Der Militärisch-Industrielle Komplex: Die größte Bedrohung für den Weltfrieden von Jens Wernicke

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck am 29.11.2015

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Bewusstheit, Liebe und Friede sei mit uns allen und ein gesundes sinnerfülltes Leben wünsch ich ebenfalls.

Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: http://www.free21.org/die-groesste-bedrohung-fuer-den-weltfrieden/

Der Militärisch-Industrielle Komplex:
Die größte Bedrohung für den Weltfrieden
Kriege beginnen mit Lügen, die von Geheimdiensten verbreitet gestreut und von den Medien dann verbreitet werden. Kriege lösen keine Konflikte, sondern schaffen neue.
 
 

Aber Kriege sichern auch Rohstoffe, erschließen Märkte und bringen Profit. Ist es wohl möglich, dass hinter all den nachweislichen Kriegslügen der letzten Jahre und Jahrzehnte sowie dem darauf initiierten Morden, das uns stets aufs Neue als „Notwehr“, „Menschenfreundlichkeit“ oder „Kampf für Freiheit, Demokratie undMenschenrechte“ schmackhaft gemacht wurde, und das oftmals Plänen folgte, die bereits seit Jahren oder Jahrzehnten in den Schubladen der Mächtigen lagen, sehr konkrete Interessen und Akteure stehen, die strategisch agieren und in der Lage sind, Kriege anzuheizen und initiieren? Folgt die Kriegslogik also auch einer Profit- und Interesselogik, die zu bestimmten Instanzen zurückzuverfolgen ist? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit Mohssen Massarrat, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac.

Jens Wernicke: Herr Massarrat, Sie vertreten seit Längerem die Auffassung, Friedenspolitik erfordere es inzwischen mehr denn je, auch und insbesondere den sogenannten Militärisch-Industriellen Komplex in den Fokus der Kritik zu nehmen. Was meinen Sie damit? Worum geht es?
Mohssen Massarrat: Die Kriegsgegner reagieren gewöhnlich auf Kriege, wenn sie längst ausgebrochen sind. Im günstigsten Fall beschäftigen sie sich kritisch mit offensichtlichen Kriegsvorbereitungen und hoffen, den Krieg verhindern zu können. So oder so läuft man de facto ständig den gewaltsamen Ereignissen hinterher und reagiert letztlich nur auf Symptome. Dadurch bleibt die fundamentale Struktur von Gewalt und Kriegsproduktion, die eigentliche Ursache von globalen Kriegen, eben der Militärisch-Industrielle Komplex, kurz MIK, jenseits unseres Blickes verborgen. Und während wir uns wegen so viel Unheil und Katastrophen, wie zum Beispiel jetzt im Mittleren Osten, als immer ohnmächtiger empfinden, entwickelt dieser sich zu einem immer mächtigeren Monster.

 

Deshalb gilt es, jetzt die Antikriegsaktivitäten mit einer Aufklärung über den MIK zu verbinden. Nach so viel sicherem Wissen über bewusste Kriegsplanungen, nach so viel Erfahrungen mit offensichtlich gelenkter Medienpropaganda, um Menschen gezielt für die geplanten Kriege, wie etwa die Jugoslawienkriege in den 1990ern und jene der letzten fünfzehn Jahren im Mittleren Osten, zur Zustimmung zu bewegen, sind die Voraussetzungen für die Demaskierung eines der schlimmsten Übel unserer Gegenwart gar nicht so schlecht.
JW: Und dieses Übel – wie konkret klassifizieren Sie es? Wer handelt da wie und wendet welche Methoden an? Geht es um Geheimdienste, einen „Staat im Staate“ oder ganz etwas anderes?
MM: Eigentlich müsste man die Wurzeln des Militarismus zurückverfolgen, die bis in die Ära der amerikanischen Bürgerkriege reichen. Seit dieser Zeit entwickelte sich in Amerika eine Kultur der Selbstverteidigung, die bis heute bei den Amerikanern, wie das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Selbstbewaffnung zeigt, sehr lebendig ist.
Durch zahlreiche Kriege im 19. Jahrhundert, und vor allem durch den zweiten Weltkrieg, wurde der MIK schließlich „too big to fail“, das heißt tatsächlich zu einem verborgenen „Staat im Staate“: Er wuchs wie ein Krebsgeschwür in allen Bereichen der amerikanischen Gesellschaft, im politischen System, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in den kulturellen Einrichtungen und Medien.
Der MIK, das ist inzwischen ein riesiges und völlig undurchschaubares Netzwerk, vor dem schon Eisenhower am 17. Januar 1961 bei seiner Abschiedsrede ungewöhnlich offen gewarnt hat. Als republikanischer Präsident der Vereinigten Staaten war er offenbar mit einem Netzwerk aus einem „gewaltigen militärischen Establishment und einer mächtigen Rüstungsindustrie“ konfrontiert, so Eisenhower, das „neu ist in der amerikanischen Geschichte“. Eisenhower schrieb seinen Nachfolgern offenbar aufgrund seiner eigenen Erfahrungen mit diesem neuen Netzwerk folgende Empfehlung ins Stammbuch: „In den Gremien der Regierung müssen wir der Ausweitung, ob aktiv oder passiv, des unbefugten Einflusses des Militärisch-Industriellen Komplexes vorbeugen. Das Potential für einen verheerenden Anstieg der Macht an falschen Stellen besteht und wird bestehen bleiben. Wir dürfen niemals zulassen, dass diese einflussreiche Allianz unsere Freiheiten und demokratischen Prozess gefährden.“

