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An alle Volksvertreter, fehlende Gewaltentrennung fachlich und ausführlich erklärt! Europarat fordert…

Allen Volksvertretern im Lande

speziell auch den Justizausschüssen der Parteien 

Sehr geehrte VolksvertreterInnen,

sehr geehrter Verfassungssprecher Herr Wolfgang Gerstl,

sehr geehrte Verfassungssprecher der anderen Parteien, 

hiermit möchte ich aufgrund unserer demokratiebedenklichen Umständen (zahlreiche Skandale, Machtkonzentration, fehlende Gewaltentrennung, etc.) folgende Belange zur fehlenden Gewaltentrennung in unserer Justiz zur Diskussion stellen und erhoffe mir eine europagerechte Lösung unserer Umstände. Weiters erwarte ich für alle Bürger einen Antrag von redlichen Abgeordneten über den Inhalt dieses Schreibens, um die bestehenden Missstände in unserem Staate bei der Schnittstelle Politik/Justiz vor allem in der Strafjustiz und bei den untergeordneten Staatsanwaltschaften in den rechtlichen Griff zu bekommen. 

Das Volk muss auf die Unabhängigkeit seiner Justiz vertrauen dürfen. Ein Volk, das dieses Vertrauen nicht hat, begegnet in der Folge jedwedem staatlichen Handeln mit Skepsis und misstraut seinem Staatswesen. Es wird sich an der politischen Willensbildung kaum noch beteiligen wollen. Demokratiemüdigkeit, die auf bloße Organisationsmängel zurück zu führen ist, ist nicht hinnehmbar und muss bekämpft werden. 

In diesem Sinne und als Element des Kernthemas Transparenz“ stellt diese Aufforderung zur Diskussion keine thematische Erweiterung dar. Dies trägt der politischen Wirklichkeit Rechnung und ist eine Anregung für eine zeitgemäße und zukunftsfähige Organisation der österreichischen Strafverfolgung, die sie endlich befreien muss von abhängigen Prinzipien und Strukturen. 

Der Europarat nimmt zwar hin, dass die Mitgliedsländer ihre Staatsanwaltschaften weisungsabhängig und weisungsfrei organisieren. Er fordert jedoch, dass im Fall einer von der Exekutive abhängigen Staatsanwaltschaft aber auch sichergestellt sein muss, dass die Staatsanwaltschaft ohne jede Behinderung wegen aller Straftaten gegen diejenigen ermitteln können, die für den Staat handeln, insbesondere wegen Korruption, Amtsmissbrauch, offensichtlicher Verletzung der Menschenrechte und wegen Verstoß gegen das Völkerstrafrecht. 

Es kann keine Rede davon sein, dass diese Forderung in Österreich erfüllt ist. Das (externe) Weisungsrecht der Justizminister steht dem entgegen. Und dieses BM-Justizminister-Weisungsrecht kann auch politisch verwendet und dadurch jur. miss verwendet werden – möglicherweise bei den Inseraten „ÖBB und ASFINAG im gewollten hohem Ausmaß von Hr. BK Faymann in der Höhe von € X?-Milliönchen“ – es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung, aller unserer lieben Politiker und deren Freunde (eingesetzten Aufsichtsräte/Vorstände/Geschäftspartner aber hier auch unsere Justizministerin), welche der Versuchung möglicherweise…aufgrund unzureichender Regelungen, für welche Sie selbst (Politiker) zuständig sind und war!, nicht widerstehen (haben) können… 

Die selbstbestimmte Parteienfinanzierung/Politikerfinanzierung samt Medienfinanzierung inkl. politischen Imagekampagnen (vom Bürger bezahlt) und angenehmer teilweise ungeregelter Lobbyistenumgang (Notare, Anwälte & Co) verleitet halt die Agierenden bei ungenügenden Regelungen der Versuchung zu… wie auch am weitgehend ungeregeltem Finanzmarkt (weltweit) und deren Teilnehmer die Wünsche nach Profit und …. L ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl verfolgen….) 

Die Unterordnung der Staatsanwaltschaften in der Hierarchie unter dem BM für Justiz ist für die „gleiche Strafverfolgung“ unter allen Bürgern selbst Politiker und deren Freunde leider auch nicht immer gegeben. Gegenwärtig läuft die österreichische Staatsanwaltschaft Gefahr, den Kampf gegen die Wirtschaft- und organisierte Kriminalität – und damit meine ich auch immer wieder auftretende Fälle von Kriminalität durch oder mit Duldung der Politik – auf Dauer zu verlieren. 

Vor Zehn Jahren sind in Österreich mehr als 1.000 RICHTER auf die Straße gegangen und haben VERGEBENS gegen POLIT-INTERVENTIONGEN protestiert. (ein Umstellung der Justiz im Bereich der Staatsanwaltschaften und Einführung von einem Richterrat wie in Europa üblich, hätte uns die zahlreichen Geldverwendungen (Skandale) durch unsere Politiker erspart…und wir hätten möglicherweise auch vermehrt gerichtliche Verurteilungen sowie daraus PRÄVENTION … 

Große Korruptionsfälle
(Kärntner Stadion-Affäre, Rumpolds Eurofighter-Scheinrechnungen, Gerhard Dörflers Ortstafel Frechheiten, Strasser Postenschacher-Mails) wurden schneller entsorgt als man „Korruptionsoase“ sagen konnte. (aber auch manche Fälle hinausgezögert und …) 

Die Strafverfolgung in Österreich bedarf deshalb einer tiefgreifenden Umgestaltung. 

Die gegenwärtige Situation ist auch davon geprägt, dass Kriminalität zum Teil nur verwaltet, aber in einigen wesentlichen Bereichen nicht mehr verfolgt werden kann. (…Korruption – Verjährung, etc.) 

Derzeit wird die Arbeitskraft der Staatsanwälte mit der Bearbeitung von Bagatell- und Massendelikten zu stark gebunden. Eine wirksame Strafverfolgung findet darüber hinaus allenfalls bei schweren Gewalttaten statt. 

Eine nachhaltige Verbesserung der Situation kann nur durch Einrichtung einer von der Politik unabhängigen Staatsanwaltschaft erreicht werden.“ 

Es ist allgemein anerkannt, dass die Strafrechtssprechung nur durch unabhängige, von politischen Einflüssen freie Gerichte wahrgenommen werden kann. Aus den gleichen Gründen kann eine effektive Strafverfolgung nur durch unabhängige Staatsanwälte stattfinden. 

