Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck am 14.01.2019
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Bewusstheit, Liebe und Friede sei mit uns allen und ein gesundes sinnerfülltes Leben wünsch ich ebenfalls.
Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: https://www2.sosmitmensch.at/25-antworten-zur-mindestsicherung-neu?fbclid=IwAR3yNoP-4Cc-M4TrXd5PeQ16TBPod9ln8RrVKv43vhC859WkuEKNL-E8l_Q
- Okt. 2018
25 Fragen und Antworten zur Kürzung der Mindestsicherung
Die Bundesregierung will die Mindestsicherung noch in diesem Jahr teilweise radikal beschneiden. Darüber hinaus soll die Notstandshilfe gestrichen und durch die Mindestsicherung ersetzt werden. SOS Mitmensch informiert bereits jetzt die Betroffenen über die angekündigten Maßnahmen und ihre Auswirkungen.
–> 25 Fragen und Antworten zum Herunterladen
–> Protestinitiative gegen die Kürzung der Mindestsicherung
Was plant die Bundesregierung in Sachen Mindestsicherung?
Die Bundesregierung hat Ende Mai 2018 im Ministerrat beschlossen, dass sie die Mindestsicherung teilweise radikal beschneiden will. Sie hat einen Entwurf präsentiert, der unter anderem vorsieht, dass die Mindestsicherungsleistung für Kinder von Elternpaaren um bis zu 80% gekürzt werden soll. Bis Ende 2018 will die Regierung die Veränderungen bei der Mindestsicherung umsetzen.
Laut dem bisher bekannten Ministerratsentwurf der Bundesregierung sollen:
- alleinstehende Personen MIT Pflichtschulabschluss oder MIT Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englischkenntnissen auf C1-Niveau in Zukunft maximal 863,04 Euro im Monat erhalten.
- alleinstehende Personen OHNE Pflichtschulabschluss oder OHNE Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englischkenntnissen auf C1-Niveau in Zukunft maximal 563,04 Euro im Monat erhalten.
- kinderlose Erwachsenenpaare MIT Pflichtschulabschluss oder MIT Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englischkenntnissen auf C1-Niveau in Zukunft maximal 1.208,256 Euro im Monat erhalten.
- kinderlose Erwachsenenpaare OHNE Pflichtschulabschluss oder OHNE Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englischkenntnissen auf C1-Niveau in Zukunft maximal 608,256 Euro im Monat erhalten.
- das erste Kind von Elternpaaren maximal 215,76 Euro im Monat erhalten.
- das zweite Kind von Elternpaaren maximal 129,456 Euro im Monat erhalten.
- ab dem dritten Kind von Elternpaaren jedes Kind maximal 43,152 Euro im Monat erhalten.
- das erste Kind von Alleinerziehenden maximal 315,76 Euro im Monat erhalten.
- das zweite Kind von Alleinerziehenden maximal 204,456 Euro im Monat erhalten.
- das dritte Kind von Alleinerziehenden maximal 93,152 Euro im Monat erhalten.
- ab dem vierten Kind von Alleinerziehenden jedes Kind maximal 68,152 Euro im Monat erhalten.
- Personen, die subsidiären Schutz in Österreich erhalten haben, von der Mindestsicherung ausgeschlossen werden. Sie würden – entsprechend dem Grundversorgungssatz – nur noch maximal 365 Euro im Monat erhalten.
- Menschen aus Drittstaaten und anderen EU Mitgliedstaaten erst nach fünfjährigem Aufenthalt in Österreich Anspruch auf Mindestsicherung haben.
Insbesondere Elternpaaren mit Kindern drohen erhebliche Einbußen. Kürzungen sind aber auch für kinderlose Paare vorgesehen. Von massiven Einschnitten betroffen wären darüber hinaus Personen ohne Pflichtschulabschluss oder ohne Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englischkenntnissen auf C1-Niveau.
Einige in Österreich lebende Personengruppen würden, wenn es nach den Plänen der Regierung geht, den Anspruch auf die Mindestsicherung gänzlich verlieren.
Darüber hinaus wären auch so genannte „Aufstocker“ – also erwerbstätige Personen, die ein geringes Einkommen und kein Vermögen haben – von den Veränderungen bei der Mindestsicherung betroffen.
Einzig ein Teil der Alleinerziehenden mit wenigen Kindern könnte auf ein wenig mehr Sozialunterstützung hoffen.