 

Der MIK war offensichtlich schon damals stärker als Amerikas Demokratie. Er hat das schon vorhandene Netz um sämtliche gesellschaftlichen Bereiche gespannt, alle Geheimdienste eingebunden, den NSA geschaffen, zahlreiche neue Think Tanks und Stiftungen entstehen lassen, die bestehenden infiltriert, die Forschung international in seinem Sinne beeinflusst oder gar gelenkt, die Medien systematisch mit eigenen Agenten unterwandert. Um ein Beispiel zu nennen: Die Psychoanalyse leistet für die US-Geheimdienste wertvolle Arbeit. Und umgekehrt sind diese Geheimdienste und US-Militärs, wie neue Studien belegen, eifrig dabei, sich ein ganzes Wissenschaftsgebiet in ihrem Sinne zu formen.
Schließlich ist der MIK heute nach über 60 Jahren und einem unvorstellbaren nuklearen Wettrüsten während der Blockkonfrontation und zahlreichen Kriegen, die er aller Wahrscheinlichkeit alle selbst hervorgerufen hat, um ein Vielfaches mächtiger denn je.
JW: Ich darf aber davon ausgehen, dass der MIK nicht nur eine US-Eigenheit ist, sondern, wenn auch wohl weniger mächtig und gewichtig, in allen möglichen Ländern existiert? Karl Liebknecht wird hier etwa die Aussage zugeschrieben: „Wie uns angeblich noch keiner – um mit Bismarck zu reden – den preußischen Leutnant nachgemacht hat, so hat uns in der Tat noch keiner den preußisch-deutschen Militarismus ganz nachzumachen vermocht, der da nicht nur Staat im Staate, sondern geradezu ein Staat über dem Staat geworden ist.“ Und die ganzen Verflechtungen von deutschen Geheimdiensten und NSU, Islamisten und anderen geben Liebknecht ja heute recht wie lange nicht mehr…
MM: Da haben Sie recht. So etwas gibt es in vielen entwickelten Ländern. Gleichwohl geht die größte Bedrohung für den Frieden aktuell ganz evident vom US-amerikanischen MIK aus. Hier sind das größte und aggressivste Militär der Welt mit den mächtigsten Geheimdiensten derselben sowie einem offenen globalen Führungsanspruch, den man wohl getrost als Imperialismus klassifizieren darf, vereint.

 