Die Staatsanwaltschaft ist (wäre), wie der Goldpreis in der Wirtschaft, ein Frühwarnsystem für gesellschaftliche Fehlentwicklungen (z. B. rechte Gewalt, Korruption im öffentlichen Dienst, Menschenhandel), versagt aber gerade, wie auch die Gerichte, bei dieser Aufgabe. 

Die Staatsanwaltschaft wacht darüber, dass die Polizei als Teil der Exekutive bei Ihren Ermittlungen die Rechte der Bürger wahrt. Die Staatsanwaltschaft wacht damit auch darüber, dass die Exekutive sich an die Strafgesetze hält. Es ist widersinnig, das der Justizminister, selbst ein Teil der Exekutive, mit Hilfe des Weisungsrechts den Wächter überwacht. 

Die Gerichte und die Staatsanwaltschaften sind in gleicher Weise dafür verantwortlich, dass sich der Geltungswille und der Geist des Rechts in allen Abschnitten des Verfahrens behaupten und alle aus dem Bereich der politischen Macht kommenden, die Sache der Justiz störenden Einflüsse abgewehrt werden. 

Die (Ober-)Staatsanwaltschaft ist nicht Recht sprechende Gewalt in dem Sinn, das sie in einem kontradiktorischen Verfahren Konflikte auch gegen den Willen der Beteiligten rechtskräftig beendet. Aber sie filtert, kanalisiert und steuert die Konflikte, die überhaupt von den Strafgerichten zur Entscheidung kommen. Die übrigen beendet sie selbst. Deshalb übt sie Recht sprechende Gewalt aus und ist damit Teil der Judikative. 

Das Mittel, mit welchem die Verfassung die Gerichte befähigt, die aus dem Bereich der Macht kommenden, die Justiz störenden Einflüsse abzuwehren, ist die Unabhängigkeit. Diese Mittel fehlt der Staatsanwaltschaft. Weil sie so intensiv an der Strafrechtspflege teil hat, müssen, damit die Recht sprechende Gewalt ihre Aufgabe erfüllen kann, die Staatsanwälte so unabhängig werden wie die Richter. 

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Unsere Österreichische Richtervereinigung „outet“ sich auf der Homepage folgendermaßen:

Beinhaltet nicht die Rolle der untergeordneten Staatsanwaltschaften aber …… 

Staatsgewalten und Gewaltentrennung

Zur Wahrung der Ordnung im Inneren und zur Erhaltung des Schutzes nach außen muss ein Staat Macht ausüben. Die Staatsgewalt ist die unmittelbare, oberste, umfassende und ausschließlich geordnete politische Herrschaftsgewalt in einem Staat. Die Staatsgewalt wird in die drei klassischen Staatsfunktionen eingeteilt:

  • Gesetzgebung (Legislative)
  • Verwaltung (Exekutive)
  • Gerichtsbarkeit (Justiz)

Die Funktion der Gesetzgebung ist im Wesentlichen die Erlassung genereller, allgemein gültiger Rechtsvorschriften (gesetztes Recht oder Gesetze). Diese Gesetze formulieren allgemeine Tatbestände und knüpfen daran Rechtsfolgen (z.B.: „Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von … zu bestrafen“) oder definieren die Voraussetzungen, unter denen ein bestimmter Erfolg (z.B. das Zustandekommen eines Vertrages) eintritt.

Die Funktion der Vollziehung ist die Anwendung der Gesetze auf den Einzelfall und ihre Durchsetzung, notfalls mit Zwangsgewalt. Zur Vollziehung gehören Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Diese unterscheiden sich aber grundlegend in der Stellung ihrer Organe. Während die Verwaltung weisungsgebunden agiert, sind die Gerichte bei ihrer Entscheidung vollkommen unabhängig.

Das Prinzip der Gewaltentrennung:

Die Grundsätze des Gedankens, auf denen das staatspolitische Modell der Gewaltentrennung beruht, lassen sich über Montesquieu bis in das antike Griechenland (Aristoteles) zurückverfolgen. Das gewaltentrennende Prinzip beruht auf dem Gedanken, dass man die politische Macht teilen muss, um ihren möglichen Missbrauch zu verhindern. Das bedeutet, dass die staatlichen Funktionen getrennt werden müssen, um die Freiheit des Einzelnen vor dem Machtmissbrauch eines ungezügelten Machtträgers zu sichern.

Diesem Grundprinzip entsprechend erfolgt die Aufteilung der Staatsgewalt in die drei Staatsfunktionen, die sich gegenseitig kontrollieren sollen. Das setzt aber voraus, dass für die drei Funktionen jeweils eigene Organe bestehen und diese nur jeweils in einer Funktion tätig sind.

Das Modell der Gewaltentrennung lebt von der gegenseitigen Unabhängigkeit der drei Staatsgewalten und deren wechselseitiger Kontrolle. Tatsächlich ist diese nicht immer vollständig gegeben. Besonders zwischen Gesetzgebung und Verwaltung gibt es zahlreiche Verflechtungen. So beherrschen die politischen Parteien Parlament und Regierung und beschränken ihre Tätigkeit nicht auf den parlamentarischen Gesetzwerdungsprozess, wie dies vom System her eigentlich gedacht wäre, sondern nehmen auch direkt auf die Vollziehung Einfluss.

Je mehr aber Gesetzgebung und Verwaltung verschmelzen, desto mehr Bedeutung erlangt eine echte Unabhängigkeit der Justiz. Es ist daher besonders wichtig, dass die Besetzung der Richterstellen frei von parteipolitischem Einfluss bleibt. Für die Justizverwaltung, die Staatsanwaltschaft und den Strafvollzug ist der Justizminister oberstes Weisungsorgan. In den letzten Legislaturperioden gehörte auch der Justizminister, der Mitglied der Regierung ist, keiner politischen Partei an. Die Unabhängigkeit der Justiz wurde somit auch von Seiten der politischen Parteien als wichtiger Faktor angesehen. Besetzung der Richterstellen frei von parteipolitischem Einfluss bleibt. Für die Justizverwaltung, die Staatsanwaltschaft und den Strafvollzug ist der Justizminister oberstes Weisungsorgan. In den letzten Legislaturperioden gehörte auch der Justizminister, der Mitglied der Regierung ist, keiner politischen Partei an. Die Unabhängigkeit der Justiz wurde somit auch von Seiten der politischen Parteien als wichtiger Faktor angesehen.

