STUDIE ZUR ARBEITSZEIT: Das macht der 12-Stunden-Tag: Stress, Unfälle und Gesundheitsschäden – & FAKTENCHECK ARBEITSZEIT: Diese 8 Verschlechterungen bringt der 12-Stunden-Tag für die Beschäftigten

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck am 22.06.2018
Liebe® Blogleser_in,

Bewusstheit, Liebe und Friede sei mit uns allen und ein gesundes sinnerfülltes Leben wünsch ich ebenfalls.

Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: https://kontrast.at/thema/politik/12stundentag/

STUDIE ZUR ARBEITSZEIT

Das macht der 12-Stunden-Tag: Stress, Unfälle und Gesundheitsschäden

60 Stunden die Woche, 12 Stunden am Tag – so kann bald eine Arbeitswoche aussehen. Schwarzblau wird das noch im Juli im Schnellverfahren beschließenEine Studie zeigt, die Folgen sind noch massiver als viele glauben.

Wer 12 Stunden am Tag arbeitet, ist dreieinhalb Mal so erschöpft wie nach einem freien Tag. Bei zwei aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Diensten nimmt die Belastung noch stärker zu. So stark, dass man drei freie Tage am Stück bräuchte, um sich davon zu erholen. Die von der Regierung beworbenen Freizeitblöcke reichen dafür nicht aus.

FREIZEIT KANN NICHT MEHR AKTIV GENUTZT WERDEN

Das zeigt die Studie der beiden Wissenschaftler Gerhard Blasche und Daniela Haluza. Sie forschen am Zentrum für Public Health. Die beiden haben die Belastung von Altenpflegern mit 12-Stunden-Tagen in Oberösterreich und Niederösterreich untersucht. Das Ergebnis: Bei solchen Arbeitszeiten steigt die Ermüdung stark:

„Die Erholung am Tagesrand reicht in diesem Fall nicht aus, um diese Ermüdung sofort auszugleichen.“

12-Stunden-Tage machen es deutlich schwerer, sich von der Arbeit zu regenerieren. Statt Radfahrer, Freunde treffen oder Familienausflüge geht ein großer Teil der Freizeit für das Ausrasten nach der Erschöpfung drauf. So bleibt letztlich noch weniger Zeit für Familie und Hobbys.

8 STUNDEN GESUNDES MAXIMUM

Gerhard Blasche und Daniela Kaluza leiten aus der Studie auch eine entscheidende Schlussfolgerung ab: Ein Arbeitstag sollte in der Regel nicht länger als 8 Stunden dauern. Die meisten Menschen erleiden spätestens nach der zehnten Stunde einen deutlichen Leitungsknick. Den auszugleichen kostet viel Energie und das führt zu enormer Erschöpfung.

Daher steigen bei überlangen Arbeitstagen auch Unfälle im Straßenverkehr und in der Arbeit. Außerdem sind die gesundheitlichen Schäden enorm, wie die Wissenschaftler feststellen:

Wer 50 oder mehr Stunden arbeitet, hat ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Schlaganfälle und Diabetesfälle

Vor den gesundheitlichen Folgen warnen auch die Ärzte.  Man müsse darauf achten, dass die Stundenbelastung für die Arbeitnehmer nicht wesentlich mehr werde, so Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres gegenüber der APA. „Insgesamt kann man sagen: Je mehr, umso nachteiliger für die Gesundheit.“ Bei den Spitalsärzten sei die Wochenstundenreduktion von 60 auf höchstens 48 jedenfalls sehr positiv angenommen worden.

FRAUEN LEIDEN BESONDERS DARUNTER

Von der Zunahme psychischer Erkrankungen durch längere Arbeitstage sind vor allem Frauen betroffen.

„Das kommt wahrscheinlich wegen der höheren zusätzlichen Belastung durch Kinderbetreuung,“ so die Studienautoren.