Sollte die Regierung, wie angekündigt, die Notstandshilfe abschaffen, wären auch alle BezieherInnen von Notstandshilfe von den Veränderungen bei der Mindestsicherung betroffen.
ACHTUNG: Aktualisierungen sind möglich, falls die Regierung einen neuen Mindestsicherungs-Entwurf präsentiert.
Was wären die Folgen der geplanten Einschnitte bei der Mindestsicherung?
Die Mindestsicherung ist ein Grundpfeiler für die soziale und wirtschaftliche Stabilität in Österreich. Die Mindestsicherung hilft dabei, Menschen vor dem Abrutschen in tiefe Armut zu bewahren. Die Mindestsicherung hilft auch, zu große Ungleichheit in Österreich zu verhindern. Große Ungleichheit schafft soziale Spannungen, Unsicherheit und Kriminalität. Darüber hinaus vermindert große Ungleichheit das Wirtschaftswachstum.
Eine Kürzung der Mindestsicherung bedeutet
- weniger Stabilität und mehr Armut in Österreich,
- die Schere zwischen Reich und Arm würde weiter aufgehen,
- der Druck auf Löhne würde zunehmen,
- Kinderarmut würde massiv verschärft werden (mehr als ein Drittel der Personen, die Mindestsicherung beziehen, sind Kinder),
- auch Armut im Alter würde verschärft werden (mehr als 8% der Personen, die Mindestsicherung beziehen, sind 61 Jahre oder älter),
- die Situation von Personen, die keiner Arbeit nachgehen können, weil sie Angehörige pflegen oder weil sie selbst krank sind oder eine schwere Behinderung haben, würde sich erheblich verschlechtern.
Darüber hinaus trifft eine Kürzung der Mindestsicherung auch berufstätige Personen, die bisher ihr Einkommen auf die Höhe der Mindestsicherung aufstocken konnten, wenn sie kein Vermögen haben.
Massive Auswirkungen hätte eine Kürzung der Mindestsicherung auch auf all jene, die Notstandshilfe beziehen. Denn die Regierung hat angekündigt, die Notstandshilfe abschaffen und durch die (gekürzte) Mindestsicherung ersetzen zu wollen.
Insgesamt bedeutet eine Kürzung der Mindestsicherung weniger soziale Sicherheit, weniger Stabilität, schlechtere Chancen für armutsbetroffene Kinder und erheblich weniger Lebensqualität in Österreich. Vielen würde der Verlust ihrer Wohnung drohen.
Wem droht die gänzliche Einbuße des Anspruchs auf die Mindestsicherung?
Personen ohne Pflichtschulabschluss oder ohne Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englisch auf C1-Niveau sollen, wenn es nach den Plänen der Bundesregierung geht, nur noch eine stark gekürzte Mindestsicherung erhalten. Eine erwachsene Einzelperson ohne Pflichtschulabschluss würde dann maximal 563,04 Euro im Monat erhalten. Das entspricht einer Einbuße von mehr als einem Drittel des heutigen Bezuges!
Subsidiär Schutzberechtigte sollen, wenn es nach den Plänen der Bundesregierung geht, ihren Anspruch auf Mindestsicherung komplett verlieren. Während eine alleinstehende subsidiär schutzberechtigte Person bisher maximal 863,04 Euro im Monat erhalten hat, soll sie in Zukunft – entsprechend dem Grundversorgungssatz – nur noch maximal 365 Euro erhalten. Das entspricht einer Einbuße von fast 60 Prozent.
Menschen aus Drittstaaten und anderen EU Mitgliedstaaten sollen erst nach fünfjährigem Aufenthalt in Österreich Anspruch auf Mindestsicherung haben.
Wer verliert und wer gewinnt bei den von der Bundesregierung geplanten neuen Mindestsicherungssätzen?
Gemäß dem Entwurf der Bundesregierung verlieren fast alle derzeitigen Bezugsgruppen, unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Am meisten verlieren nach derzeitigem Vorschlag Elternpaare mit mehreren Kindern sowie Personen ohne Pflichtschulabschluss oder ohne Nachweis von schriftlichen und mündlichen Deutschkenntnissen auf B1-Niveau bzw. Englisch auf C1-Niveau. Subsidiär Schutzberechtigte würden gänzlich von der Mindestsicherung ausgeschlossen werden.