Die Rolle der Medien:

Eine wesentliche Rolle bei der Verteilung der staatlichen Macht spielen die Medien, von vielen deshalb als vierte Staatsgewalt bezeichnet, obwohl sie definitionsgemäß natürlich keine Gewalt, sondern allenfalls Einfluss haben. Ihr faktischer Einfluss darf aber nicht unterschätzt werden, sind doch die Parteien insbesondere bei der Wahlwerbung maßgeblich von den Medien abhängig. Umgekehrt wird auch immer wieder versucht, die Medien wirtschaftlich unter Kontrolle zu bringen und damit den freien Journalismus einzuschränken. Es gibt also auch hier keine starren Fronten, sondern es herrscht ein ständiges Wechselspiel, ohne dass man immer durchschauen könnte, wer gerade welchen Einfluss ausübt. Oft wird auch beklagt, dass die Medien auf den Ausgang bestimmter Gerichtsverfahren Einfluss zu nehmen versuchen. Meist handelt es sich dabei um spektakuläre Strafverfahren mit Laienrichterbeteiligung, wo es im Vorfeld des Verfahrens schon eine ausführliche Berichterstattung über den Fall gegeben hat. Dabei wird aber übersehen, dass es den Medien im allgemeinen nicht um die Herbeiführung einer bestimmten Entscheidung geht, sondern nur um möglichst aktuelle, umfassende, und manchmal auch „reißerische“ Berichterstattung zur Erhöhung der Leserzahlen.

Dieser Berichterstattung sind natürlich auch die Richter ausgesetzt. Der Einfluss darf aber nicht überschätzt werden, ist doch der Richter gewohnt, dass man ihn ständig von allen Seiten (Rechtsanwalt, Staatsanwalt, Parteien) von etwas überzeugen will; es gehört zu seinem Beruf. Überdies ist in der Regel gerade bei diesen medienwirksamen Fällen das Verfahren so ausführlich, dass sich auch allfällige Laienrichter ein eigenes Bild machen können.

Der „politische“ Richter:

Leider gibt es vereinzelt Richter, die ein politisches Amt ausüben. Dies stellt, abgesehen von der Befangenheitsproblematik einen Fall der unerwünschten Verquickung der Staatsgewalten dar. Die Richtervereinigung vertritt daher schon seit langer Zeit den Standpunkt, dass sich Richter während ihrer Aktivzeit solcher Tätigkeiten zu enthalten haben. Dies wurde auch in den Salzburger Beschlüssen

Meiner Meinung unsere noch fehlende Gewaltenteilung und Gewaltentrennung verhindert dann auch Machtkonzentration und Korruption (inkl. deren Anfälligkeit!!)

Grundprinzipien 

Inwieweit die Richter tatsächlich unabhängig sind und über den Einfluss früherer Entscheidungen.

Die Gerichtsbarkeit stellt neben der Gesetzgebung und der Verwaltung die dritte Säule des staatsrechtlichen Modells der Gewaltentrennung dar. Sie ist jener Bereich der Vollziehung, der von

Gerichten wahrgenommen wird. In der Bundesverfassung ist festgehalten, dass die Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt ist. Die wichtigste Grundlage für eine unabhängige Justiz ist der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter in der Ausübung ihres Amtes. Diesbezüglich sind die Richter im Gegensatz zu den Verwaltungsbeamten völlig weisungsfrei. 

Richter dürfen nur in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen sowie aufgrund eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses (z.B. im Rahmen eines Disziplinarverfahrens) ihres Amtes enthoben oder gegen ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese sogenannten richterlichen Garantien der Unabhängigkeit, Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit dienen dem Schutz der Gerichtsbarkeit als dritter Staatsgewalt vor Einflüssen von außen, insbesondere von Seiten der Verwaltung. Natürlich gilt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung auch für den Bereich der Gerichtsbarkeit. Gerichte sind an gehörig kundgemachte Gesetze, Verordnungen und Staatsverträge gebunden. Der Oberste Gerichtshof und ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht können jedoch beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit beantragen, wenn sie aus diesem Grund Bedenken gegen die Anwendung eines Gesetzes haben. Die Gerichtsbarkeit ist in organisatorischer und funktioneller Hinsicht ausschließlich Sache des Bundes; die Länder können daher keine eigenen Gerichte schaffen, es kommt ihnen aber ein gewisses Mitspracherecht in organisatorischen Belangen….

eindeutig zum Ausdruck gebracht. Eine gesetzliche Regelung ist aber nach wie vor ausständig.

…siehe www.richtervereinigung.at
siehe auch dort das rechtstaatliche Prinzip  

Da nur noch Deutschland, Tschechien und Österreich in der EU noch bei einem „weisungsgebundenen“ Justizmodell sich ein reiht, stelle ich hier noch ein paar Rechtsansichten von deutschen Richtern, Rechtsanwälten….vor, welche größtenteils auch in Österreich mitwirken… im Text für in großen Teilen vergleichbaren Deutschland nachgeordnete Justizbehörden sind in Österreich untergeordnete Staatsanwaltschaften… 

Udo Hochschild unter www.Gewaltenteilung.de – Demokratieprinzip in Deutschland… 

I. Gewaltenteilung contra Demokratie? 

Gewaltenteilung….“bedeutet, dass die drei Staatsfunktionen, Gesetzgebung, ausführende Gewalt und Rechtsprechung [Legislative, Exekutive, Judikative], in den Händen gleichgeordneter, in sich verschiedener Organe liegen, und zwar deswegen in den Händen verschiedener Organe liegen müssten, damit sie sich gegenseitig kontrollieren und die Waage halten können. Diese Lehre hat ihren Ursprung in der Erfahrung, dass, wo auch immer die gesamte Staatsgewalt sich in den Händen eines Organes nur vereinigt, dieses Organ die Macht missbrauchen wird…“ [so Prof. Dr. Carlo Schmid am 08.09.1948 vor der verfassungsgebenden Versammlung (dem Parlamentarischen Rat)].

….“Das Prinzip der Gewaltenteilung ist, wie andere organisatorische Verfassungsprinzipien, nicht Selbstzweck, sondern soll bewirken, dass durch Aufteilung der Macht auf Träger unterschiedlicher Interessenrichtung die Machtträger sich gegenseitig zu größerer Richtigkeit steigern. Das Zusammenspiel der Machtträger soll eine möglichst große Richtigkeitschance für Gemeinschaftsentscheidungen sichern. Darin liegt der bleibende Sinn, dem das Gewaltenteilungsprinzip über alle Änderungen der politischen Kräfte und der staatlichen Einrichtungen hinweg zu dienen bestimmt ist…“ [so Prof. Dr. Hans Herbert v. Arnim].

In Deutschland hat bis heute keine Übertragung der rechtsprechenden Gewalt auf einen eigenen Machtträger stattgefunden. Sie ist ein Teil des Geschäftsbereichs der Regierung geblieben. Nach 1945 wie vor 1945. Nach 1949 wie vor 1949. Bis zum heutigen Tage.