JW: Wenn Ihre Behauptung richtig ist, dass der MIK alle Kriege der USA selbst hervorgerufen hat, dann hätten diese aber doch auch systematisch und minutiös geplant und durchgeführt sein müssen. Ist diese Annahme nicht etwas sehr gewagt? An der Blockkonfrontation war immerhin auch die Sowjetunion beteiligt, um nur ein Beispiel zu nennen.
MM: Fakt ist, dass es für die USA nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Alternative einer friedlichen Koexistenz mit der Sowjetunion gegeben hat, beispielsweise durch die Neutralisierung Deutschlands, wie die SU dies vorgeschlagen hatte. Dass jedoch die USA, noch vor Kriegsende in Hiroshima und Nagasaki Atombomben einsetzten und nach dem Krieg Westdeutschland in das westliche Lager eingebunden haben und rasch zu einer Politik der Blockkonfrontation übergegangen sind, führe ich darauf zurück, dass bereits während des Krieges der MIK sich mit der Zielrichtung weltweiter US-Hegemonie auf der ganzen Linie durchgesetzt und alle nicht konfrontativen Alternativen torpediert hatte.
Die Selbstbehauptungskräfte eines – zumal unproduktiven – Sektors, der nur bestehen kann, wenn in der Welt neue Konflikte und Kriege entstehen, entfalten schlicht und einfach eine ungeheure Dynamik und blockieren alle Wege, die am Ende zum Frieden führen könnten. So ist es meiner Einschätzung nach auch zu erklären, dass nach dem Sieg der Alliierten in Deutschland ziemlich geräuschlos dem Kalten Krieg der Weg geebnet und die Sowjetunion zu einem nuklearen Wettrüsten getrieben wurde. Und so ist es ebenfalls zu erklären, dass nach dem Ende der Blockkonfrontation und der Bereitschaft der SU unter Gorbatschow zu umfassender Abrüstung, die USA diese Alternative ablehnten und stattdessen mit dem neuen Konzept eines weltraum-gestützten Raketenabwehrschirms aufwarteten, das ein neues Wettrüsten entfacht hat.
Dass nahezu alle US-Kriege nach dem Zweiten Weltkrieg mit dreisten Lügen vom Zaun gebrochen wurden, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Der Vietnam- und im Grunde auch die Indochinakriege wurden mit der Lüge des Zwischenfalls im Golf von Tonkin begonnen. Die Bush-Regierung legitimierte den Irakkrieg mit der Lüge, dass Saddam Hussein Atomwaffen besitze usw. usf. Ich kann und will einfach nicht glauben, dass so viele Konflikt- und Kriegsereignisse in der jüngsten Vergangenheit allesamt nur zufällig so systematisch hintereinander stattfanden. Logischer und auch glaubwürdiger erscheint mir dagegen, dass dahinter ein System steckt und dass der MIK als jene Instanz, die hauptsächlich davon profitiert, auch die treibende Hauptkraft dieses Systems der Kriegsproduktion ist.

 

JW: Mir scheint Ihre Darstellung ein wenig zu simpel… Es übersteigt schlicht meine Vorstellungskraft, dass es möglich sein könnte, alle diese Verbrechen nicht nur sozusagen systematisch zu planen, sondern dann auch noch die Zustimmung der Bevölkerung hierfür einzuwerben…
MM: Vergessen wir nicht die psychologische Bedeutung der offensichtlich gezielten Manipulation durch Feindbilder, die gleich nach dem Sieg der Alliierten gegen den deutschen Faschismus die Köpfe der Amerikaner und ihrer Verbündeten voll in Beschlag nahmen.
Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion gehörte die Bedrohung des Westens durch den Kommunismus zum Alltag der Menschen, und dieses Feindbild war vom öffentlichen Diskurs einfach nicht mehr wegzudenken. Nach dem Ende der Blockkonfrontation wurde rasch der Islam zum Ersatz für eine neue Bedrohung des Westens. Es gibt Indizien dafür, dass Huntingtons Clash of Civilizations eine Auftragsstudie war. Sein Buch wurde jedenfalls weltweit als wissenschaftliche Rechtfertigung für die massive Bedrohung des Westens durch den Islam angesehen und das lange vor 9/11.
Es kann auch nicht bestritten werden, dass das Schüren von Ängsten gegen eine Religion der fruchtbarste Boden ist, auf dem die Saat der Gewalt am besten gedeihen kann; zumal bei fanatisierten Moslems, die gerade dafür prädestiniert sind, die Opferrolle einzunehmen.
So gesehen war 9/11, wenn es tatsächlich überhaupt das Werk von Al Kaida war, das Ergebnis einer self-fulfilling prophecy von Huntingtons Clash of Civilizations: Fortan stand mit dem Terrorismus ein neuer Feind fest, gegen den sofort der Krieg erklärt werden musste und auch wurde, und der, wie George W. Bush junior ankündigte, „solange geführt werden sollte, bis auch der letzte Terrorist getötet ist.“ Nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Staaten der sogenannten westlichen Welt sprangen diesem Krieg Amerikas gegen den Terror alsdann nahezu bedingungslos bei. Man drückte auch ein Auge zu, wenn bei diesem Krieg massiveVerletzungen der Menschenrechte wie Folter auf der Tagesordnung standen.
Das festzustellen und auf Kräfte und massive Interessen im Hintergrund zu insistieren, mag dann tatsächlich wie eine von Anfang bis Ende geplante Verschwörung einer finsteren Macht und deswegen undenkbar erscheinen. Andererseits kann auch nicht bestritten werden, dass eine Supermacht wie die USA durchaus in der Lage ist, einen eskalationsträchtigen Prozess, wenn er denn erst einmal in Gang gekommen ist, im eigenen Sinne zu steuern und auch zu gestalten.

