ist in Deutschland nicht mehr zu haben, was mit Sicherheit nicht an mangelnder Nachfrage liegt. Hat es Druck von „bestimmter Seite“ gegeben, das Buch aus dem Verkehr zu ziehen? Angesichts der diffamierenden Kampagnen, die Israel-Freunde und Vertreter der jüdischen Gemeinden gegen die überall in Deutschland gezeigte Nakba-Ausstellung führen, liegt der Verdacht durchaus nahe: Auch nach über 60 Jahren soll über die Geschehnisse im Palästina von 1948 der Mantel des Schweigens gehüllt werden, denn die Kenntnis der Wahrheit würde das Israel-Bild der Deutschen erheblich verändern.
Die Sache ist also ziemlich vertrackt. Bittet man der Verlag Zweitausendeins um Auskunft, kommen gar keine oder nichtssagende Antworten: Man könne nicht sagen, ob das Buch demnächst in diesem Verlag wieder erscheinen werde oder nicht. Der Nachfragende wird darauf verwiesen, immer mal wieder auf der Internet-Seite des Verlages nachzuschauen, ob das Buch da angeboten wird. Da der Verlag Zweitausendeins keine konkreten Angaben macht, kursieren natürlich die wildesten Gerüchte: etwa, dass ein reicher Gegner Pappes die Restauflage aufgekauft habe, um das Buch vom Markt zu nehmen.
Es scheint aber so zu sein, dass Zweitausendeins die Lizenz für die deutsche Ausgabe des Buches verlängert hat, also weiterhin in deren Besitz ist. Eine Nachfrage beim englischen Verlag Oneworld Publications in Oxford, der die ursprünglichen Rechte für das Buch besitzt und sie für Deutschland an Zweitausendeins verkauft hat, bestätigt die Vermutung, dass dieser Verlag offenbar das Buch nicht wieder auflegen will. In der Antwort von Oneworld Publications an der Verfasser heißt es: „Die ursprünglichen Verleger der deutschen Ausgabe machen gerade strukturelle Veränderungen durch (they are undergoing structural changes, gemeint ist wohl ein Umbau des Unternehmens). Sie halten ihre Zusage aufrecht, das Buch wieder herauszugeben. Das ist aber bisher nicht geschehen, Wir tun alles, was wir können, die Rechte für das Buch zurückzubekommen, um einen neuen Verleger zu finden.“
Ilan Pappe selbst bestätigt diese Angaben. Er schrieb an der Verfasser: „Ich arbeite mit meinem Verleger in England intensiv daran, dieses Rätsel (conundrum) zu lösen, denn er besitzt die Rechte für das Buch. Gegebenenfalls sorgen wir dafür, dass die deutsche Ausgabe in voller Länge im Internet verfügbar sein wird. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung informieren.“ Soweit der letzte Stand in dieser mysteriösen Angelegenheit um ein Buch, an dessen Nichtweitererscheinen es vermutlich von gewisser Seite großes Interesse gibt.
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Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom friedlichen Widerstand, Klaus Schreiner
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