Gerade diese Belastung wird in Zukunft wohl nicht weniger werden. Die Regierung hat für das Jahr 2019 keinen einzigen Cent für den Ausbau der Kinderbetreuung budgetiert. Außerdem zeigt das schwarz-blaue Oberösterreich, in welche Richtung ÖVP und FPÖ in Zukunft gehen werden: Durch die Kindergartensteuer mussten viele Kindergärten schließen. Die Mischung aus 12 Stunden Tag und ausgedünnten Kinderbetreuungsangeboten wird viele Familien vor Herausforderungen stellen. Der Stress gerade für junge Familien wird höher und das birgt gesundheitliche Risiken.

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Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen:
https://kontrast.at/faktencheck-12-stunden-tag/

FAKTENCHECK ARBEITSZEIT

Diese 8 Verschlechterungen bringt der 12-Stunden-Tag für die Beschäftigten

Arbeits- und Wegzeit von 14 Stunden, keine Überstunden-Zuschläge in der Gleitzeit wird die 60 Stunden-Woche zur Normalarbeitszeit – bis zu 4 Arbeits-Wochenende. Die Regierung hat ein neues Arbeitszeitgesetz vorgelegt. Doch was bedeutet es?

Im Juni haben ÖVP und FPÖ den Initiativantrag zur Arbeitszeitflexibilisierung im Nationalrat eingebracht. Der Zwölf-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sollen generell möglich werden – ohne Zustimmung von Sozialpartnern oder Betriebsrat. 3,7 Mio. Arbeiter und Angestellte betrifft dieses Gesetz direkt. Umso unüblicher ist die Vorgehensweise.

Die Regierung will keine reguläre Begutachtungsfrist. Eine lange Debatte soll vermieden werden. Während üblicherweise die Sozialpartner um ihre Stellungnahme gebeten werden, wird das Gesetz  im Eilverfahren behandelt. Noch im Juli soll es beschlossen werden. Dazu verhindern ÖVP und FPÖ, dass der Entwurf im Sozialausschuss verhandelt wird – sie haben den Antrag dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen.

Der Zwöf-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sind ein langer Wunsch von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer, deren Forderungen die Regierung jetzt umsetzt. Im Sozialausschuss müssten sich ÖVP und FPÖ weit mehr mit den Argumenten der Arbeitnehmer-Vertreter auseinandersetzen – das wollen sie vermeiden. Außerdem dürften die Regierungsparteien befürchten, dass die eigenen Abgeordneten im Sozialausschuss dem Entwurf ihre Zustimmung verweigern könnten.

WAS KOMMT MIT DER NEUEN ARBEITSZEIT

  1. Arbeitszeiten, inklusive Wegzeiten, von bis zu 14 Stunden sind erlaubt.
  2. Angestellte können gezwungen werden 5 Mal die Woche 10 Stunden täglich zu arbeiten. Denn das „Ablehnen aus überwiegend persönlichen Interessen“ – wie es im Gesetz heißt – ist erst aber der 11. Arbeitsstunde möglich. Die neunte und zehnte Überstunde muss ab 2019 nicht mehr zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden, die kann der Arbeitgeber einfach festlegen.
  3. In der Gleitzeit gilt ab nun eine Normalarbeitszeit von 12 Stunden, fünfmal in der Woche (also 60 Stunden) – Wer also in Gleitzeit in der Woche 60 Stunden arbeitet, hat keine einzige Überstunde gemacht und bekommt damit auch keine Überstundenzuschläge.
  4. In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Chef zur Arbeit an bis zu vier Wochenenden pro Jahr verpflichten. Mit Betriebsrat ist dafür eine Betriebsvereinbarung erforderlich.
  5. Für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit frei gestalten können, wird das Arbeitszeitgesetz gar nicht mehr gelten. Diese Regelung gab bisher nur für Führungskräfte wie Geschäftsführer oder CEOs in Konzernen – jetzt soll sie für alle gelten, die „maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnisse“ haben.
  6. Es gab bereits viele Fälle in denen die Unternehmen die Arbeitszeitgesetze nicht eingehalten haben. Durch die neue Höchstarbeitszeit von 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche werden diese Verstöße zum größten Teil straffrei. Zuvor hatte die Regierung bereits angekündigt die Strafen massiv zu reduzieren, und die Kontrollen zurückzufahren.
  7. Die wichtigste Schutzbestimmung kommt nicht von der Regierung, sondern durch die EU – und muss eingehalten werden. Laut EU-Recht darf die Wochenarbeitszeit von 48 Stunden im Durchschnitt von 17 Wochen nicht überschritten werden.
  8. Tatsächlich sind bei der Vier-Tage-Woche keine Änderungen vorgesehen: Schon jetzt ist es möglich, die 40 Stunden Normalarbeitszeit auf vier Zehn-Stunden-Tage zu verteilen.