 

Um dies an einem Beispiel zu konkretisieren, verweise ich auf die mit der Rüstungsindustrie stark liierte frühere US-Außenministerin Condoleezza Rice, die 2006, auf dem Höhepunkt des Atomkonflikts mit dem Iran, bei einer Veranstaltung in Riad, der Hauptstadt von Saudi Arabien, die sunnitischen Staaten aufgefordert hat, einen sunnitischen Gürtel zu bilden, weil Iran angeblich längst dabei sei, zusammen mit Irak, Libanon und Syrien, einen schiitischen Gürtel zu schaffen, um die eigene Hegemonie im Mittleren Osten aufzubauen. Diese Intervention war tatsächlich der Start für die darauf folgende Verschärfung der Auseinandersetzung zwischen diesen beiden islamischen Strömungen und den Konflikt in Syrien, einschließlich der Entstehung des Islamischen Staates. Außerdem gilt: Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz und viele andere innerhalb und im Umfeld der Bush-Regierung kommen alle aus dem Rüstungssektor. McCain, der republikanische Sprecher des Auswärtigen Ausschusses im US-Kongress und der schärfste Kritiker von Dialog und Kooperation mit Iran zur Lösung des Atomkonflikts sowie mit Russland zur Beilegung des Ukraine-Konflikts ist ein Vietnam-Kriegsveteran. Und er war bei sowohl bei der Maidan-Revolution als auch in Syrien bei den Assadgegnern immer als Erster mit dabei.
Tatsächlich sind inzwischen aus einer Handvoll Al Kaida-Terroristen unvergleichbar größere Terrorgruppen wie etwa die Al Nusra-Front und der sogenannte Islamische Staat hervorgegangen und sollten wir dabei auch nicht übersehen, dass die Mobilisierung und Instrumentalisierung der öffentlichen Meinung auch durch andere subtile Methoden, wie beispielsweise die Dämonisierung vermeintlicher Feinde, erfolgt: Je nach Bedarf wurde mal Ghaddafi, mal Saddam Hussein zum neuem Hitler auserkoren, der Iran im Atomkonflikt so dämonisiert, dass aller Wahrscheinlichkeit nach die westliche Öffentlichkeit einen Krieg gegen dieses Land letztlich hinnehmen würde. Und auch Putin wurde tagein, tagaus systematisch und intensiv dämonisiert, als er sich dem offensichtlichen Versuch, die Ukraine in die EU einzubinden, aktiv widersetzte.
Gerade im Fall des Ukraine-Konflikts konnten wir alle erleben, wie durch einseitige Medienberichterstattung die antirussische Propaganda im Westen Platz greifen konnte und wie sich in Europa eine beängstigende Vorkriegsstimmung breitmachte. Ich kann mir gut vorstellen – und teilweise ist das auch längst belegt -, dass im Hintergrund solcher Entwicklungen eine ganze Reihe einflussreicher Denkfabriken und Netzwerke dafür bezahlt werden, je nach Bedarf politische PR-Kampagnen zu konzipieren und alles, was zur psychologischen Kriegsführung gehört, bei jeder Kriegsentscheidung mit voranzutreiben. Und die Geheimdienste selbst tun natürlich ihr Übriges.