„Gegen die Abkoppelung der Justiz von der Exekutive durch eine weitergehende Selbstverwaltung wird regelmäßig das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz mobilisiert. Sowohl die Auswahl der Richter selbst als auch die Verantwortung für das nichtrichterliche Personal und den Justizhaushalt könnten in keinem Fall einem Gremium übertragen werden, dem mehrheitlich oder ausschließlich Vertreter der Judikative selbst angehören. Solche Entscheidungen der Justizverwaltung über die personelle wie die inhaltliche Legitimation von Staatsgewalt müssten in jedem Fall durch das Parlament oder ein parlamentarisch verantwortliches Regierungsmitglied erfolgen.“ (Zitat: Prof. Dr. Thomas Groß – mit zahlreichen Nachweisen).

Die von Groß beschriebene Abwehrfront hat eine lange deutsche Tradition. Sie geht zurück auf die Zeit, in der die in unserer Verfassung angelegte Dreiteilung der Staatsgewalt zerredet wurde von Menschen, denen das Grundgesetz neu, ungewohnt, von fremden Siegermächten den eigenen akademischen Lehren übergestülpt erschien, und die es aus den unterschiedlichsten Motiven vorzogen, an dem gewohnten Staatsaufbau festzuhalten. Um dies zu erreichen, interpretierten sie den Verfassungswortlaut in ihrem Sinne um.

So gipfelte beispielsweise das Referat des Gutachters auf dem 40. Deutschen Juristentag 1953, Prof. Dr. Helmut K.J. Ridder in den Worten: „Es gibt keine »rechtsprechende Gewalt« in der Demokratie des Grundgesetzes„. Die Tatsache, dass das Grundgesetz die „rechtsprechende Gewalt“ wörtlich nennt und sie „den Richtern anvertraut“ (in Art. 92), schob er beiseite: Hierbei handle es sich um eine „unglückliche Terminologie des Grundgesetzes„, um „nebelspendenden Wortzauber“. Auf diese und ähnliche Weise wurde die Botschaft des Art. 92, mit dem  keineswegs zufällig  der Abschnitt des Grundgesetzes „Die Rechtsprechung“ beginnt, zur dürren Garantie eines Rechtsprechungsmonopols für die Richter heruntergeredet und wurde ein eher nebensächlicher Teilaspekt zum alleinigen Norminhalt überhöht: Nur Richter dürfen Recht sprechen, Beamte, Angestellte und Arbeiter hingegen nicht.  Auf das Maß einer Banalität reduziert und mit diesem Inhalt als „herrschende Meinung“ von einem Zitat in das nächste weitergereicht, konnte Art. 92 Grundgesetz die alte Ordnung nicht mehr gefährden.

Der als rechtswissenschaftliches Gutachten ausgearbeitete, schon wegen seines Zeitpunkts für die weitere Geschichte des deutschen Rechtsstaats überaus bedeutsame, damals allerdings auch heftig kritisierte Vortrag Ridders spiegelt ein unrealistisches Menschenbild und ein hierauf beruhendes Rechtsstaatsverständnis wider. Dieses Menschenbild beinhaltet die Vorstellung, wegen der im Grunde edlen menschlichen Natur sei das demokratische Prinzip ausreichend, um den Machtmissbrauch von Herrschenden zu verhindern, weil diese ja verpflichtet sind, sich an Verfassung, Gesetz und Recht zu halten.

Man vergegenwärtige sich die Werke von Sophokles, Dante Alighieri, William Shakespeare, Miguel de Cervantes, Johann Wolfgang Goethe, Max Frisch etc. etc. – das Bild des Menschen in der gesamten Weltliteratur ist weniger arglos als in der Vorstellung mancher deutscher Juristen.

Und hat man nicht Verfassungsgerichte gerade aus der Erfahrung, dass auch legitim gewählte Parlamentsabgeordnete verfassungswidrige Gesetze beschließen? Hat man nicht gerade deshalb Verwaltungsgerichte, weil man aus Erfahrung weiß, dass sich auch eine in der Spitze vom Parlament gewählte und damit demokratisch legitimierte Exekutive mitunter nicht an das Recht hält?

Außerhalb Deutschlands war das Menschenbild stets weniger optimistisch (siehe unten II.d.). 

II. Die gegen die Dreiteilung der Staatsgewalt vorgebrachten Argumente sind nicht stichhaltig, denn: 

a. „Der Justiz sind keine Gestaltungsaufgaben zugewiesen, die einer politischen Legitimation bedürfen. Richter entscheiden nach Art. 20 Abs. 3 und 97 Abs. 1 Grundgesetz allein nach rechtlichen Kriterien und unterliegen keinerlei Sanktionen, die nicht von anderen Richtern verhängt werden. Daneben erfolgt eine Kontrolle durch die allgemeine und die Fachöffentlichkeit, deren Wirkung aber allein auf der Kraft des besseren Arguments beruht. Deshalb vermitteln allein Gesetz und Recht dem richterlichen Handeln seine Legitimation. Eine Exekutive, die Richter weder lenken noch korrigieren darf, kann sie auch nicht legitimieren“ (Zitat: Prof. Dr. Thomas Groß). Damit ist eigentlich schon alles gesagt.

b. Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz entzieht die in Art. 20 Grundgesetz niedergelegten Grundsätze der demokratischen Gestaltung. „Eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche….die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig“ (Verfassungswortlaut). Zu den in Artikel 20 Abs. Abs. 3 Grundgesetz niedergelegten Grundsätzen gehört die sprachlich deutlich formulierte Unterscheidung zwischen drei Staatsgewalten: „Gesetzgebung, vollziehende Gewalt, Rechtsprechung“.

Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes findet somit die Gewaltenteilung bereits vor – als Begrenzung einer Demokratie, die an ihren Rahmenbedingungen nichts ändern darf, als verbindliche Spielregel für die Demokratie. Das Gewaltenteilungsprinzip ist Bestandteil des rechtsstaatlichen Rahmens, innerhalb dessen die deutsche Demokratie stattfinden soll: Auch die demokratisch legitimierte Staatsgewalt darf nur rechtsstaatlich ausgeübt werden. Und das soll von vornherein durch Gewaltenteilung garantiert sein.

Der Demokratie kommt keine schrankenlose Priorität zu. Vielmehr hat sie sich an die Grenzen zu halten, die ihr insbesondere durch die – demokratisch gesetzte – Verfassung gegeben sind. Ein zu berücksichtigender Verfassungsgrundsatz ist die richterliche Unabhängigkeit.