Die einzigen Bezugsgruppen, die in einigen Bundesländern leicht dazugewinnen, sind Alleinerziehende mit Pflichtschulabschluss mit bis zu drei Kindern sowie Alleinstehende mit Pflichtschulabschluss in Kärnten (+19 Euro). Alleinstehende mit Pflichtschulabschluss in Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark würden nahezu gleich viel erhalten wie bisher. Alle (!) anderen Bezugsgruppen verlieren teilweise dramatisch.
Die folgende Grafik zeigt die Verluste einer Familie mit Pflichtschulabschluss und zwei Kindern gemäß dem bisher bekannten Entwurf der Bundesregierung. Der aktuelle Vorschlag zur Neuregelung sieht vor, dass der Höchstsatz für diese Bezugsgruppe in Zukunft bei 1.553,47 Euro liegt. Die größten Einschnitte – von bis zu einem Drittel – hätten Familien mit zwei Kindern in den westlichen Bundesländern zu erwarten.
Grafik 1: Verluste einer Familie mit Pflichtschulabschluss und zwei Kindern gemäß dem Entwurf der Regierung
Nachstehende Grafik zeigt ein noch drastischeres Bild. Elternpaare ohne Pflichtschulabschluss oder ohne nachgewiesene schriftliche und mündliche B1-Deutschkenntnisse würden, wenn sie zwei Kinder haben, durch die Neuregelung der Mindestsicherung in allen Bundesländern dramatische Einschnitte erleben. In einigen Bundesländern liegt die Differenz zur derzeitigen Regelung bei bis zu minus 58 Prozent!
Grafik 2: Verluste einer Familie ohne Pflichtschulabschluss und zwei Kindern gemäß dem Entwurf der Regierung
Im Folgenden geben wir am Beispiel Wien anhand von vier Grafiken einen umfassenden Überblick über die fast durchgehend negativen und teils dramatischen Auswirkungen der geplanten Mindestsicherung neu gemäß dem Ende Mai veröffentlichten Entwurf der Bundesregierung:
Grafik 3: Verluste von Paaren mit Pflichtschulabschluss in Wien gemäß dem Entwurf der Regierung
Grafik 4: Verluste von Paaren ohne Pflichtschulabschluss in Wien gemäß dem Entwurf der Regierung
Grafik 5: Gewinne/Verluste von Alleinstehenden und Alleinerziehenden mit Pflichtschulabschluss in Wien gemäß dem Entwurf der Regierung
Grafik 6: Gewinne/Verluste von Alleinstehenden und Alleinerziehenden ohne Pflichtschulabschluss in Wien gemäß dem Entwurf der Regierung
Warum verbreitet die Bundesregierung falsche Zahlen zur Mindestsicherung?
Die Bundesregierung hat eine Reihe an falschen Zahlen an die Medien weitergegeben. Das wurde von SOS Mitmensch aufgedeckt. Wir können nur vermuten, dass die Bundesregierung damit Verwirrung stiften und die gravierenden Auswirkungen der geplanten Kürzungen verharmlosen will. Bis heute hat es von Seiten der Bundesregierung weder eine Korrektur noch eine Entschuldigung für die falschen Zahlen gegeben.
Was bedeutet die Kürzung der Mindestsicherung für alle, die Notstandshilfe beziehen?
Die Regierung hat angekündigt, dass sie die Notstandshilfe abschaffen und durch die teilweise radikal gekürzte Mindestsicherung ersetzen will. Das hätte massive Auswirkungen für alle, die Notstandshilfe beziehen. Ihnen drohen Kürzungen, Enteignung, der Verlust von Pensionszeiten und damit einhergehend tiefe Armut im Alter. Im Jahr 2017 haben durchschnittlich 157.483 Personen Notstandshilfe bezogen (62.578 Frauen und 94.906 Männer). Mehr als ein Drittel der Personen, die Notstandshilfe beziehen, sind 50 Jahre oder älter. Fast 80% haben die österreichische Staatsbürgerschaft.
Wie sehr sind BezieherInnen von Mindestsicherung bereits jetzt von Armut betroffen?
Eine Erhebung betreffend der Jahre 2015 bis 17 zeichnet ein erschütterndes Bild: MindestsicherungsbezieherInnen sind überdurchschnittlich oft von tiefer Armut betroffen. Sie leben überdurchschnittlich oft in dunklen, schimmligen und unbeheizten Wohnräumen, können ihren Kindern oft nicht die Teilnahme an Schulaktivitäten zahlen und sind bei den eigenen Freizeitaktivitäten extrem eingeschränkt.
