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Das Corona-Trauma
Viele Menschen stehen jetzt unter Schock — umso wichtiger ist es, die Starre zu überwinden und aktiv zu werden.
Foto: fizkes/Shutterstock.com
Wir erleben derzeit, wie die halbe Welt in eine Art Schockstarre verfällt. Die meisten sitzen wie das Kaninchen vor der Schlange und starren andauernd auf diverse Bildschirme. So wichtig es ist, gerade jetzt Informationen zur Corona-Krise und zur allgemeinen politischen Entwicklung in sich aufzusaugen — fast noch wichtiger ist es für jeden Menschen, sich schnellstmöglich aus der eigenen Ohnmacht zu lösen. Die Symptome, die viele jetzt durchleben, ähneln nämlich denen von Traumata. Jetzt in die Aktion zu gehen — im Rahmen der jeweils eigenen Möglichkeiten — schützt nicht von dem Virus und es wird den Polizeistaat wahrscheinlich nicht aufhalten können; aber es hilft, in Krisenzeiten psychisch halbwegs gesund zu bleiben.
Immer wieder höre ich von Menschen, mit denen ich derzeit viel telefoniere, dass sie „wie gelähmt“ sind, dass sie sich in „einer Art Starre befinden“ — verursacht durch das, was um uns herum passiert. Da klingeln bei mir alle Warnglocken. Denn Schockstarre ist typisch für Traumatisierung, die heftige Spätfolgen für uns und unsere Gesellschaft haben kann. Wir durchleben gerade eine traumatische Zeit — und wie gesund wir diese überstehen, hängt nicht zuletzt auch wesentlich von unserem Umgang mit der Situation ab.
Trauma — was heißt das?
Da ich an einer Ausbildung zur Krisenintervention beim Roten Kreuz teilnehmen durfte, habe ich einiges über Trauma gelernt. Hier das Wichtigste dazu aus drei kompetenten Quellen:
Unter einem psychischen Trauma versteht man eine seelische Verletzung oder eine starke psychische Erschütterung, die durch ein extrem belastendes Ereignis hervorgerufen wird. Dazu gehören zum Beispiel Naturkatastrophen, schwere Unfälle, Vergewaltigungen, Terroranschläge, Kriegserlebnisse oder Entführungen. Schwerwiegende Erlebnisse sind für fast jeden Menschen sehr belastend und können zu extremem Stress, Hilflosigkeit und Entsetzen führen (1).
Der Betroffene wird durch das plötzliche Auftreten, die Heftigkeit und Intensität lang anhaltend oder permanent ansteigend in Schreck-, Schock- und Stresszustand versetzt. Dies führt zu einer Überflutung mit bedrohlichen, intensiven unangenehmen Reizen, denen sich der Betroffene weder durch Kampf noch durch Flucht entziehen kann (2).
Beim Trauma ist unser Gehirn überfordert. Die traumatischen Erlebnisse kann es nicht normal verarbeiten, sondern speichert sie ungeordnet in unserem Gehirn. Die unvollständige Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse hat oftmals verheerende Konsequenzen für die Betroffenen — es kommt zur posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) (3).
Wenn man sich der dramatischen Situation weder durch Kampf noch durch Flucht entziehen kann, kommt man in den Zustand des „Freeze“, der „Schockstarre“, die sich nachhaltig auf die Betroffenen auswirkt. Hier kann — hier muss — man meines Erachtens entgegenwirken.
Globale Traumatisierung 2.0
Mit der Corona-Krise erlebe ich jetzt die zweite globale Traumatisierung in meinem Leben. Die meisten über 30-Jährigen werden noch wissen, wo sie sich am 11. September 2001 befunden haben — dem ersten traumatischen Schock, an den ich mich erinnere. In den ersten Stunden nach den dramatischen Bildern waren wir doch alle wie gelähmt und im Stress — und konnten nichts dagegen tun.
Seit dieser globalen Traumatisierung 2001 werden die Menschen immer weiter in Angst versetzt. Ob in Angst vor der Islamisierung, Angst vor Terrorismus, Angst vor den Linken, Angst vor den Rechten, Angst vor Krankheiten, Angst vor der Klimakatastrophe — und es passiert wenig bis gar nichts, das zu einer wirklichen Veränderung führt.