Das wurde auch im Parlamentarischen Rat so gesehen: „Der Staat ist für uns nicht die Quelle allen Rechts, sondern selbst dem Recht unterworfen…..Die Demokratie als Herrschaft der Mehrheit, zu der wir uns unbedingt bekennen, ist allein noch nicht geeignet, die menschliche Freiheit zu sichern“ (Zitat: Dr. Adolf Süsterhenn, CDU).  „Gewaltenteilung…..Heute ist es wieder nötig, von diesen alten Dingen zu sprechen, denn gerade die »Demokratie«, die sich als »progressistisch« bezeichnet, will die Teilung der Gewalten aufgeben…..Wenn man so vorgeht, dann hat man alle Voraussetzungen für die Installierung einer Diktatur verwirklicht, und darum sollte man in dem Grundgesetz, das wir zu beschließen haben, klar zum Ausdruck bringen, dass das Prinzip der Teilung der Gewalten realisiert werden muss“ (Zitat: Prof. Dr. Carlo Schmid, SPD).  „Durch die in dem Abschnitt »Die Rechtsprechung« getroffene Regelung wird der Gedanke herausgestellt, dass die rechtsprechende Gewalt neben Legislative und Exekutive die dritte staatliche Funktion ausübt und im System der Gewaltenteilung den dritten Machtträger darstellt…..Bemerkenswert erscheint die auf Vorschlag des Redaktionsausschusses erfolgte Vorschaltung eines besonderen Satzes, der besagt, dass die rechtsprechende Gewalt den Richtern »anvertraut« ist.“ (Zitat: Amtliche Begründung des Grundgesetzes).

Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes ist als Argument gegen die Dreiteilung der Staatsgewalt von vornherein ungeeignet, will man nicht die Grundordnung unserer Verfassung aushebeln.

c. Wenn die in ihrer Rechtsprechungstätigkeit durch die Exekutive weder lenkbaren noch korrigierbaren Richter nicht von der Exekutive legitimiert sein können und wenn das Gewaltenteilungsprinzip als ein Element des Rechtsstaatsprinzips dem demokratischem Handeln vorausgeht, dann widerspricht auch das italienische Gewaltenteilungsmodell nicht dem Demokratieprinzip, was aber gerade in Deutschland behauptet wird. Italien hat nach dem Ende der faschistischen Diktatur – wie Deutschland – die Gewaltenteilung in seiner Verfassung festgeschrieben, dann aber – im Unterschied zu Deutschland – seine drei Staatsgewalten in einem zweiten Schritt durch Veränderung des Staatsaufbaus auch tatsächlich auf drei verschiedene, einander gleichgeordnete Träger verteilt. Das italienische Parlament wählt sowohl die Spitze der Exekutive [Regierungschef] als auch – zu einem Teil – die Spitze der Judikative [Consiglio Superiore della Magistratura – Oberster Richterrat]. Parlament, Regierung und Oberster Richterrat sind in der gelebten italienischen Staatswirklichkeit drei voneinander getrennte Staatsgewalten. Das könnte auch für Deutschland ein Vorbild sein.

Dabei ist zu bedenken, dass die italienische Variante der Gewaltenteilung nur ein Grundmodelldarstellt, das zwar von zahlreichen anderen Ländern übernommen worden ist, stets aber mit eigenen Abwandlungen. Dass die Mehrheit der Mitglieder des Consiglio Superiore della Magistratura im Wege der Selbstergänzung von den Richtern und Staatsanwälten gewählt wird, rügen manche als unvereinbar mit dem Demokratieprinzip, da auf diese Weise die hinreichende Legitimierung durch das Parlament fehle. Die Struktur im Einzelnen: Der Oberste Richterrat besteht aus dem Präsidenten der Republik, der den Vorsitz führt, dem Präsidenten des Kassationsgerichts, dem Generalstaatsanwalt beim Kassationsgericht, 20 von den Richtern und Staatsanwälten aus den eigenen Reihen gewählten und 10 vom Parlament aus den Reihen der Hochschullehrer der Rechtswissenschaft und der Anwälte nach fünfzehn Berufsjahren gewählten Mitgliedern. Art. 105 der italienischen Verfassung überträgt diesem Gremium die Ernennung, Beförderung und Versetzung von Richtern und Staatsanwälten sowie die Zuständigkeit für dienststrafrechtliche Maßnahmen. Durch die Unabhängigkeit von der Regierung soll garantiert werden, dass Versetzungen, Beförderungen und Ernennungen nicht dazu benutzt werden können, das Bewusstsein der Richter und Staatsanwälte zu beeinflussen, insbesondere nicht dazu, ein unerwünschtes Verhalten zu bestrafen oder Entscheidungen im Sinne der Regierung zu belohnen.

[Bemerkenswert ist, dass die Kritiker des italienischen Systems keine Bedenken gegenüber dem deutschen System anmelden, in dem die mit der Ernennung, Beförderung und Versetzung von Richtern und Staatsanwälten betrauten Personen in aller Regel nicht einmal teilweise unmittelbar parlamentarisch legitimiert sind. Die Regelstruktur in Deutschland: Ernennung, Beförderung und Versetzung von Richtern und Staatsanwälten erfolgen durch Ministerialbeamte, die vom Justizminister ausgesucht und ernannt worden sind. Auch der Justizminister wird nicht vom Parlament gewählt, sondern vom Regierungschef beliebig ausgesucht und ernannt.]

Wer bei Übernahme des italienischen Grundmodells selbst solchen Bedenken Rechnung tragen will, kann dies unschwer tun. So lässt beispielsweise Spanien alle Mitglieder seines Selbstverwaltungsorgans der Justiz (Consejo General del Poder Judicial – Oberster Rat der Gerichtsbarkeit) direkt vom Parlament wählen. Jedes seiner Mitglieder ist damit unmittelbarer demokratisch legitimiert als jeder in Deutschland vom Regierungschef ausgesuchte und ernannte Justizminister. Die Mitglieder des Consejo General del Poder Judicial sind so unmittelbar demokratisch legitimiert wie der Regierungschef selbst.