38% der MindestsicherungsbezieherInnen können sich keine mit Kosten verbundenen Freizeitaktivitäten leisten und 19% können es ihren Kindern nicht ermöglichen, an Schulaktivitäten oder Schulfahrten teilzunehmen. Letzteres betrifft bei der restlichen Bevölkerung nur 1%.
Grafik 7: Wohnverhältnisse von Personen/Familien mit und ohne Mindestsicherungsbezug
Vor allem bei den Wohnverhältnissen sind die Unterschiede zwischen MindestsicherungsbezieherInnen und der restlichen Bevölkerung besonders drastisch. 53% der MindestsicherungsbezieherInnen mit Kindern und 29% der MindestsicherungsbezieherInnen ohne Kinder leben in überbelegten Wohnungen. Im Vergleich dazu nur 6% der restlichen Bevölkerung. 47% der Personen mit Mindestsicherungsbezug klagen über Feuchtigkeit, Fäulnis oder Undichtheit und 33% leben in dunklen Räumen. Der Vergleich mit der restlichen Bevölkerung spricht wieder eine klare Sprache der großen Unterschiede: 11% klagen hier über Feuchtigkeit, Fäulnis oder Undichtheit und 6% leben in dunklen Räumen. 14% der MindestsicherungsbezieherInnen können sich keine beheizte Wohnung leisten. Das trifft bei der restlichen Bevölkerung nur auf 2% der Menschen zu.
Trifft die geplante Kürzung auch Menschen mit Behinderung?
Ja, denn MindestsicherungsbezieherInnen sind überdurchschnittlich oft chronisch krank oder haben eine Behinderung, wie die Zahlen der neuesten EU-Sozialstudie belegen. Ein Viertel der BezieherInnen bezeichnet sich als durch eine Behinderung stark beeinträchtigt. Bei Menschen ohne Mindestsicherungsbezug sind es hingegen nur sechs Prozent.
Trifft die geplante Kürzung auch Alleinerziehende?
Teilweise. Die Regierung hat angekündigt, dass Alleinerziehende mehr Mindestsicherung erhalten sollen. Das trifft jedoch nur auf einen Teil der Alleinerziehenden zu – jenen mit Pflichtschulabschluss und bis zu zwei Kindern in Wien, Steiermark, Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich und jenen mit Pflichtschulabschluss und bis zu drei Kindern in der Steiermark, im Burgenland, in Kärnten und in Niederösterreich.
Laut Berechnungen der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende werden 64% der Alleinerziehenden mit dem geplanten Modell der Mindestsicherung jedoch noch tiefer in die Armut gedrängt. Die geplanten Kürzungen treffen Alleinerziehende in Vorarlberg, Tirol und Salzburg schon ab dem ersten Kind. Alleinerziehende mit mehr als drei Kindern erleiden in allen Bundesländern erhebliche Einbußen. Derzeit beziehen 4.626 Alleinerziehenden-Haushalte (17%) mit mehr als drei Kindern Mindestsicherung. In diesen Haushalten leben 12.213 Kinder.
Welche Auswirkungen hat die geplante Kürzung der Mindestsicherung für Kinder und Jugendliche?
101.370 Kinder sind in Österreich derzeit auf die Mindestsicherung angewiesen. Um bis zu 80% will die Bundesregierung die Mindestsicherung für Kinder und Jugendliche kürzen. Die Kürzungen für Kinder würden mehr als die Hälfte der Kinder von Alleinerziehenden sowie alle Kinder, die mit einem Elternpaar im gleichen Haushalt leben, treffen.
Für Kinder und Jugendliche, die in Armut leben, verschlechtern sich die Startbedingungen damit erheblich. Gerade in Österreich ist der Bildungserfolg laut OECD-Studien sehr eng mit dem sozioökonomischen Hintergrund verknüpft. Das heißt, je schlechter eine Familie finanziell und von der Wohnsituation her aufgestellt ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kinder im Bildungswesen sehr schwer tun.