Letztlich werden die meisten Menschen nur weiter gelähmt, weil sich das Gefühl „Man kann dagegen eh nichts tun“ noch verstärkt hat.
Und jetzt ist es die Corona-Krise, die wiederum fast alle Menschen in Angst und damit viele in Schockstarre versetzt.
Während die einen Angst und Panik vor einer möglichen Erkrankung und dem daraus resultierenden Tod haben — und in den sozialen Medien verbreiten —, hat ein nicht zu unterschätzender Teil der Bevölkerung inzwischen Angst vor dem sich abzeichnenden Polizeistaat. Das wird durch Ermächtigungsgesetze, Grundgesetzänderungen, unkontrollierte Weitergabe der Handy-Daten, Androhung von Zwangsimpfung, Ausgangs- beziehungsweise Kontaktsperren und vieles mehr hervorgerufen — und ist für die Betroffenen genauso lebensbedrohlich wie das Virus.
Machen statt zuschauen
Was ist zu tun? Wie einleitend geschrieben: Wir müssen ins Handeln kommen — in dem Bereich, in dem es uns jeweils möglich ist. Jeder im Rahmen der eigenen Möglichkeiten, die sehr unterschiedlich und dennoch gleichermaßen wirksam sein können.
Das macht zwar das Virus nicht ungefährlicher und trägt vermutlich auch nicht direkt dazu bei, den Polizeistaat zu verhindern. Aber es sorgt dafür, dass wir nicht als Opfer in der Schockstarre verharren, sondern uns in unseren eigenen Bereichen als Handelnde, als „Macher“ erleben — was dazu beitragen kann, längerfristige negative persönliche Folgen zu verhindern.
Die folgenden Ideen sind das Ergebnis eines Brainstorming via Skype mit ein paar Freunden. Es gibt sicher noch hunderte andere Möglichkeiten, jetzt etwas zu tun. Schickt sie mir an andrea.drescher@free21.org — ich aktualisiere den Artikel dann gerne.
Vom Umgang mit der eigenen Angst
Die wirksamste Maßnahme gegen die Angst ist eine ganz persönliche Analyse dessen, was die Angst mit einem macht. Denn Ängste, die die Zukunft betreffen, verdrängen den Handlungsspielraum im Heute — und das gilt es zu vermeiden. Man kann sich einfach Fragen stellen wie:
- Ist das, was mir Angst macht, wirklich konkret, oder ist es nur eine Annahme?
- Betrifft es mich wirklich persönlich?
- Bin ich akut bedroht oder ist es nur eine Gefahr in der Zukunft?
- Was macht diese Angst mit mir?
- Was kann ich tun, dass sich das Gefühl ändert?
- Sind es „meine“ Ängste, oder übernehme ich sie von anderen?
Ich habe erlebt, dass mich ein — bereits verarbeitet geglaubtes — Familientrauma eingeholt hat und ich am Anfang der Ausgangssperre in Österreich richtig in Panik geriet. Als mir bewusst wurde, dass speziell die letzte Frage die Ursache für meine Panik war, kam ich aus diesem Strudel wieder heraus.
In Krisenzeiten ist es aus meiner Erfahrung hilfreich, sich noch mehr als sonst auf das Leben im Jetzt zu konzentrieren. Wenn man über Zukunft nachdenken möchte, dann im Sinne einer eigenen Gestaltung dieser Zukunft — also aus dem Blickwinkel des Machers, nicht aus dem Blickwinkel des Opfers.
Nutzen wir die Chance, dass wir Zeit aktuell haben, in uns zu gehen. Jetzt haben wir die Ruhe, das eigene Leben zu hinterfragen. Was ist wirklich wichtig? Und wovon dachte man, es wäre wichtig, braucht es aber eigentlich gar nicht? Eine tolle Vorbereitung auch für die Zeit „danach“- um, wenn das Chaos sich lichtet, selbst wieder Schritte setzen zu können.