Das Demokratieprinzip hindert Deutschland nicht an der Übernahme des italienischen Grundmodells nach spanischem Vorbild oder in einer modifizierten eigenen Gestalt.

d. Schließlich vermag die Instrumentalisierung des Demokratieprinzips gegen das im demokratischen Staat eigens seiner Begrenzung dienende Gewaltenteilungsprinzip gerade in Deutschland nicht zu überzeugen. Der Philosoph Sir Karl R. Popper: „Immer wieder sehen wir die Platonische Frage »Wer soll herrschen?«, sie spielt noch immer eine große Rolle in der politischen Theorie, in der Theorie der Legitimität, und insbesondere in der Theorie der Demokratie. Es wird gesagt, dass eine Regierung das Recht hat zu herrschen, wenn sie legitim ist, das heißt, gemäß den Regeln der Konstitution von einer Mehrheit des Volkes oder seiner Vertreter gewählt wurde. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Hitler auf legitime Weise an die Macht kam und dass das Ermächtigungsgesetz, das ihn zum Diktator machte, von einer parlamentarischen Mehrheit beschlossen wurde. Das Legitimitätsprinzip reicht nicht hin.“

In gleicher Tradition steht auch die rationale und lebensnahe Betrachtungsweise von James Madison, einem der Verfassungsväter der Vereinigten Staaten von Amerika (1788): „Um eine angemessene Grundlage für eine getrennte und spezifische Ausübung der verschiedenen Regierungsgewalten zu schaffen, wie sie bis zu einem gewissen Grad von allen Seiten als wesentlich zur Erhaltung der Freiheit anerkannt wird, muss offensichtlich jede Gewalt einen eigenen Willen haben und also so konstituiert sein, dass die Mitglieder einer Gewalt so wenig wie möglich mit Ernennung oder Wahl der Mitglieder der anderen zu tun haben……die wichtigste Sicherung vor einer allmählichen Konzentration der verschiedenen Gewalten in einer Hand besteht darin, den Amtsinhabern der verschiedenen Gewalten die nötigen verfassungsmäßigen Mittel und persönlichen Anreize an die Hand zu geben, Übergriffe der anderen abzuwehren. Die Vorkehrungen für eine Verteidigung müssen in diesem wie in allen anderen Fällen der voraussichtlichen Stärke der Bedrohung entsprechen. Machtstreben muss Machtstreben entgegenwirken. Zwischen dem persönlichen Interesse des Amtsinhabers und den Verfassungsrechten des Amtes muss ein innerer Zusammenhang bestehen. Es wirft ein schlechtes Licht auf die menschliche Natur, dass solche Vorkehrungen nötig sind, um einen Missbrauch der Macht im Staat zu verhindern. Aber wirft nicht die Notwendigkeit der Existenz des Staates schon an sich ein schlechtes Licht auf die menschliche Natur? Wenn die Menschen Engel wären, so brauchten sie keine Regierung. Wenn Engel über die Menschen herrschten, dann bedürfte es weder innerer noch äußerer Kontrollen der Regierenden. Entwirft man jedoch ein Regierungssystem, in dem Menschen über Menschen herrschen, dann besteht die große Schwierigkeit darin: es zuerst zur Herrschaft zu befähigen, und es dann darauf zu verpflichten, sich selbst unter Kontrolle zu halten. Die Abhängigkeit vom Volk ist zweifellos das beste Mittel, staatlicher Macht Schranken zu setzen; aber die Menschheit hat aus Erfahrung gelernt, dass zusätzliche Vorkehrungen nötig sind.“  

Werner K. Kannenberg  

Die Judikative – Abhängigkeiten
in einer Staatsgewalt, die keine ist? * 

Der Autor war Verwaltungsrichter in Hessen und ist Regierungsdirektor im Bundesministerium der Justiz (stv. Referatsleiter im Bereich Verfassungsgerichtsbarkeit, Justizgrundrechte und Justizverfassungsrecht) und Mitglied des Bundesvorstandes des Neue Richtervereinigung e.V. Der Beitrag gibt ausschließlich seine persönliche Meinung wieder. 

Dass die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind, ist nicht nur in der Verfassung geregelt, sondern auch im öffentlichen Bewusstsein fest verankert. Aber entsprechen die tatsächlichen Strukturen der Justiz auch dem verfassungsrechtlichen Programm? Wie weit reichen die verfassungsrechtlichen Garantien überhaupt? Welche Karrierewege gibt es für Richter und wer steuert sie? Antworten auf diese Fragen sind im Gerichtsverfassungsrecht und im Richterrecht angelegt, Rechtsmaterien, auf die Nichtjuristen praktisch nie zugreifen. So finden die Grundlegungen der Strukturen der Dritten Gewalt in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Das begünstigt Fehlentwicklungen, die inzwischen auch tatsächlich eingetreten sind: Deutschland hat in Bezug auf Gewaltenteilung und Justizstrukturen den Anschluss an den Standard der Rechtsstaatlichkeit verloren. Dieser Beitrag gibt hierzu einen Überblick. 

1. Zusammenfassung in Thesen 

Die Judikative ist in Deutschland lediglich funktional, nicht aber organisatorisch als eigenständige Staatsgewalt konstruiert.

Das Grundgesetz garantiert den Richtern Unabhängigkeit, die Gerichte jedoch sind als Behörden in die Exekutive eingegliedert. Die Gerichtspräsidenten und ihre richterlichen Verwaltungsreferenten sind in ihren Verwaltungsfunktionen wie Beamte in die administrative Hierarchie eingebunden.

Der Mangel organisatorischer Eigenständigkeit führt zu spezifischen Belastungen der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit der Richter, über deren Karrieren in den Bundesländern durch Ministerien entschieden wird.

Die organisatorische Trennung der Judikative von der Exekutive und folglich eine Selbstverwaltung der Judikative ist inzwischen in der Europäischen Union und im Europarat der Standard der Rechtsstaatlichkeit.

Forderungen der Berufsverbände der Richter und Staatsanwälte nach organisatorischer Emanzipation der Judikative von der Exekutive finden zunehmend politische Resonanz. 


2. Justiz als Staatsgewalt 

Als John Locke die Gewaltenteilung postulierte, sah er nur zwei Gewalten vor: Legislative und Exekutive. Die Gerichte ordnete er der Exekutive zu. Über ein halbes Jahrhundert später erkannte Montesquieu – Locke war da schon tot -, dass die Judikative eigenständig betrachtet werden sollte. Das gründete er allerdings nicht darauf, dass die Rechtsprechung eine besonders wichtige und daher eigenständige Funktion erfülle, sondern folgerte das lediglich aus ihrer Eigentümlichkeit. Berühmt ist seine Einordnung der Judikative als „quelque façon nul“ – „gewissermaßen inhaltsleer“. Die bürgerlichen Revolutionen erstritten die Unabhängigkeit der Gerichte, die europäischen Monarchen behielten zwar zunächst noch das Recht, Urteile zu korrigieren, machten davon aber immer weniger Gebrauch und gaben ihre Befugnisse insoweit nach und nach ganz ab. Damit etablierte sich die Justiz als Staatsgewalt. Heute gehört die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative zu den Grundlagen unseres Staatswesens (Artikel 20 Absatz 2 GG). Danach wäre ein klar dreigeteilter Staatsaufbau zu erwarten (Abbildung 1). Allerdings entsprechen dem in staatsorganisatorischer Hinsicht weder der Bund, noch die Länder. 