ABLEHNEN – „DAS TRAUEN SICH DIE MEISTEN NICHT“

Ablehnen dürfen die Arbeitnehmer die elfte und zwölfte Überstunde nur „aus überwiegenden persönlichen Interessen“. Die müssen schwerer wiegen als die Interessen des Unternehmens. Der Arbeitgeber kann damit vom Arbeitnehmer jederzeit verlangen, zwölf Stunden zu arbeiten. Die Arbeitnehmer haben „de facto nicht die Wahl, selbst darüber zu entscheiden“, kritisiert AK-Direktor Klein im Morgenjournal. Wer ein legales Arbeitszeitmodell ablehnt, gefährdet seinen Arbeitsplatz und das Betriebsklima – das weiß man aus der Beratungspraxis. „Das trauen sich sie meisten nicht.“

„Wer angeordnete Überstunden ablehnt, riskiert die fristlose Entlassung. Ob das gerechtfertigt war, entscheidet Monate später das Arbeitsgericht“, sagt Christoph Klein im Ö1-Morgenjournal.

ÖVP-GEWERKSCHAFTER HALTEN NICHTS VOM 12H-TAG

„Die Industrie hat vor den Wahlen in die Regierung investiert und verlangt jetzt ihren Anteil. Das ist der Beginn der mutwilligen Zerstörung unserer Gesellschaft, vor allem unseres Familien-, Vereins- und Soziallebens“.

So resümiert der Tiroler AK-Chef Erwin Zangerl im Kurier.

DIE BEISPIEL DES SOZIALMINISTERIUMS

Der 12-Stundentag soll nach Freiwilligkeit und Flexibilität klingen. Das Sozialministerium verbreitet dazu Beispiele für die Medien, um die Vorteile auch für Arbeitnehmer zu betonen. Wir haben die Beispiele einem Faktencheck unterzogen. Es zeigt sich: Für die 3,7 Millionen Beschäftigten bringt die neue Regelung keine Vorteile.

BEISPIEL 1:

Bei einer Hochzeit an zwei Samstagen in einem Gasthaus arbeiten Kellnerin und Koch je zweimal 11 Stunden. Die 9. Stunde wird durchgerechnet, die 10. und 11. Stunde sind jeweils Überstunden mit 50 Prozent. Bei beiden Mitarbeitern entsteht ein Zeitguthaben von 8 Stunden (2 Stunden Normaltarif und 4 Überstunden mit Zuschlag). Dafür bekommen sie einen Tag frei.

Das Problem:
Der freie Tag kann von den beiden nicht nach belieben konsumiert werden. Dazu müssen sie mit dem Arbeitgeber einen Zeitausgleich vereinbaren. Und hier weiß man aus Erfahrung, dass das nicht so leicht ist: Bereits heute werden Gutstunden jahrelang mitgenommen – sie einzulösen ist für viele Arbeitgeber schon heute schwer möglich.

BEISPIEL 2:

Ein Installateur braucht am Donnerstag 11 Stunden, weil er zwischendurch ein Ersatzteil beschaffen muss. Es entsteht ein Zeitguthaben von 4 Stunden (1 Stunde Normaltarif, 2 Überstunden mit Zuschlag). Am Freitag danach geht er dafür um 12.00 Uhr nach Hause.