Hilfreich ist auch, sich zu überlegen, was alles im eigenen Leben immer noch gut läuft und wo immer noch Handlungspotenzial besteht. Wer den Fokus nur auf das richtet, was nicht möglich ist, gerät leichter in einen negativen Strudel. Das halbvolle Glas ist zwar „nur“ halbvoll — und kann verdammt wenig sein, wenn man richtig Durst hat — aber es fühlt sich einfach besser an, als an ein halbleeres Glas zu denken.
Viele Menschen fühlen sich mit ihren Ängsten allein. In unserer „schöner, schneller, weiter“-Erfolgsgesellschaft haben viele nicht gelernt, offen über Ängste, Unsicherheit und negative Gefühle zu reden. Man will ja kein „Looser“ sein. Aber es hilft doch sehr — zumindest mir — festzustellen, dass auch andere meine Befürchtungen teilen und wir dann gemeinsam über „Wege aus der Krise“ nachdenken können.
Jetzt ist die Zeit, Gute-Laune-Musik zu hören, selbst Musik zu machen und — wer mag — auch für sich allein zu Hause zu tanzen. Musik und Bewegung heben die Stimmung — statt der stündlichen Corona-Statistik aus dem Radio oder der Glotze sind Salsa oder Rock’n Roll definitiv besser für das Gemüt.
Ganz wichtig — für alle, denen es möglich ist — ist die Bewegung in der Sonne. Spazierengehen an der frischen Luft ist nicht nur unverzichtbar für eine positive Stimmung, es trägt auch dazu bei, das Immunsystem fit zu machen. Wer nicht so gut auf den Beinen ist: Setzt Euch in die Sonne, setzt Euch auf die nächste Bank und tankt auf. Und wenn die Sonne nicht scheint oder es gar regnet: Regenschirm oder Regenjacke wurden bereits vor Jahrhunderten erfunden. Wasser macht nur nass, ist aber sonst unschädlich, und zuhause warten dann Dusche und trockene Kleidung. Es kann also nichts passieren, außer dass man seelisch besser drauf ist.
Und abschließend — schaut zurück auf die Krisen, die Ihr in Eurer Vergangenheit bewältigt habt. Ja klar, das jetzt ist völlig anders. Aber jede Schwierigkeit, die man geschafft hat und derer man sich bewusst ist, gibt Sicherheit, auch mit nächsten Problemen irgendwie wieder fertig zu werden.
Handeln — was kann ich denn jetzt noch tun?
Die Probleme und Möglichkeiten in einer Großstadt in Deutschland sind völlig andere als in Kleinstädten oder gar dem österreichischen Dorf, in dem ich lebe. Die Bedingungen sind teilweise andere — faktische Ausgangssperre in Österreich im Vergleich zum Kontaktverbot in großen Teilen Deutschlands — und jeder Mensch hat andere Wünsche, Bedürfnisse und Fähigkeiten. Trotzdem gibt es einiges, was jeder Einzelne tun kann.
Wichtig ist für alle, die kleinen Schritte der Normalität zu suchen, die in der jetzigen Situation möglich sind. Es gilt, sich einen neuen Tagesrhythmus zu überlegen, wenn der bisher gewohnte Tagesrhythmus nicht mehr möglich ist. Eine gewisse Struktur im Leben und insbesondere eine Struktur am Tag können helfen, Probleme und Ängste zu überwinden. Nicht immer, aber immer öfter :-).
Ein Todo-Zettel für den Tag, für die Woche zu schreiben, auf dem ich die Punkte nach und nach abhaken kann, hat mich schon öfters durch kritische Phasen „getragen“. Diese Planung zwingt den inneren Schweinehund in die Knie — und macht deutlich, dass man etwas tun kann. Auch wenn es nur „kleine“ Ziele sind, die man sich gerade setzen kann. Es gilt, das Machbare anzugehen und sich und anderen sichtbar zu machen, dass man noch handlungsfähig ist. Auch wenn es „nur“ geputzte Fenster sind — es ist zugleich ein sichtbares Symbol für die vollbrachte Tat.
