Weder die Arbeitsmarktdaten, noch mein Beckenbruch sind zum Lachen“, sagt Sozialminister Rudolf Hundstorfer zur Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Im Dezember waren um neun Prozent oder knapp 32.400 Menschen mehr arbeitslos gemeldet als im Dezember des Vorjahres. Unterm Strich waren damit fast 393.700 Personen ohne Job, inklusive der Schulungsteilnehmer sogar schon 456.000. Damit liegt die Arbeitslosenquote bei besorgniserregenden 10,2 Prozent (nach österreichischer Methode). Für die Regierung eine schwere Hypothek zum Jahresauftakt.
„Wir haben am Arbeitsmarkt eine sehr volatile Situation“, sagt dazu Sozialminister Hundstorfer im KURIER-Gespräch. „Einerseits gibt es ein Wachstum an Beschäftigung, aber leider nicht bei der Vollzeitbeschäftigung. Es gibt kein Ad-hoc-Programm, das kurzfristig greift.“ Eine Trendumkehr erwartet der Minister erst zum nächsten Jahreswechsel. Dazu beitragen soll unter anderem das Wohnbauprogramm der Sozialpartner, die die günstige Kreditzinssituation ausnützen, um neue Projekte zu finanzieren. Geht es nach den Vorstellungen der Politik, soll das 150.000 zusätzliche Arbeitsplätze bringen.
Im Branchenvergleich hat der Bau im Dezember dank der guten Witterung noch verhältnismäßig gut abgeschnitten. Die Zahl der Arbeitslosen stieg um 2,3 Prozent und damit deutlich geringer als in anderen Branchen. Am anderen Ende der Skala stehen die Leiharbeiter und die Beschäftigten im Tourismus (+12,5 bzw. 10,1 Prozent). Überdurchschnittlich stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind auch Menschen der Generation 50 plus. Im Dezember waren es 99.324 Personen (+12,5 Prozent). Das Gute aus Sicht des Sozialministeriums: Der Anstieg habe sich dank der Förder-Initiative 50+ immerhin verlangsamt. Daher werde diese Beschäftigungsförderung für ältere Arbeitskräfte für dieses Jahr auf 120 Millionen Euro ausgeweitet. Zudem will die Politik Unternehmer mit einem Bonus-Malus-System dazu bringen, mehr ältere Mitarbeiter zu beschäftigen.
Spitzenplatz weg
Zumindest auf dem Papier sieht die Lage auf dem österreichischen Arbeitsmarkt „noch eher günstig“ aus, heißt es aus dem Sozialministerium. Mit einer Arbeitslosenquote von 5,1 Prozent nach Eurostat-Berechnungsmethode, schneidet Österreich im EU-Vergleich gut ab. Allerdings gilt es nicht mehr als Land mit der niedrigsten Arbeitslosenquote – so wie in den vergangenen vier Jahren.
Seit Oktober geht dieser Titel an Deutschland,das derzeit eine Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent ausweist. Laut Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, ist Deutschland auch deshalb auf der Überholspur, weil es im Zuge der Hartz-Reformen wichtige Strukturveränderungen vorgenommen hat, die sich jetzt bezahlt machen. „Diese Arbeitsmarktreformen gingen einher mit einer spürbaren Senkung der Lohnnebenkosten“, fordert Gleitsmann einmal mehr eine Entlastung des Faktors Arbeit in Österreich.
AMS-Chef Herbert Buchinger rechnet mit noch mehr Arbeitslosen und klammen Budgets
KURIER: Vor einem Jahr haben Sie gesagt, dass wir 2014 durchschnittlich 300.000 Arbeitslose zählen werden – ein All-Time-High. Im Dezember waren es 393.000, inklusive Schulungen 456.000. Werden es noch mehr?
Herbert Buchinger: Ja, leider. Das Beschäftigungswachstum wird nicht ausreichen, um die Steigerung der Arbeitslosenzahlen zu stoppen. Der Zuzug nach Österreich bleibt sehr stark.
Werden wir die Marke von 500.000 erreichen?
Inklusive Schulungsteilnehmern werden wir wohl daran kratzen.
Seit einem Jahr gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren. Wie haben sich die Zahlen entwickelt?
Wir haben die genauen Zahlen noch nicht analysiert, aber ich rechne mit einer Verdoppelung – allerdings auf niedrigem Niveau. Dazu kommt der Zuzug aus anderen Ländern. Die Ungarn sind erstmalig nach den Deutschen und Serben die Nummer drei unter den ausländischen Arbeitskräften. Sie haben die Türken überholt.
Ein Ziel war es, wieder mehr Jobs für ältere Arbeitnehmer zu schaffen. Gelungen?
Die Zahlen von Dezember des Vorjahres zeigen zumindest, dass die Arbeitslosigkeit bei den über 55-Jährigen erstmals nicht weiter angestiegen ist.
Wie lange dauert es im Durchschnitt, bis man einen neuen Arbeitsplatz findet?
Immer länger. Im Jahr 2013 lag der Durchschnitt bei 90 Tagen, im Vorjahr waren es 94 Tage.
In Zeiten knapper Budgets werden die finanziellen Mittel für Arbeitsmarktpolitik auch nicht in den Himmel wachsen …
Wir stellen uns auf rückläufige Budgets ein. Derzeit stehen 1,14 Milliarden Euro zur Verfügung, 2018 werden es laut Budgetplan 862 Millionen sein. Aber es wird nicht so heiß gegessen wie gekocht. Ich rechne mit Sonderbudgets.
Sie haben in einem Interview gesagt, dass Arbeitslosigkeit im modernen Berufsleben keine Katastrophe mehr ist, sondern dazugehört. Waren Sie selbst jemals betroffen?
Ja, einmal. Gleich nach dem Studium. Das ist rund 30 Jahre her.