Das Problem:
Selbst das Ministerium rechnet in diesem Beispiel die 9. Stunde schon als normale Arbeitsstunde. Dabei würde diese ohne Sonderregelung als Überstunde gelten. Dass der Installateur am Freitag schon zu Mittag gehen kann, funktioniert nur, wenn der Chef zustimmt. Und fehlt Freitag Vormittag ebenfalls ein Ersatzteil, wird er auch nicht unverrichteter Dinge gehen.

BEISPIEL 3:

Ein IT-Programmierer arbeitet mit Gleitzeit. Er arbeitet Montag 8, Dienstag 10, Mittwoch 10 und Donnerstags 12 Stunden und schließt das Projekt am Donnerstag ab. Er kann dafür am Freitag zu Hause bleiben.

Das Problem:
Damit das möglich ist , muss eine Gleitzeitregelung ohne Kernzeit im Arbeitsvertrag festgehalten sein. Das kommt so gut wie nie vor. Und ist das tatsächlich der Fall, könnte der Programmierer schon jetzt am Freitag zuhause bleiben.

BEISPIEL 4:

Ein großer Auftrag in der Industrie: Ein Arbeiter arbeitet sechs Wochen lang je 52 Stunden (je 4 mal 10 und 1 mal 12 Stunden. Das Zeitguthaben danach: 30 Stunden zum Normaltarif und 42 Überstunden mit Zuschlag macht insgesamt 93 Gutstunden. Das ermöglicht laut Rechenbeispiel des Sozialministeriums zweieinhalb Wochen Urlaub oder eine alternative Auszahlung.

Das Problem:
Bei besonderer Auftragslage kann bereits jetzt die Maximalarbeitszeit überschritten werden, allerdings nur mit Zustimmung des Betriebsrats und zeitlich befristet.
Das neue Gesetz erlaubt nach den sechs Wochen mit jeweils 52 Stunden, nochmal sechs Wochen mit über 50 Arbeitsstunden anzuhängen – und die darauffolgenden Wochen. Ganz ohne Pause dazwischen.
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Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: https://mosaik-blog.at/12-stunden-tag-strache-faktencheck/

12-STUNDEN-TAG: WAS STRACHE SEINEN FANS ERZÄHLT – UND WAS WIRKLICH STIMMT

Foto: Screenshot FPÖ TV

Viele Strache-Fans sind empört über den geplanten 12-Stunden-Tag. Die Argumente, mit denen der Vizekanzler sie zu überzeugen versucht, halten einem Faktencheck nicht stand. Valentin Schwarz wirft einen Blick auf vier zentrale Argumente von Strache.

Seit ÖVP und FPÖ den Antrag zum 12-Stunden-Tag eingebracht haben, geht es in der Politik rund. Ganz besonders gilt das für die Facebook-Seite von Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Mit ausführlichen Postings versucht er, seinen Fans das neue Gesetz schmackhaft zu machen. Die folgen ihm dabei nur selten, wie ein Blickauf die Facebook-Seite zeigt – auch wenn Strache viele kritische Kommentare rasch löschen lässt.

1. Nein, von „freiwillig“ kann keine Rede sein

Laut Strache schafft das geplante Gesetz ein Arbeitszeitmodell, „das von Arbeitnehmern freiwillig in Anspruch genommen werden kann, vom Dienstgeber jedoch nicht vorgeschrieben werden darf.“ Ein Faktencheck zeigt: Das Gegenteil ist der Fall.

In den allermeisten Arbeitsverträgen steht, dass Vorgesetzte bei Bedarf Überstunden anordnen können, und zwar innerhalb des gesetzlichen Rahmens. Diesen will Schwarz-Blau nun von zehn auf zwölf Stunden pro Tag und von fünfzig auf sechzig Stunden pro Woche ausdehnen. Die Arbeitenden dürfen die Stunden elf und zwölf nur ablehnen, wenn sie beweisen, dass ihre Gründe dafür wichtiger sind als die Interessen des Betriebs. Wenn Chef oder Chefin das anders sehen, können sie das als Arbeitsverweigerung einstufen. Dann könnten sie sogar die fristlose Entlassung aussprechen, wie Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein unterstreicht. Ob die rechtens war, wird erst Monate später vor Gericht geklärt. Der Job ist dann längst weg.