Dass das leitende Personal der sogenannten Qualitätsmedien in gut organisierten Netzwerken ganz im Sinne des MIK bei nahezu jedem Konflikt der USA die vom Pentagon gelieferten Analysen und Einschätzungen dann kritiklos verbreitet, ist inzwischen ja ein offenes Geheimnis. Es wäre daher keine Schwarzmalerei, festzustellen, dass die westliche Medienkultur in unserer Gegenwart von der Kant’schen Idee der Kooperation und des Friedens offenbar nichts mehr hält, sehr viel dagegen jedoch von der Idee der Konfrontation, der Bedrohung, der permanenten Beschwörung von Feindbildern sowie von Thomas Hobbes‘ Menschenbild, dass der Mensch des Menschen Wolf ist. Deshalb wundert es kaum, dass bei der Dominanz einer solchen Kultur die Friedensbewegung stets den Kriegsereignissen hinterherläuft und dass Friedensperspektiven kaputt geredet werden, während der MIK mit Leichtigkeit für alle Konflikte und Kriege, die er zum eigenen Überleben inszeniert, die öffentliche Meinung auf seiner Seite hat.
Laut Folterbericht des US-Senats vom Dezember 2014, um nur ein Beispiel dafür zu geben, wie tief die Kultur des Krieges in der US-amerikanischen Gesellschaft verwurzelt ist, haben zwei Psychologen für 80 Millionen Dollar für die CIA neue Foltermethoden entwickelt. Als dies bekannt wurde, haben sie ihre menschenfeindlichen Dienste auch noch mit der Begründung öffentlich verteidigt, diese basierten auf wissenschaftlicher Grundlage…
JW: Wie ist es aber zu erklären, dass die Amerikaner die ungeheuren Kosten der zahlreichen US-Kriege und der Bereitstellung von Personal und Kriegsmaterial mehr oder weniger hinnehmen? Immerhin sind die USA eine funktionierende Demokratie und die Parteien sind mit Kritik der jeweils herrschenden Regierung nicht gerade zimperlich. Der Konflikt um die Zustimmung zum Haushalt artet oft in der Blockade der Gehaltszahlungen für die Ministerien und die Regierungsarbeit aus. Halten Sie die herrschende Propaganda wirklich für so mächtig, dass sie die Menschen fast bedingungslos zu beeinflussen vermag?
MM: Das ist in der Tat eine sehr wichtige Frage. Tatsächlich gehört in den USA eine öffentliche Debatte über die militärischen Kosten zu den Tabuthemen. Wenn bei den Haushaltsberatungen das Thema Verteidigungsetat überhaupt angeschnitten wird, dann wegen zu niedriger Steigerungsraten. Man kommt nicht umhin, anzunehmen, dass es zwischen den US-Parteien den Konsens gibt, die Rüstungsausgaben stets zu erhöhen. Und auch innerhalb der EU gibt es ja derartige Bestrebungen. Beispielsweise wollten die EU-Kriegsparteien vor einigen Jahren die Steigerung von Rüstungsausgaben sogar in der Verfassung festschreiben, was glücklicherweise gescheitert ist. Was aber die Finanzierung der gigantischen Rüstungsausgaben der USA betrifft, die gerade in der letzten Dekade sehr drastisch und auf die astronomische Summe von bis zu über 700 Milliarden Dollar jährlich gesteigert wurde, so haben sich alle Regierungen zu diesem Zweck immer wieder verschuldet.

