Bitte leise betteln! Wir schließen die Armut aus? Aus den Augen aus dem Sinn? Können wir uns nicht mehr in die Lage von anderen Menschen versetzen?

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck, 2014-03-05

Liebe BlogleserIn,

hier aus einer meiner Lieblingsquellen gefischt: http://www.zeit.de/2014/10/bettelverbot-oesterreich-wien

in Tirol, wurden die „Bettelgesetze“ auch verschärft!!! siehe HIER: 

http://www.aktivist4you.at/2013/11/09/die-schwarz-gruenen-im-tiroler-landtag-beschliessen-ueber-die-bevoelkerung-hinweg-im-namen-oeffentlicher-sicherheit-und-ordnung-werden-kombiniert-mit-lang-tradierten-und-rassistischen-vorurteilen-viel/

und hier: 

http://www.aktivist4you.at/2013/11/09/armut-und-ausgrenzung-verhindern-statt-betteln-kriminalisieren-ein-solidarischen-umgang-mit-bettelnden-menschen-christlich-sozial-fair-betrachtet/

hier der aktuelle ZEIT.de Artikel:

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Bitte leise betteln!

Mit kreativen Anti-Bettelgesetzen wird immer stärker versucht, die Armut unsichtbar zu machen. Nur zaghaft regt sich dagegen in den Parteien Widerstand VON MARIA STERKL

DIE ZEIT Nº 10/2014 Aktualisiert 27. Februar 2014  07:00 Uhr

Sitzen, frieren und die Hand aufhalten ist erlaubt. Herumgehen, Passanten ansprechen – eher nicht. So hat man es Georgi Valchev (Name geändert, d. Red.)erklärt. Lieber schön ruhig sitzen bleiben, neben der Mülltonne am Wiener Stephansplatz. Wer weiß, welcher Geschäftsbesitzer sonst wieder die Polizei ruft. Lieber riskieren, dass das Bein einschläft, als wieder einen Strafzettel einstecken zu müssen und den Tageserlös in der Hosentasche des Ordnungshüters verschwinden zu sehen. Wenn Österreich das Land der rigiden Gewerbeordnungen ist, dann ist das Betteln die strengste Zunft.

Jedes Bundesland darf selbst entscheiden, wie es mit Bettlern umgeht. Nur eines ist tabu: Das Betteln samt und sonders zu verbieten sei „in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig“, erklärte der Verfassungsgerichtshof im Jahr 2012. Die Politik scheint anderer Meinung zu sein. Die Bundesländer haben sich ausgefeilte Regeln ausgedacht, die es der Polizei leicht machen, gegen Bettler vorzugehen. Gebettelt wird trotzdem weiterhin. Es ist nur teurer geworden. 

Valchev muss 319 Euro bezahlen. Oder müsste. Der Polizeibeamte, der den Betrag fein säuberlich in die Ziffernzeile des Erlagscheins eingetragen hat, weiß, dass der 71-jährige Bulgare die Summe niemals begleichen wird, weil er nichts besitzt. Bestraft wird trotzdem. Valchev, so der Vorwurf, habe auf dem Stephansplatz mit seiner Krücke auf den Steinboden geschlagen, um auf sich aufmerksam zu machen. Auch habe er einen Passanten an der Jacke gezerrt. Valchev bestreitet das: Er sei doch nicht blöd. Still dagesessen sei er, mit seinem Schild und einem Pappbecher, sonst nichts. Aussage steht gegen Aussage, die Beweislast liegt bei Valchev, doch der hat keine Zeugen. Die Polizisten hätten ihn mitgenommen, erzählt Valchev, im Polizeikommissariat hätten sie ihn aufgefordert, sich auszuziehen, bis auf die Unterhose. Auch die anderen fünf Bettler, die dabei waren und die er nicht kannte, mussten ihre Kleidung abgeben und zuschauen, wie die Beamten ihre Hosentaschen nach Kleingeld absuchten. Bei Valchev fanden sie zwei Euro in kleinen Münzen. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich vor Polizisten ausziehen musste, erzählt Valchev. Und auch nicht das erste Mal, dass er seinen Tageserlös im Polizeiwachzimmer abliefern muss.