3. Aufgabe und Stellung der Richter 

Die Erfahrungen in der Weimarer Republik und in der nationalsozialistischen Diktatur zeigten, dass der formale Bestand von Grundrechten und Gesetzesbindung nicht genügt, um Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Verantwortlichen in der deutschen Justiz versagten nicht weniger als andere Träger deutscher Staatsgewalt. Im demokratischen Neuanfang wurde den Richtern trotzdem mit einer für das Grundgesetz ungewöhnlich emphatischen Diktion „Vertrauen“ entgegengebracht: Artikel 92 GG beginnt seit je her mit den Worten „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut“. Flankiert wird dies insbesondere mit der Garantie richterlicher Unabhängigkeit (Artikel 97 GG). Von der so fundierten Stellung der einzelnen Richter ist jedoch die Stellung der Rechtsprechung zu unterscheiden. 

4. Aufgabe und Stellung der Rechtsprechung 

Das Grundgesetz regelt selbst nicht, was zur Rechtsprechung gehört, es baut auf einem vorkonstitutionellen Verständnis von Judikative auf. Fehlen gesetzliche Definitionen von Begriffen, streiten Juristen meist darum. Tatsächlich ist juristisch umstritten, was genau Rechtsprechung charakterisiert1. Im historischen Rückblick ist festzustellen, dass es unterschiedlichste europäische Traditionen hierzu gibt, von denen hier nur manche angesprochen werden sollen: die germanische Volksgerichtsbarkeit, in der die umstehenden Bürger („widrige Umstände“) das Urteil fällten, die römisch-rechtlichen Funktionen von praetor und iudex, die absolutistische Herrschaftsform mit der in jeder Hinsicht vom Herrscher abhängigen Geheimjustiz (Kameraljustiz) bis zu der kanonischen Konzeption der nur aus der heiligen Schrift und daher durch Gelehrte abzuleitenden unverrückbaren Wahrheit. Diese Stränge wirken in der heutigen Konzeption von Gerichtsbarkeit nach. 

Rechtsprechung hat heute sehr unterschiedliche Aufgaben, von denen ebenfalls nur einige typische holzschnittartig benannt werden sollen: sie entscheidet auf Initiative Privater deren Streit (Zivilgerichtsbarkeit), sie trifft originär staatliche Entscheidungen, etwa bei der Verhängung von Strafen (Strafgerichtsbarkeit) oder sie kontrolliert staatliches Handeln (öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeiten). 

Die Frage danach, durch wen und wie festgestellt wird, was im einzelnen Falle (konkret individuell) Recht ist, ist eng mit der Frage verbunden, wer vorgibt, was allgemein (generell-abstrakt) Recht ist. Diese Fragen wurden ursprünglich einheitlich behandelt, das Recht wurde aus Traditionen geschöpft und aus der Streitfrage heraus anhand der Einzelfälle weiterentwickelt. Hinzu kam, dass der materielle Anspruch, also das Recht, von jemand anderem etwas verlangen zu dürfen – z.B. Schadenersatz – und Regelungen über das prozessuale Vorgehen zur gerichtlichen Feststellung des Anspruchs (heute: Prozessrecht) begrifflich als Einheit verstanden wurden. Daher haben sich Rechtsetzung und Rechtsprechung sowie das materielle Recht und das Prozessrecht lange als Einheit entwickelt. Im Zuge der Verwissenschaftlichung des Rechts wurden zunächst materielles und Prozessrecht getrennt. Dieser Vorgang war bereits fortgeschritten, als im Zuge der Konstitutionalisierung Grundfragen der Staatlichkeit auch praktisch zur Diskussion gestellt wurden. Die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an ein gerechtes Recht zu stellen sind, wurde mit der Forderung nach demokratischer Teilhabe und der Abwendung vom Absolutismus beantwortet. Aus bürgerlicher Sicht blieb damit nur noch die Frage drängend, wie eine gerechte Behandlung durch das Gericht sicher gestellt werden könnte. Die Frage wurde ergebnisorientiert gestellt und entsprechend beantwortet: Die Antworten wurden in der Hauptsache in Modifikationen des gerichtlichen Verfahrensrechts gesucht – die Bürger strebten danach, vor Gericht nicht wehrlos zu sein. Die Strukturen der Gerichtsbarkeit wurden bereits wenig beachtet. 

Dementsprechend enthielt die Weimarer Reichsverfassung und enthält das Grundgesetz verschiedene Justizgrundrechte, die in der Hauptsache Verfahrensgarantien sind, die der Richter zu beachten hat und die den Rechtsuchenden schützen. Das gilt auch und insbesondere für die richterliche Unabhängigkeit: sie ist nicht Privileg der Richter um ihrer selbst willen, selbst in den Teilen, die auf den ersten Blick so aussehen (z.B. Unversetzbarkeit oder Weisungsfreiheit) sondern dient einzig und allein dem Schutz der Rechtsuchenden. 

Mit der Staatsorganisation der Judikative befasst sich das Grundgesetz dagegen kaum, für sie interessierte sich der parlamentarische Rat nicht. Sogar die fünf Gerichtsbarkeiten (ordentliche Gerichtsbarkeit, Arbeitsgerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Finanzgerichtsbarkeit und Sozialgerichtsbarkeit) werden nicht explizit von dem Grundgesetz etabliert, auf die Garantie ihres Bestandes kann nur mittelbar aus der Einrichtung der fünf obersten Bundesgerichte geschlossen werden. Das eröffnet z.B. das Potenzial für Diskussionen darüber, ob auch in den Bundesländern diese Gerichtsbarkeiten unterschieden werden müssen, oder ob nicht – insgesamt oder wenigstens in der einen oder anderen Instanz – Gerichtsbarkeiten zusammen gelegt werden können (konkret in der Diskussion: Zusammenlegung von Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit). 

Als Zwischenergebnis kann fest gehalten werden, dass es sich bei der Judikative um eine Staatsgewalt handelt, deren Tätigkeit und Ergebnisse zwar von hohem politischen Interesse waren, deren tragende Strukturprinzipien jedoch weniger allgemeine Beachtung fanden und noch heute finden. Diese Strukturprinzipien sind bis heute auf verfassungsrechtlicher Ebene nur höchst bruchstückhaft geregelt. 