Solche Pläne kann man auch — gemeinsam (!) — für die ganze Familie aufstellen. Das schweißt zusammen, fördert das „Wir tun was gemeinsam“- statt des „Wir gehen uns auf 80 qm nur noch auf die Nerven“-Gefühls.
Denkt darüber nach: Wo liegen die Chancen in der Krise? Gibt es Geschäftschancen, die man jetzt ergreifen könnte? Eine legitime Frage, wenn sie nicht dazu genutzt wird, die Menschen auszubeuten, sondern vielleicht das eigene wirtschaftliche Überleben zu sichern — für Ein-Personen-Unternehmen gerade eine heftige Bedrohung.
Auch eine wirtschaftliche Zukunft kann man sich bereits heute durchdenken; Pläne für die Zeit „danach“ machen (noch) die wenigsten. Ein Kunde von mir macht es — und ich erstelle gerade eine Marketing-Konzeption, damit sie dann bestens gerüstet und systematisch „losmarschieren“ können.
Dank der technischen Möglichkeiten von heute — Zoom, Jitsi, Skype — pflege ich Kontakte mit Menschen überall. Die kann man auch dafür verwenden, die Kinder „zusammen“ etwas unternehmen zu lassen, wenn man grade mal keine Zeit oder Lust hat, „Mensch ärger dich nicht“ oder ähnliches im trauten Familienkreise zu spielen. Das eine oder andere Spiel findet man sicher gut verräumt am Dachboden oder ganz hinten im Schrank. Im Übrigen kann auch eine gemeinsame Entdeckungsreise auf den Dachboden oder Keller und durch die dort abgestellten Kisten und Kästen ein Abenteuer für sich und ein Nährboden für interessante Geschichten sein.
Investiert in die eigene Bildung — ob Sprachkurs oder Achtsamkeitstraining, ob Fernabitur oder Infinetesimalrechnung: Die Zeit kann genutzt werden mit Dingen, die einen interessieren. Das ist auf jeden Fall besser, als Netflix-Serien durchzudaddeln.
Das zu tun, was schon lange getan werden sollte und was immer wieder verschoben wurde, kann auch sehr konstruktiv sein. Ob Keller und/oder Schränke aufzuräumen, die CD-Sammlung zu sortieren oder das Bad endlich zu renovieren — wenn man rechtzeitig im Baumarkt war und Farbe gekauft hat. Es gibt vieles an Liegengebliebenem, das jetzt getan werden kann. Ich sortiere bereits jetzt die Belege aus 2019 für meinen Steuerberater — im März statt wie sonst im Juli, immer kurz vor dem Abgabetermin — und kann dann im Sommer mehr im Garten entspannen.
Bücher oder Zeitschriften kann man ein zweites Mal lesen. Man sollte aber nicht nur politisch Anspruchsvolles wie Free21, Zivilimpuls und andere Politik-Lektüre “durcharbeiten“, sondern auch Märchen, Romane und Geschichten, Fantasy, Micky Maus oder Liebesromane. Dem Hirn Futter zu geben hilft, über den Rahmen der Krise hinaus zu denken.
Wenn Bizeps und Trizeps leiden, weil der Weg ins Fitness-Studio versperrt ist, hilft es, Flaschen mit Wasser zu füllen und daheim zu trainieren. Wer das nicht allein tun mag: Es gibt Vorturner auf Youtube, man kann „gemeinsam“ per Skype turnen oder Online Angebote wie von Alba Berlin (4) oder VisitBerlin (5) nutzen. Einfach mal anfangen damit — selbst wenn es nur 2 Liegestütze sind. Geschafft ist geschafft. Darüber hinaus findet man ganz viele Angebote im Netz für geführte Meditationen, Atemübungen oder autogenes Training — wenn es nicht gleich anstrengend werden soll.
Selber Kochen ist der Hit. Endlich ist die Zeit da, von Fertiggerichten auf gesunde, frisch zubereitete Ernährung umzusteigen. Wer nicht kochen kann, hat jetzt die Chance, es zu lernen. Es gibt Millionen Rezepte im Netz. Was soll es als nächstes zum Essen geben? Supermärkte haben ja geöffnet — falls Zutaten fehlen sollten.