Die Länder eifern wie in einem Wettbewerb um das strengste Bettelgesetz. Bis zu 700 Euro Strafe drohen Bettlern in Kärnten, wenn sie „aufdringlich betteln“, in Niederösterreich sind es bis zu 1000 Euro. Was als aufdringlich gilt, unterliegt landeskulturellen Unterschieden. Wer im steirischen Mürzzuschlag bettelt, wird für „Anfassen, unaufgefordertes Begleiten und Beschimpfen“ bestraft. 27 Kilometer östlich im niederösterreichischen Gloggnitz sollte man „jede Aktivität, die über das bloße kein Hindernis bildende Sitzen oder Stehen hinausgeht“, unterlassen. Den Tirolern wiederum scheint das „lautstarke Klagen“ ein besonderes Ärgernis zu sein – sie schrieben es eigens ins Gesetz. Auch hierfür drohen bis zu 500 Euro Strafe.

Wer strafen möchte, finde im Gesetz etwas, meint der Jurist

Die Wiener Regelung hält sich mit Definitionen nicht lange auf. Zu bestrafen sei, wer „an einem öffentlichen Ort in aufdringlicher oder aggressiver oder gewerbsmäßiger Weise oder als Beteiligter an einer organisierten Gruppe um Geld oder geldwerte Sachen bettelt“, heißt es hier. Was das bedeutet, weiß niemand. Ist eine Gruppe, die gemeinsam in einem Kleinbus in die Großstadt reist, schon organisiert im Sinne des Paragrafen? Ist eine Frau, die auf der Straße singt, eine „aufdringliche“ Bettlerin oder doch eine „gewerbsmäßige“, weil das Betteln ihr Hauptverdienst ist – oder gar beides?

Wer unbedingt Strafen verhängen wolle, finde im Wiener Gesetz immer die passende Passage dafür, meint Ronald Frühwirth, ein engagierter Grazer Jurist, der in seiner Freizeit die Strafverfügungen von Bettlern auf Österreichs Straßen bis zu den Höchstgerichten bekämpft. Er erzählt von Bettlern, die wegen „aufdringlichen Bettelns“ abgestraft wurden, weil sie ihren Pappbecher nicht nahe am Körper, sondern in der ausgestreckten Hand hielten. Frühwirth und die Initiative „Bettellobby“ verlangen, dass die Judikatur der Exekutive Schranken setzt, die der Gesetzgeber absichtlich offen gelassen hat. In anderen Rechtsbereichen wäre das längst passiert. Bettlern fehlt der Zugang zum Rechtssystem, um Bescheide bis zur letzten Instanz zu bekämpfen. Böse Stimmen meinen, die Gesetzgeber hätten mit dieser Tatsache spekuliert.

In mehreren Städten und Ländern wird indes wieder über neue Gesetzeskeulen gegen das Betteln nachgedacht. So beschloss der Grazer Gemeinderat im November mit hauchdünner Mehrheit, sektorale Bettelverbote ohne Einschränkungen verfassungsrechtlich prüfen zu wollen. In der Stadt Salzburg, wo am 9. März ein neuer Gemeinderat gewählt wird, hat die ÖVP die „Bettelbanden“ zum Leitmotiv ihrer Wahlkampagne erklärt. Salzburgtouristen sollen beim Abklappern der Souvenirläden in den engen Innenstadtgassen nicht von frierenden Roma abgelenkt werden – dafür macht sich die Volkspartei stark. So stark, dass es sogar ÖVP-Freunden zu viel wurde. Sepp Forcher, der gute Volksmusik-Großonkel aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, hatte im Vorjahr noch den ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll in Niederösterreich unterstützt, jetzt erklärt er sich solidarisch mit den Salzburger Bettlern. Gegen diese armen Kerle zu hetzen sei „einer Partei, die sich auf christlich-soziale Wurzeln beruft, nicht würdig“, schrieb auch der Salzburger Caritasdirektor Johannes Dines in einem offenen Brief an den ÖVP-Chef der Mozartstadt. Doch der lässt sich nicht beirren. Wo Wahlkampf herrscht, hat das Bettlerthema Hochsaison.

Bitte leise betteln!

Die Wiener SPÖ verschärfte 2010 die Bettlerregelung, die FPÖ jubelte

Bettler provozieren. Die arme alleinerziehende Mutter aus der gefühligen TV-Reportage rührt uns zu Tränen, lässt uns Spendenhotlines anrufen und Herzensgüte beweisen. Sitzt dieselbe Mutter morgens am Fußboden neben dem Backshop, wo wir Cappuccino holen, so werden viele abgestoßen: Schon wieder dieses Elend, noch vor dem Frühstück.

Die Wiener SPÖ verschärfte 2010 die Bettlerregelung, die FPÖ jubelte

Bettler fordern zu schnellen Entscheidungen auf: Wenn man dem Mann an der Ecke etwas gibt, der Frau in der U-Bahn-Station aber nicht, ist das gerecht? Bettler fordern eilige Passanten heraus, weil sie sich nicht verstecken. Weil sie die Hand ausstrecken, anstatt zu warten, dass sich eine milde Gabe zu ihnen verirrt. Obendrein signalisiert ihre Präsenz, dass sozialer Abstieg alle treffen kann.