In der Praxis bedeutet das: Wenn du in der Früh in die Arbeit kommst, kann es ab sofort heißen: „Wir brauchen dich heute zwölf Stunden“. Das können deine Vorgesetzten dir jeden Tag sagen, auch fünfmal die Woche. Hast du etwas Wichtigeres oder Besseres vor, musst du darauf hoffen, dass sie das akzeptieren.

Auch Sozialministerin Beate Hartinger-Klein musste eingestehen: Ein „Ich will nicht“ reicht nicht. Der einzige reale Schutz vor dauerhaften 60-Stunden-Wochen ist eine EU-Richtlinie, die vorschreibt, dass die durchschnittliche Wochen-Arbeitszeit über vier Monate hinweg maximal 48 Stunden betragen darf. Trotzdem beharrt Strache in Diskussionen mit seinen Fans weiter darauf, dass „jeder Grund vom Arbeitgeber akzeptiert werden muss“.

2. Doch, die Arbeitenden werden viel Geld verlieren

„Die Zuschläge bleiben und sind in Zukunft natürlich gesichert. Alles andere sind Fake-News“, schreibt Strache in einem Facebook-Kommentar. Worum geht es?

Überstunden werden prinzipiell mit Zuschlägen abgegolten, also mit höherer Bezahlung oder mehr Zeitausgleich. In der Praxis ist das aber oft nicht der Fall. Rund eine Million Menschen in Österreich arbeiten Gleitzeit. Das bedeutet: Sie haben keine fix vorgeschriebenen Arbeitszeiten wie 9 bis 17 Uhr. Stattdessen gibt es eine Kernarbeitszeit von einigen Stunden, in der sie anwesend sein müssen. Ihre restliche Arbeitszeit können sie „gleiten“, also davor und danach anhängen.

Was nach Selbstbestimmtheit klingt, führt oft dazu, dass diese Menschen schon jetzt um ihre Überstunden-Zuschläge umfallen. Arbeiten sie zehn statt acht Stunden, machen sie keine Überstunden, sondern bauen ein Polster auf, das sie später – eben per Gleitzeit – wieder abbauen.

Anders ist es, wenn jemand elf oder zwölf Stunden arbeitet, wie das in Ausnahmefällen bereits möglich ist. Diese Stunden müssen laut Gesetz mit 50 Prozent Zuschlag abgegolten werden. In der Praxis ist der Zuschlag oft sogar noch höher. Denn 12-Stunden-Tage sind nur mit Zustimmung der BetriebsrätInnen erlaubt. Die verlangen oft eine höhere Gegenleistung für die Beschäftigten.

Mit dem neuen Gesetz würde dieser Bonus für die Stunden elf und zwölf wegfallen. Es kippt den Zuschlag von 50 Prozent. Auch die Zustimmung der BetriebsrätInnen ist nicht mehr nötig, also können sie auch keine Extras ausverhandeln. „Dadurch verschiebt sich das Machtgleichgewicht weg von den Arbeitnehmern“, sagtArbeitsrechts-Professor Martin Risak.

Kurzum: Wenn du in Zukunft 12 Stunden arbeitest, bekommst du nichts dafür, außer dass du die Extrastunden an einem anderen Tag eins-zu-eins abbauen darfst.

Den Verlust der Zuschläge bei Gleitzeit haben am Sonntag bei „Im Zentrum“ auch Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), und Karl-Heinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer, bestätigt. Kapsch kündigte anschließend an, darüber mit der Regierung sprechen zu wollen. Strache blieb davon unbeirrt. Der IV-Präsident habe „offenbar das Gesetz noch nicht richtig gelesen und eine völlige Fehlinterpretation der Gewerkschaft übernommen“, sagte er in der ZIB 2 vom 20. Juni. Unterdessen bestätigen alle ExpertInnen, sogar jene des UnternehmerInnen-Magazins Trend, den großen Verlust für die Arbeitenden.