Ein spannendes Thema, mit dem man sich bei zu viel Freizeit ausführlich beschäftigen kann, sind Naturheilmittel. Ob für Corona ein Kraut gewachsen ist, kann zwar aktuell niemand sagen. Aber Pflanzen, die sich positiv auf das Immunsystem auswirken und/oder antivirale Wirkung haben, gibt es mehr als genug. Ich war selbst vor kurzem erstaunt zu lesen, dass eines meiner „Lieblings“kräuter, die Brennnessel, auch antiviral wirkt. Bis dato war sie mir als Eisenspender hochwillkommen und ich hatte meine alljährliche Frühjahrskur mit einem Liter Brennnesselsud täglich bereits gestartet. Ein Themenbereich, in dem man wohl nie auslernt — egal wie lange Krise und Ausgangsperre andauern werden.
Jetzt ist übrigens auch die Zeit für Tagebücher gekommen. Selbst wenn es nicht so dramatisch zugeht wie zu Zeiten von Anne Frank, deren Geschichte ja vielen bekannt ist: Die Erinnerung an die kleinen Erlebnisse in dieser chaotischen Zeit können so erhalten bleiben. Und so hat man etwas, was man den Kindern, Enkeln oder Urenkeln erzählen kann. Wir erleben jetzt „Geschichten“, die für die nachfolgenden Generationen „Geschichte“ sein werden. Je zeitnäher das alles dokumentiert wird, desto besser. Vielleicht entsteht ja daraus ein Buch — wer weiß.
Kann man politisch etwas tun?
Jeder kann sich Informationen beschaffen und sich mit Themen befassen, mit denen er sich bis jetzt nicht beschäftigt hat — aber überfordern sollte man sich dabei auch nicht. Immer mal wieder eine Auszeit nehmen und auf Nachrichten und soziale Medien verzichten, trägt zur Stärkung der Nerven bei.
Jetzt — mindestens so wichtig wie bisher — vielleicht sogar noch ein bisschen wichtiger: Informationen, die man erhält, ERST prüfen und DANN weiterleiten.
Die Häufung von Fake-News steigt nicht nur im Mainstream an — auch in alternativen Medien neigen früher gut recherchierende Autoren derzeit zu Aktionismus — mit entsprechender Fehlerrate.
Wichtig aber erscheint es mir, Menschen über alles andere zu informieren, was jenseits von Corona noch relevant ist. Gerade jetzt, wo sich alles fast nur noch um Corona und die Folgen zu drehen scheint, ist die Unterstützung von Julian Assange oder der Kampf für das Bargeld — um nur zwei Themen zu nennen — umso entscheidender. So kann man als Einzelner dazu beitragen, dass andere Themen, die auch wichtig sind, nicht ganz untergehen.
Wenn man Menschen jenseits der eigenen Filterblase informiert, muss man meines Erachtens heute aber noch sensibler vorgehen als bisher. Es gilt, auch andere Menschen nicht zu überfordern, sondern sie abzuholen, wo sie stehen. Menschen in Angst oder Panik-Stimmung neigen dazu, noch stärker an Vertrautem festzuhalten als sonst. Andererseits kann man bei vielen jetzt ein offenes Ohr finden, da die Diskrepanzen in der aktuellen „offiziellen“ Berichterstattung immer mehr Menschen deutlich werden. Zitat einer meiner Nachbarinnen, von Beruf Bäuerin und politisch nicht engagiert: „Wer profitiert von der Corona-Panik? Doch nur die Pharma-Industrie …“.
Jammern über die Zensur in Facebook und YouTube hilft wenig. Wenn es dort nicht mehr funktioniert, muss man eben die Alternativen nutzen. Ob VK, Human Connection oder LoveStorm, Vimeo oder Bitchute — es gibt Plattformen, auf denen noch nicht zensiert wird. Telegram statt Messenger oder WhatsApp, das gute alte E-Mail darf auch nicht unterschätzt werden. Tauscht mit den Menschen, die Euch wichtig sind, die Telefon-Nummern aus — am besten, wenn vorhanden, Festnetz.