 

Gerade die permanente Verschuldung für die Rüstungsausgaben, also für öffentliche Investitionen in einen unproduktiven Sektor, die deshalb auch keine Steuern auf die Einnahmeseite generieren, ist vermutlich der Hauptgrund dafür, dass die USA mit über 17.000 Milliarden Dollar inzwischen zum größten Schuldnerstaat der Welt geworden sind. Jeder andere Staat wäre mit diesen Schulden längst pleite gegangen. Die Sowjetunion ist beispielsweise unter der massiven Last des in den 1980er Jahren initiierten Todrüstens zusammengebrochen. Aber den USA geschieht deshalb kein finanzielles Desaster, weil die US-Regierung, dank ihres Monopols an der Weltwährung und des Vertrauens, das internationale Kapitalanleger in die Stabilität des Dollars haben, ihre Neuverschuldung mit Staatsanleihen, die sie bei der US-Notenbank Fed gegen Cash eintauschen, finanzieren.
Die Fed vermarktet einerseits die Staatsanleihen auf dem Globus und bewirkt dadurch einen ständigen Kapitalfluss in die US-Ökonomie, während sie andererseits die Notenpresse anwirft und die Regierung zur Finanzierung der laufenden Rüstungsausgaben mit neu gedrucktem Geld versorgt. Im Grunde finanzieren die USA die Kosten des MIK nicht mit den Steuergeldern der eigenen Bevölkerung, sondern mit dem der kumulierten Kaufkraft aus der ganzen Welt, das Amerika als Kapital geradezu wie ein Schwamm aufsaugt.
Dieser Sachverhalt mag vielleicht auch der Grund sein, warum die Rüstungsfinanzierung in der US-Öffentlichkeit kein Thema ist und kaum jemanden stört. Dieses unglaublich hinterhältige Finanzierungsmodell der eigenen Kriege setzt allerdings voraus, dass der Ölhandel weltweit auf Dollarbasis erfolgt. Diese Bedingung kann jedoch nicht durch die freiwillige Bereitschaft der Ölexporteure garantiert werden, zumal viele dieser Ölstaaten nicht für ihre Amerikahörigkeit bekannt sind. Vielmehr erfordert diese Bedingung ein globales Gewaltsystem, das die rebellischen Ölstaaten die nackte Gewalt potentieller Regime Changes spüren lässt und dafür sorgt, dass das Vertrauen in den Dollar erhalten bleibt.
Unter diesem Blickwinkel erscheinen auch sämtliche Kriege der USA im Mittleren Osten in einem neuen Licht. Die Zerschlagung von starken zentralistischen Staaten wie dem Irak und die Entstehung von terroristischen Gruppen, wie des sogenannten Islamischen Staates, sind -solange das Geschäft Öl gegen Waffen ungestört bleibt – dem erwähnten Gewaltsystem dabei alles andere als abträglich. Und genau an dieser Stelle treffen die Interessen von US-Regierungen und MIK zusammen und schließt sich der Kreislauf von globalem Gewaltsystem, Ölhandel auf Dollarbasis und Stabilität der US-Ökonomie durch drastische Kapitalimporte.
Ich will es hier mit diesen wenigen Hinweisen belassen, auch, da ich diese Thematik an anderen Stellen bereits ausführlicher behandelt habe.
JW: Wenn es also ein solches „Netzwerk“ im Hintergrund der Demokratie, einen solchen „Staat im Staate“ gibt und dieser eine immer größere Bedrohung für den Frieden in der Welt darstellt – was und wie kann die Friedensbewegung hiergegen denn vorgehen und Frieden durchsetzen? Demonstrationen und Appelle gegen den womöglich mächtigsten und finanzstärksten Apparat der Welt erscheinen mir eher aussichtslos zu sein. Was schlagen Sie vor? Gibt es eine Strategie?
MM: Meiner Einschätzung nach sollte der MIK bei allen Aktivitäten der Friedensbewegung ins Zentrum der Kritik gerückt werden. Der Militärisch-Industrielle Komplex ist die größte Bedrohung für den Weltfrieden unserer Zeit. Kampagnen gegen Rüstungsexporte sind weiterhin wichtig, reichen allein aber nicht aus. Nötig ist meiner Einschätzung nach eine weltweite Kampagne zur Ächtung der Waffenproduktion. Und dazu müsste mit Kirchen und Religionsgemeinschaft enger diskutiert und auch zusammengearbeitet werden.
Wichtig erscheint mir auch die Bekämpfung der herrschenden Kultur des Krieges, die alle medialen Kriegsrechtfertigungen und die Kriegspropaganda massiv befördert. Diese Kultur muss als menschenfeindlich dekodiert und erschüttert werden. Der Aufbau einer Kultur des Friedens ist zwar die Jahrhundertaufgabe, die Idee der Kooperation hat allerdings eine große Anziehungskraft, die uns ermutigt, dran zu bleiben.
JW: Ich bedanke mich für das Gespräch.

Profilbild von Jens Wernicke

Jens Wernicke

Jens Wernicke ist Gewerkschaftssekretär und freier Journalist. Er war Mitglied im SprecherInnenrat der StipendiatInnen der Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie im Vorstand des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) e.V. Er arbeitete unter anderem als Referent für Bildungs- und Hochschulpolitik für die Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und ist aktuell Mitarbeiter bei den NachDenkSeiten.

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Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom friedlichen Widerstand, Klaus Schreiner

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“Wer behauptet, man braucht keine Privatsphäre, weil man nichts zu verbergen hat, kann gleich sagen man braucht keine Redefreiheit weil man selbst nichts zu sagen hat.” Edward Snowden.

The-Sacred-Bull

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