3. Die Vier-Tage-Woche ist längst möglich

Längere Arbeitstage, aber dafür eine kürzere Woche? „Erstmals wird eine 4 Tage Arbeitswoche gesetzlich möglich“, schreibt Strache. Tatsache ist, dass diese Möglichkeit bereits seit langem existiert. Auch 12-Stunden-Tage sind bei diesem Modell unter bestimmten Voraussetzungen bereits erlaubt. Die Wirtschaftskammer erklärt das ausführlich auf ihrer Website.

Warum gibt es die Vier-Tage-Woche dann in der Praxis kaum? Weil die Unternehmen sie nicht wollen. Ihnen ist es lieber, von Montag bis Freitag auf ihre MitarbeiterInnen zugreifen zu können. Daran ändert auch das neue Gesetz nichts.

Es sieht keinen Rechtsanspruch auf eine Vier-Tage-Woche vor, wenn man 12-Stunden-Arbeitstage macht. Auch wenn Strache ein „harmonisches Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit für jeden Arbeitnehmer“ ankündigt, wird dieses weiterhin vom guten Willen der Vorgesetzten abhängig sein.

4. Nein, es gibt künftig nicht mehr Freizeit am Stück

Die Familien sind Heinz-Christian Strache wichtig. Der 12-Stunden-Tag, verspricht er ihnen, macht „ihre Wertigkeit in der Gesellschaft deutlich sichtbarer“. Denn berufstätige Eltern, „die ihre Kinder oftmals nur zum Gute-Nacht-Kuss noch sehen“, hätten künftig mehr Freizeit am Stück mit ihrem Nachwuchs.

Nur: Auch davon steht im neuen Gesetz nichts. Es schafft kein Recht für die Beschäftigten, selbst zu bestimmen, wann sie das Zeitguthaben abbauen, das sie durch 12-Stunden-Tage angehäuft haben. Sie sind dafür weiterhin von der Zustimmung ihrer Vorgesetzten abhängig.

Tatsächlich könnte sich ihre Lage sogar verschlechtern. Bisher gilt: Damit Arbeitende nicht riesige Mengen an Überstunden anhäufen, müssen sie diese regelmäßig – zum Beispiel alle drei Monate – auf ein bestimmtes Maß abbauen. Die Regierung will nun, in Straches Worten, die „mehrmalige Übertragungsmöglichkeit von Zeitguthaben und Zeitschulden in den jeweils nächsten Durchrechungszeitraum“ ermöglichen.

Hinter diesem sperrigen Satz verbirgt sich eine simple Änderung: Künftig kannst du Zeitguthaben ewig mitschleppen. „Bei notorisch unterbesetzten Stellen verschiebt sich die Erholung damit auf den St. Nimmerleinstag“, schreibt die Arbeiterkammer.

Die von Strache angesprochenen Eltern werden also nur dann mehr Zeit am Stück für ihre Kinder haben, wenn ihre Vorgesetzten dem zustimmen. Zu befürchten ist, dass sich oft nicht einmal der Gute-Nacht-Kuss ausgehen wird – weil die Vorgesetzten ja einfacher 12-Stunden-Tage verlangen können.

Glaubt Strache, was er schreibt?

Zusammengefasst sind zwei Dinge unklar: Ob Strache selber glaubt, was er schreibt. Und ob seine FPÖ sich von ÖVP und Industriellenvereinigung über den Tisch ziehen lassen hat, oder tatsächlich hinter dem Gesetz mit all seinen Folgen steht.

Fest steht, dass Strache gewaltig unter Druck gekommen ist. In der ZIB 2 vom 20. Juni räumte er ein, dass der Begriff „freiwillig“ noch ergänzt werden soll. Ob das in der Praxis viel daran ändert, dass Beschäftigte ihren Vorgesetzten kaum folgenlos „Nein“ sagen können, darf bezweifelt werden. Jede andere Änderung schließen ÖVP und FPÖ aus.

Der 12-Stunden-Tag hat die sorgenfreie Zeit von Schwarz-Blau definitiv beendet. Keine Maßnahme hat bisher so vielen Menschen klar gemacht, dass die Regierung auf Seiten der Bosse steht.

 

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