Gerade jetzt ist es besonders wichtig, alles Regionale zu nutzen, die Unternehmen in der Region durch telefonische oder Online-Bestellungen zu stärken — nicht dass Konzerne wie Amazon noch stärker werden! Mir bekannte Plattformen für regionalen Online-Handel in Zeiten von Corona sind (6) und (7). Einfach mal im Internet suchen, was im eigenen Umfeld verfügbar ist.
Ansonsten möchte ich an dieser Stelle auf meinen Rubikon-Artikel aus 2017 hinweisen — „Jeder ist Teil der Veränderung — Was jeder Einzelne für eine bessere Welt tun kann. Auch Du. Ja, Du!“ (8). Nicht alles ist heute mehr möglich, für manches ist es jetzt zu spät. Aber einiges, was ich in diesem Artikel an Handlungsoptionen beschrieben habe, lässt sich auch jetzt noch umsetzen. Zumindest kann man sich darüber Gedanken machen, wie man nach der Krise in die Umsetzung kommt.
Lösungen für andere Menschen gestalten
Körperliche Distanz kann man durch verbale Nähe ausgleichen. Man muss sich nur trauen, Floskeln zu überwinden, nachzufragen, wie es Menschen wirklich geht. Wenn man merkt, dass das Gegenüber gerade im Angstmodus besonders aggressiv ist, kann man durch Verständnis und Freundlichkeit einer weiteren Eskalation entgegen wirken. So banal es klingt: Lächeln hilft.
Wer kann, sollte versuchen, auch etwas entspannter mit Missverständnissen und anderen Meinungen umgehen. Wir sind alle nervös und gereizt. Ich unterstelle bei aggressiven Menschen derzeit, dass sie noch nervöser und gereizter sind als ich — und versuche einfach, gelassen zu bleiben. Manchmal gelingt es sogar.
Nicht jeder hat einen Partner, Freundeskreis oder gar Eltern, mit denen er noch Kontakt pflegt. Viele Menschen leben allein. Wenn man dann auch noch das Haus nicht verlassen darf, wird es eng. Überlege für andere Menschen mit — schau hin, wo Menschen in deinem Umfeld wirkliche Probleme haben. Gerade Rentner sind mehrfach belastet — sie sind oft allein, stärker durch eine mögliche Viruserkrankung gefährdet und haben in vielen Fällen wenig Geld. Man kann anderen Menschen helfen. Und diese Hinwendung anderen gegenüber hilft — nebenbei — auch einem selbst.
Bleibt gerade mit den Menschen, die allein sind, telefonisch oder über Internet in Kontakt. Ich telefoniere jetzt jeden Morgen mit einer Facebook-Freundin aus Kärnten — ein schönes Ritual. Man kann einsamen Menschen am Telefon Geschichten vorlesen — alles Mögliche ist denkbar. Ich plaudere mit meinen Nachbarn — mit dem vorgeschriebenen Sicherheitsabstand natürlich — wann immer ich jemandem bei meinen Gassi-Runden draußen begegne. Gespräche über den Zaun, Gespräche von Balkon zu Balkon — ein gutes Gespräch gibt Kraft. Mir und dem Gegenüber. Denke ich mal.
Apropos Gassi-Runden. Wer einen Hund hat, kann diesen an Freunde „verleihen“ — längere Spaziergänge mit Hunden sind ja überall erlaubt. Oder man geht mit dem Hund des alten Nachbarn spazieren, der sich jetzt nicht aus dem Haus wagt, dessen vierbeiniger Freund aber trotzdem nicht nur kurz zum Erledigen des nötigen Geschäftes raus möchte, sondern etwas längere Runden braucht.
Wer nicht nach draußen gehen kann oder möchte, weil er wegen einer Vorerkrankung stärker verunsichert ist, freut sich vielleicht, wenn andere für ihn einkaufen gehen. Ich falle zwar nicht in diese Kategorie, bin aber einer Nachbarin, die im Supermarkt arbeiten geht, dankbar, dass sie mir die wenigen Produkte wie Rahm oder Quark mitbringt, die ich weder bevorraten noch selbst herstellen kann.