Wer derlei Gedankenpein vermeiden will, hält es am besten mit dem Wiener FPÖ-Gemeinderat Johann Gudenus: Bettler seien ausnahmslos Opfer von Menschenhändlern, eine Spende an sie komme einem Geschenk an kriminelle Hintermänner gleich, sagte der Mandatar am 26. März 2010 im Wiener Landtag. An jenem Tag beschlossen die Abgeordneten die jüngste Verschärfung der Wiener Bettlerregelung. Gudenus hielt ein für Freiheitliche untypisches Plädoyer für Menschenrechte und „die Kinder aus dem Osten“, lobte die Gesetzesverschärfung, die nun auch das „gewerbsmäßige Betteln“ bestrafte. Kritiker sahen in dem Gesetz eine Handhabe, um künftig all jene Menschen zu bestrafen, die öfter als einmal beim Betteln erwischt wurden. „Das ist wieder ein Erfolg“, frohlockte Gudenus.

Eingebracht wurde der Initiativantrag jedoch nicht von den Freiheitlichen, sondern von Nurten Yılmaz, der Integrationssprecherin der Sozialdemokraten. Auch sie verwies auf „Hintermänner“, die am Betteln mitverdienten. Wer den Kriminellen das Handwerk legen wolle, müsse bei den Bettlern anfangen. Die Drahtzieher erwische man ohnehin nicht. Kritiker wiesen darauf hin, dass es für diese Zwecke bereits Gesetze gegen Menschenhandel gebe – man brauche sie nur anzuwenden.

Seit dieser Verschärfung steigen die Anzeigen wegen verbotenen Bettelns in Wien stetig an. 2013 wurden mehr als 1600 Strafverfügungen verhängt. Manche Bettler könnten sich aus der Menge ihrer Strafbescheide schon einen kleinen Sitzpolster basteln. Erst im vergangenen Dezember saß Georgi Valchev neun Tage lang im Gefängnis – die Ersatzfreiheitsstrafe für mehrere Bettelstrafen. Während das Gesetz für die Höchststrafe von 700 Euro eine einwöchige Ersatzhaft vorsieht, verhängt die Exekutive gerne einmal sechs Tage Freiheitsstrafe für 300 Euro. „Das ist eindeutig unverhältnismäßig“, sagt Frühwirth.

Obwohl das Bettelgesetz den Polizisten viel Freiraum lässt, das Betteln zu bestrafen, beweisen diese oft noch zusätzlich Kreativität: Sie verteilen zwei Strafen gleichzeitig. Sie strafen Bettler, die beim U-Bahn-Eingang kauern, zusätzlich nach dem Eisenbahngesetz und jene, die in der Einkaufsstraße sitzen, auch nach Paragraf 78c der Straßenverkehrsordnung – „Behindern des Fußgängerverkehrs“. In beengten Verhältnissen mag das berechtigt sein – auf der Wiener Mariahilferstraße, die vor Monaten zur Begegnungszone erklärt worden ist, eher nicht. Einem älteren Herrn, der dort seiner Tätigkeit nachging, überreichten die Beamten eine Strafverfügung von über 300 Euro. Wer in Wien mit 70 Stundenkilometern durch das Stadtgebiet braust, kann mit bis zu 60 Euro Strafe rechnen.

Vier Jahre nach der letzten Verschärfung des Wiener Bettelgesetzes verliert kaum jemand mehr darüber ein Wort. Die Wiener haben wichtigere Themen gefunden. Nurten Yılmaz, die den Antrag im Landtag eingebracht hatte, sitzt mittlerweile für die SPÖ im Nationalrat. „Wir sind an die Grenzen gegangen“, sagt sie rückblickend. Ob das Gesetz die Falschen trifft, die Schwächsten? „Ich kann es nicht einschätzen. Diese Frage stellt sich bei solchen Gesetzen immer.“

Die Wiener FPÖ ruft derweil nach noch härteren Strafen. „Es ist höchste Zeit, dass auch die rot-grünen Ignoranten in der Stadtregierung erkennen, dass sie mit ihrem Befürworten der Bettelei und ihrer Toleranz gegenüber den Mafiabossen immer nur weitere Opfer produziert“, erklärte Johann Gudenus in einer Presseaussendung Ende Jänner. „Wir Freiheitliche haben fertige Konzepte in der Schublade.“ Im kommenden Jahr wird in Wien gewählt.

Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom friedlichen WiderstandKlaus Schreiner

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