Grafik 8: Familien mit und ohne Mindestsicherungsbezug können sich nicht leisten
Laut der EU-SILC 2015-17 Studie ist es bereits jetzt – noch vor einer etwaigen Kürzung der Mindestsicherung – für 38 Prozent der Haushalte mit Mindestsicherungsbezug nicht möglich, ihren Kindern mit Kosten verbundene Freizeitaktivitäten zu ermöglichen. Bei Haushalten ohne Mindestsicherungsbezug liegt dieser Prozentsatz demgegenüber bei 7 Prozent. In 19 Prozent der Haushalte mit Mindestsicherungsbezug können Kinder an Schulaktivitäten und Schulfahrten aus finanziellen Gründen nicht teilnehmen, wohingegen dieser Prozentsatz bei Haushalten ohne Mindestsicherungsbezug ein Prozent liegt.
Siehe dazu auch: http://www.armutskonferenz.at/blog/blog-2018/kuerzungen-bei-kindern-und-menschen-mit-behinderungen.html
Was droht Menschen ohne Pflichtschulabschluss?
Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass Personen die keinen Pflichtschulabschluss besitzen, um 300 Euro weniger Mindestsicherung im Monat erhalten sollen. Das bedeutet für eine alleinstehende erwachsene Person, dass sie in Zukunft nur noch maximal 563,04 Euro an Mindestsicherung erhält. Davon betroffen wären im Moment zwischen 60.000 und 120.000 Menschen, so Mario Steiner, Bildungsexperte am Institut für Höhere Studien, am 21.06.2018 im Ö1-Morgenjournal. Bei 1,3% der 15-64jährigen ÖsterreicherInnen mit Umgangssprache Deutsch ist die Primarstufe der höchste erreichte Bildungsabschluss, dabei handelt es sich im Moment um etwa 60.000 Personen. Laut Mario Steiner ist das allerdings die niedrigste anzunehmende Zahl, da laut der aktuellen Schulstatistik der Statistik Austria 2,6% der 15-64Jährigen über keinen Pflichtschulabschluss verfügen. Das sind über 120.000 Menschen.
Was droht Menschen, die noch nicht Deutsch auf B1-Niveau sprechen?
Ein Pflichtschulabschluss in Österreich oder Deutschkenntnisse auf B1-Niveau oder Englischkenntnisse auf C1-Niveau bestimmen künftig, ob Menschen die Mindestsicherung in voller Höhe erhalten, oder ob ihnen 300 Euro abgezogen werden. B1 Niveau bedeutet, dass jemand schriftlich und mündlich in der Lage ist die Hauptpunkte von Aussagen und Texten zu verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Sachen aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Die Person kann schriftlich und mündlich über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen abgeben.
Bis jemand B1-Deutschniveau erreicht hat, können, je nach Ausgangsniveau einige Monate oder mehrere Jahre vergehen. Schon jetzt gibt es nicht genug Plätze um die Nachfrage an Deutschkursen zu decken. Ein Mangel an gut zugänglichen und leistbaren Deutschkursen bedeutet in Zukunft, dass Frauen, Männer und Kinder in Österreich für lange Zeit in tiefer Armut leben müssen.
Wie viele Menschen in Österreich beziehen derzeit Mindestsicherung?
Im Jahr 2017 wurden in Österreich insgesamt 307.853 Personen mindestens einmal im Rahmen der bedarfsorientierten Mindestsicherung unterstützt. Das sind in etwa gleich viele wie im Vorjahr. Es beziehen mehr Frauen als Männer Mindestsicherung. Mehr als ein Drittel der BezieherInnen sind Kinder. In Oberösterreich (41%), Tirol (39%) und der Steiermark (38%) ist der Anteil der unterstützten Kinder besonders hoch.
Grafik 9: Anteil von Kindern, Frauen und Männern an den Menschen, die Mindestsicherung beziehen
Die Hälfte der Personen mit Mindestsicherungsbezug hatte die österreichische Staatsbürgerschaft, knapp ein Drittel hatte Staatsbürgerschaften von Nicht-EU-Ländern. 27% waren Asylberechtigte und 4% subsidiär Schutzberechtigte. Vorarlberg und Tirol wiesen sowohl bei den Personen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft als auch bei den asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten BezieherInnen von Mindestsicherung überdurchschnittlich hohe Anteile auf.
Die jährlichen Ausgaben des Staates für die Mindestsicherung betragen derzeit 977 Millionen Euro. Der Anteil der Mindestsicherung an den gesamten Sozialausgaben des Staates liegt damit unter einem Prozent (0,92%), wie auch die folgende Grafik veranschaulicht:
Grafik 10: Gesamte Sozialausgaben und Mindestsicherungsausgaben
Bekommen vor allem Paare mit vielen Kindern Mindestsicherung?