Viele Menschen haben Existenzangst — wer helfen kann, könnte anderen helfen. Manchmal geben schon ein paar Euros einem anderen Menschen vielleicht genau die Sicherheit, die nötig ist, um die Krise in sich zu überwinden. Ich baue derzeit Tomaten für Menschen aus meiner Region an, da mehr als genug bei mir gewachsen sind, die Gartenmärkte aber geschlossen haben. Was an Überfluss da ist, kann geteilt werden.
Ebenfalls erscheint es mir wichtig, die Solidarisierung mit anderen voranzutreiben. Wir können alle gemeinsam versuchen, uns dem offensichtlichen Entsolidarisieren entgegenzustellen, und Hilfsgruppen in der Umgebung suchen oder gründen. Für Österreichische Einpersonen-Unternehmen gibt es beispielsweise eine Facebook-Gruppe zum Austausch von Lösungsansätzen (9). Nicht jeder muss das Rad für sich neu erfinden. Man muss sich nur umschauen. Es gibt unzählige Facebook-, WhatsApp– oder Telegram-Gruppen zur gegenseitigen Unterstützung im eigenen Umfeld. Und wenn es noch keine gibt: Man kann sie einfach ins Leben rufen.
Man sollte sich jetzt bewusst um die bestehenden Kontakte kümmern. Es ist klar, niemand kann Angst wegdiskutieren — aber man kann Hilfe anbieten. Wenn man merkt, dass Menschen überfordert sind, kann es einfach helfen, nur zuzuhören. Jeder sollte sich aber bewusst sein, dass man nicht für das Handeln anderer verantwortlich ist. Wer keine Hilfe annehmen möchte, wer den vielleicht sinnvollen Empfehlungen nicht folgen will, trifft diese Entscheidung für sich. Und das ist auch okay so.
Treffen mit Gleichgesinnten sind enorm hilfreich — auch wenn sie jetzt nur virtuell stattfinden können, helfen sie immens, dem Gefühl von „ich bin allein mit meinen Gedanken“ entgegen zu wirken. Außerdem bieten Diskussionsrunden Impulse für die Zukunft. In der Skype-Diskussion zu diesem Text entstand die Idee zu einem Buch: „Vom Umgang mit der Corona-Krise — Geschichten, die das Leben so schrieb.“ Mal sehen, ob beziehungsweise wann ich das umsetzen werde.
Das Gute an dieser Krise ist, dass alte Beziehungen wieder aufgefrischt werden können — gerade dort, wo man den Kontakt hat schleifen lassen. Nutzen wir die Chance, dass wir jetzt Zeit für andere Menschen haben. Vielleicht wirkt sich das ja auch auf unser Karma positiv aus, dass wir uns diese Zeit nehmen. Wenn nicht, dann hat es sicher nicht geschadet.
Wie eingangs erwähnt: Durch keine dieser Aktivitäten wird man die politische oder die Corona-Krise beenden. Man kann durch die vielen kleinen Dinge, die man tut besser und unbeschadeter durch diese stürmischen Zeiten kommen und eventuell dazu beitragen, dass es auch anderen Menschen leichter fällt, mit der Situation fertig zu werden. Daher: einfach anfangen zu machen — werden wir alle zu Machern!
JETZT.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/trauma/definition-trauma/
(2) http://www.pro-psychologie.de/trauma.html
(3) http://posttraumatische-belastungsstoerung.com/traumatische-erlebnisse
(4) https://www.albaberlin.de/news/details/reaktion-auf-coronavirus-alba-berlin-startet-taegliche-digitale-sportstunde-fuer-kinder-und-jugendliche/
(5) https://www.visitberlin.de/de/blog/digitale-sportangebote-aus-berlin
(6) https://www.nunukaller.com/
(7) https://www.lieferserviceregional.at/
(8) https://www.rubikon.news/artikel/jeder-ist-teil-der-veranderung
(9) https://www.facebook.com/groups/CoronaEPUAustria
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