Nein, die Hauptbezugsgruppen sind Alleinstehende (34%), gefolgt von Paaren mit minderjährigen Kindern (34%) und Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern (22%). Nur 10% der Haushalte, die Mindestsicherungsleistungen beziehen, sind Paare mit vier oder mehr Kindern.
Wieviel Geld erhalten BezieherInnen von Mindestsicherungsleistungen?
Die durchschnittliche Höhe der monatlichen Mindestsicherungsleistung lag 2017 bei 516 Euro monatlich für Alleinstehende. Bei Bedarfsgemeinschaften betrug die durchschnittliche Höhe 606 Euro monatlich. In Vorarlberg beträgt die durchschnittliche Leistungshöhe pro Bedarfsgemeinschaft 837 Euro monatlich, in Tirol 715 Euro, in Wien 608 Euro und im Burgenland nur 477 Euro.
Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern und ein starkes West-Ost-Gefälle. Das liegt zu einem gewissen Teil auch an der unterschiedlichen Handhabe von Mietzuschüssen. In Tirol und Salzburg werden diese Mietzuschüsse gestaffelt je nach Wohnsitz (Bezirk) und Personenanzahl zusätzlich ausbezahlt und in Vorarlberg gestaffelt nur nach Personenanzahl und Quadratmetern Wohnfläche. Im bisherigen Vorschlag der Bundesregierung sind demgegenüber keine Mietzuschüsse vorgesehen, laut mündlicher Aussage von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, sollen die Bundesländer einen gewissen Spielraum in Sachen Mietzuschüsse bekommen. Wie genau dieser Spielraum definiert sein wird, ist jedoch noch offen.
Auch bei den Maximalsätzen für alleinstehende Erwachsene bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. In Vorarlberg bekommen erwachsene Alleinstehende derzeit im Maximalfall 1.148,32 Euro im Monat. Der maximale Mindestsicherungsbezug in Wien beträgt für Alleinstehende deutlich weniger, nämlich 863,04 Euro. Ein Elternpaar mit zwei minderjährigen Kindern kommt in Innsbruck im Moment inklusive Mietbeihilfe auf maximal 2.293,12 Euro, in Wien lediglich auf maximal 1.760,60 Euro.
Grafik 11: Mindestsicherungsbezug Maximalsätze für Alleinstehende, deutliches Ost-West-Gefälle
Im Jahr 2015 machten Familien mit zwei Elternteilen und zwei oder mehr Kindern zehn Prozent der in Wien insgesamt unterstützten Haushalte aus. 5,7 Prozent waren Familien mit zwei Elternteilen und drei oder mehr Kindern. Die große Mehrheit – zwei Drittel – sind Alleinstehende bzw. Alleinunterstützte.
Erhalten alle BezieherInnen den maximalen Mindestsicherungssatz?
Nein, 71% sind so genannte Aufstocker, also Menschen mit Teilbezug, die eine Ergänzung zu vorhandenem Einkommen erhalten. Nur 29% der BezieherInnen erhalten den maximalen Mindestsicherungssatz. Die durchschnittliche Höhe der monatlichen Mindestsicherungsleistung je Bedarfsgemeinschaft lag im Jahr 2017 weit unter den maximal möglichen Leistungssätzen, nämlich bei 606 Euro monatlich. Bei Alleinstehenden beträgt die durchschnittliche Höhe 516 Euro monatlich.
Sind alle BezieherInnen von Mindestsicherung arbeitslos?
Nein, nur knapp über ein Drittel der BezieherInnen sind Erwerbsarbeitslose, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Mehr als die Hälfte sind nicht arbeitsfähig, weil sie Kinder oder alte Menschen sind oder eine Krankheit haben oder Kinder betreuen bzw. kranke Angehörige pflegen. 8% der BezieherInnen sind Erwerbstätige, die ein niedriges Einkommen auf die Höhe der Mindestsicherung aufstocken. 1% sind Lehrlinge, die eine Lehrlingsentschädigung aufstocken. Bei 5% ist die Arbeitsfähigkeit in Abklärung oder es gibt eine fehlende Arbeitsgenehmigung oder es wird das Integrationsjahr absolviert.
Grafik 12: Prozentverteilung nach Erwerbsstatus
Sind die meisten BezieherInnen dauerhaft auf Mindestsicherungsleistungen angewiesen?
Im Jahr 2017 betrug die durchschnittliche Verweildauer in der Mindestsicherung für Bedarfsgemeinschaften 8,5 Monate. Bei 17% der unterstützten Haushalte betrug die Verweildauer weniger als drei Monate. 69% der MindestsicherungsbezieherInnen wurden 2017 länger als ein halbes Jahr unterstützt, 15% vier bis sechs Monate lang. Allerdings gibt es auch Personen, die kaum eine Chance für einen Ausstieg aus der Mindestsicherung haben, wie z.B. Personen im Pensionsalter, kranke Menschen und Menschen mit erheblicher Behinderung.
Erhalten Frauen und Männer, die Mindestsicherung beziehen, mehr Geld als PensionistInnen?
Nein. BezieherInnen von Mindestsicherungsleistungen sind grundsätzlich schlechter gestellt als BezieherInnen von staatlichen Pensionsleistungen. PensionistInnen erhalten ihre Pensionszahlungen 14-mal jährlich, BezieherInnen von Mindestsicherungsleistungen haben hingegen im Regelfall nur 12-mal jährlich Anspruch auf die Mindestsicherung. Zudem sind an den Erhalt der Mindestsicherung strenge Bedingungen geknüpft. So muss etwa das eigene Vermögen bis auf einen Freibetrag von 4.315,20 Euro aufgebraucht sein. Es kann jedoch vorkommen, dass einzelne PensionistInnen, die aufgrund von z.B. Kindererziehung und Teilzeitarbeit nicht genug Beitragsjahre haben und mit ihren EhepartnerInnen im gleichen Haushalt leben, als Einzelperson weniger bekommen als MindestsicherungsbezieherInnen, weil das gesamte Haushaltseinkommen als Berechnungsgrundlage für die Ausgleichszulage herangezogen wird.
Sind alle BezieherInnen von Mindestsicherung nahezu mittellos?
Ja. Wer Mindestsicherung bekommen will, darf nicht mehr als 4.315,20 Euro an Vermögen besitzen. Ein vorhandenes Auto muss verkauft werden – außer es ist nachgewiesenermaßen berufs- bzw. behinderungsbedingt notwendig. Einzige Ausnahme vom Gebot der Vermögenslosigkeit ist eine als Hauptwohnsitz genutzte Eigentumswohnung bzw. Einfamilienhaus (Häuslbauer) und die darin befindliche Einrichtung. Allerdings nimmt die Behörde nach sechs Monaten Mindestsicherungsbezug eine grundbücherliche Sicherstellung vor und erhält das Pfandrecht auf die Wohnung bzw. das Haus. Dieses Pfandrecht verjährt nicht und geht auch auf die Erben über.
Welche Bedingungen sind an den Erhalt der Mindestsicherung geknüpft?
Die Bedingungen lauten: Arbeitsbereitschaft, kein privates Vermögen über 4.315,20 Euro und keine über die Mindestsicherung hinausgehenden Einkünfte. Wer Einkünfte hat, die unter der Mindestsicherung liegen, kann auf die Höhe der Mindestsicherung aufstocken. Das heißt, die geplante Kürzung der Mindestsicherung trifft auch erwerbstätige Menschen, die eine niedrig bezahlte Arbeit haben und bisher auf die Höhe der Mindestsicherung aufstocken konnten. Die Regierung plant zusätzliche Bedingungen für den Erhalt der vollen Mindestsicherung: So soll in Zukunft nachgewiesen werden müssen, dass entweder ein Pflichtschulabschluss vorhanden ist oder schriftlich und mündlich Deutsch auf B1-Niveau bzw. Englisch auf C1-Niveau beherrscht wird. Wer diese Bedingungen nicht erfüllt, erhält eine um 300 Euro geringere Mindestsicherung. Eine alleinstehende erwachsene Person ohne Pflichtschulabschluss bekäme somit nur noch maximal 563,04 Euro im Monat.
Was haben Berufstätige von der Mindestsicherung?
Die Mindestsicherung schützt viele Berufstätige vor dem Abrutschen in tiefe Armut. Fast 18.000 BezieherInnen der Mindestsicherung sind sogenannte „Aufstocker“, also Menschen die trotz Erwerbstätigkeit ein so niedriges Einkommen haben, dass dieses durch Leistungen aus der Mindestsicherung aufgestockt werden muss, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Darüber hinaus schützt die Mindestsicherung mittellose Menschen, die ein geringes Einkommen haben, im Falle eines Jobverlustes vor tiefer Armut. Eine Kürzung der Mindestsicherung trifft daher auch Berufstätige und Personen, die ihren Job verlieren. Besonders hart treffen würde eine Kürzung der Mindestsicherung die BezieherInnen von Notstandshilfe. Denn die Regierung plant die Abschaffung der Notstandshilfe und stattdessen das Abrutschen in die Mindestsicherung.
Welche Vorteile haben Personen mit einem Lohn, der nur knapp über der Mindestsicherung liegt, gegenüber MindestsicherungsbezieherInnen?
Personen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen, erhalten neben ihrem Lohn auch das 13. und 14. Gehalt (Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Die Mindestsicherung wird demgegenüber im Regelfall nur 12-mal im Jahr ausbezahlt. Zudem werden Personen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen, ihre Dienstjahre für die Pensionszeiten angerechnet. MindestsicherungsbezieherInnen können sich hingegen keine Pensionszeiten anrechnen lassen. Ihnen droht tiefe Armut im Alter, insbesondere, wenn es zu Kürzungen der Mindestsicherung kommt. Denn Mindestsicherung erhält nur, wer mittellos ist, also über nahezu keine Vermögenswerte verfügt. Zu guter Letzt können MindestsicherungsbezieherInnen den Kinderabsetzbetrag in der Höhe von 58,40 Euro pro Monat und Kind im Gegensatz zu Erwerbstätigen nicht geltend machen.
Welche Vorteile haben Personen, die Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen, gegenüber Personen, die Mindestsicherung beziehen?
Wer Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezieht, darf im Unterschied zu Personen, die Mindestsicherung beziehen, geringfügig etwas dazuverdienen, ohne dass dafür Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gekürzt werden. 2018 liegt die Geringfügigkeitsgrenze bei 438,05 Euro brutto.
Des Weiteren werden die Zeiten, in denen jemand Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezieht, auf dem Pensionskonto als Beitragszeiten angerechnet. Die Beitragszeiten, die während eines Arbeitslosengeldbezuges erworben werden, werden mit 70% der Beitragsgrundlage bewertet, die für die Bemessung des Arbeitslosengeldes herangezogen wurde. Zeiten des Bezuges von Notstandshilfe werden mit 64 % der Beitragsgrundlage bewertet. Im Gegensatz dazu, werden die Zeiten, in denen Mindestsicherung bezogen wird, nicht für die Pension angerechnet. Es droht tiefe Armut im Alter, insbesondere, wenn es zur von der Regierung geplanten Kürzung der Mindestsicherung kommt.
Kann der Bund in Sachen Mindestsicherungskürzung über die Bundesländer drüberfahren?
Der Bund hat laut Verfassung die Grundsatzkompetenz in der Armutsbekämpfung. Das bedeutet, dass die Bundesregierung und das von ihr dominierte Parlament, den Bundesländern in punkto Mindestsicherung Vorgaben machen kann. Bis Ende 2016 regelte noch eine so genannte 15a-Vereinbarung einheitliche Mindeststandards für ganz Österreich. Dass diese Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern ausgelaufen ist und nicht verlängert wurde, lag vor allem daran, dass einzelne Bundesländer (z.B. Oberösterreich und Niederösterreich) niedrigere Mindeststandards verlangten. Die Bundesregierung hat allerdings nicht völlig freie Hand bei der Regelung der Mindestsicherung. Es gilt verfassungsrechtliche sowie europarechtliche Bestimmungen einzuhalten und den Bundesländern einen gewissen Spielraum zu gewähren.
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Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom friedlichen Widerstand, Klaus Schreiner
Don´t be part of the problem! Be part of the solution. Sei dabei! Gemeinsam sind wir stark und verändern unsere Welt! Wir sind die 99 %!
“Wer behauptet, man braucht keine Privatsphäre, weil man nichts zu verbergen hat, kann gleich sagen man braucht keine Redefreiheit weil man nichts zu sagen hat.“ Edward Snowden
Hier noch eine kurzes Video zur Erklärung der Grafik Gewaltspirale der US-Kriege
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GRUNDLAGENWERKE zu 09/11 – die ein Aufwachen garantieren:
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