Der bereits zitierte Artikel 92 GG weist den Richtern nur die Rechtsprechung zu. Bei enger Auslegung kann zwischen Rechtsprechung im Sinne der Einzelfallentscheidungen einerseits und Verwaltung der Judikative andererseits unterschieden werden. Genau diese Sichtweise hat sich in Deutschland durchgesetzt. Und Artikel 97 GG garantiert nur den Richtern (als Personen), nicht auch den Gerichten (als Institutionen) Unabhängigkeit. Das hat Handlungsspielräume eröffnet, die konsequent auch ausgeschöpft wurden. 

5. Einordnung der Gerichte in den Verwaltungsaufbau der Exekutive 

Unter dem Postulat einer Dreiteilung der Staatsgewalten würde ein Staatsaufbau zu erwarten sein, der die Gewalten organisatorisch im Wesentlichen trennt und deren Spitzen zwar mit unterschiedlichen Aufgaben, aber gleichrangig nebeneinander stehen. Tatsächlich sind alle Gerichte (mit Ausnahme des Bundesverfassungsgerichts, das aber nicht nur Gericht, sondern auch oberstes Verfassungsorgan ist und daher eine Sonderrolle einnimmt) in organisatorischer Hinsicht nachgeordnete Behörden in einem Ressort der Exekutive (Abbildung 2). Dieser Umstand ist im öffentlichen Bewusstsein kaum präsent. Konkret bedeutet das, dass z.B. ein Oberlandesgericht eine nachgeordnete (Obere) Behörde im Ressort des Justizministeriums ist, dem wiederum die Landgerichte im Bezirk (als Mittelbehörden) nachgeordnet sind, denen wiederum die jeweiligen Amtsgerichte nachgeordnet sind (untere Behörden2). Die Strukturen der Judikative sind damit in organisatorischer Hinsicht in die Exekutive integriert. Sie sind auch auf verschiedene Zweige der Exekutive verteilt. Denn zwar konzentriert sich die Zuordnung der Gerichte zu den einzelnen Ressorts zunehmend auf die Justizressorts, sie ist aber wandelbar, insbesondere regelmäßig nicht auf verfassungsrechtlicher Ebene vorgegeben. Mitunter gehören die Arbeitsgerichte zu den Ressorts für Arbeit und Soziales, die Verwaltungsgerichte zum Innenressort. Im Bund gehören z.B. der Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht und der Bundesfinanzhof zum Bundesministerium der Justiz, das Bundesarbeitsgericht und das

Bundessozialgericht jedoch nicht. Im heutigen Staatsaufbau sind organisatorisch somit nicht drei Säulen, sondern lediglich zwei – mit den Gerichten als in die Exekutive inkorporierten Fremdkörpern der Judikative – zu unterscheiden (Abbildung 3). 

6. Auswirkungen der Einordnung der Gerichte in den Verwaltungsaufbau der Exekutive 

Die Bedeutung der Einordnung der Gerichte in Ressorts der Exekutive kann kaum überschätzt werden. Denn zwar folgt aus der Eingliederung der Gerichte in den Verwaltungsaufbau der Exekutive selbstverständlich kein Weisungsrecht in Bezug auf die Rechtsprechung. Aber alles, was nicht zum Kernbereich der Rechtsprechung gehört unterliegt der administrativen, letztlich ministeriellen Leitung und Kontrolle. Dass die Exekutive darauf auch Wert legt, zeigt sich selten so plakativ, wie in der Diskussion um die im Sommer 2011 angekündigte Zusammenlegung der beiden Oberlandesgerichte in Rheinland-Pfalz. Nach Protesten von Vertretern der Richterschaft, die als Mitglieder in eine vom Justizministerium eingerichtete Arbeitsgruppe berufen wurden, stellte der Ministerpräsident öffentlich klar: „Das sind nicht unsere Verhandlungspartner, das sind unsere Mitarbeiter.“3

Der Umstand der äußeren Einbindung der Gerichte in Ressorts hat bereits verschiedene Folgen, von denen die innergerichtlichen Konsequenzen nochmals zu unterscheiden sind. 

a) Ressortinterne Außenbeziehungen 

Die Einordnung eines Gerichts als nachgeordnete Behörde in den Geschäftsbereich eines Ministeriums stellt Weichen für Inhalte und Wege der Kommunikation, für die Kultur und die Ausstattung der Gerichte. Die Wirkungen hängen ganz maßgeblich von den Gepflogenheiten in dem Ressort ab. Dies kann durchaus konkrete Auswirkungen auf die einzelne Richterin oder den einzelnen Richter haben, zumal die maßgeblichen Personalangelegenheiten der Richter in den Personalreferaten der Ministerien bearbeitet werden. 

So ist der zeitnahe Informationsfluss – oder die gezielte Unterbindung von Informationsweitergabe – oftmals der entscheidende Faktor dafür, ob Informationen noch relevant sind. Werden Fortbildungsangebote oder Stellenausschreibungen zu spät oder gar nicht vom Ministerium weitergegeben, werden sie zeitnah bis zum letzten Richter durchgereicht? Wie werden Informationen über Angebote von Interessenvertretungen behandelt, wird die Arbeit in Interessenvertretungen z.B. im Rahmen des Möglichen erleichtert, geduldet oder implizit als unerwünscht gekennzeichnet? In welchem Kreise wird bekannt gemacht, dass Spezialisten für öffentliche Anhörungen oder Teilnehmer an Umfragen gesucht werden oder eine potenziell karriereförderliche Stelle neu zu besetzen ist? Wann und an wen gelangen Ausschreibungen internationaler Institutionen, von Behörden im „eigenen“ Ressort und aus anderen Ressorts? All dies wird maßgeblich von den Ressorteigenheiten und nicht zuletzt auch von der Politik des zuständigen Ministers determiniert. 

Konkret eröffnet die Zugehörigkeit zum Geschäftsbereich eines Ministeriums in der Regel erleichterte Wechselmöglichkeiten in ebendiesem Geschäftsbereich. Nicht selten korrespondiert dem auch die Erwartung seitens der ministeriellen Personalverwaltung, dass die Richter zu derartigen Wechseln bereit sind. Als Beispiel sei hier auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayern verwiesen, die dort zum Geschäftsbereich des Innenministeriums gehört. Dort ist es üblich, dass Verwaltungsrichter nur wird, wer vorher in der bayerischen Innenverwaltung tätig war, z.B. in einem oder mehreren Landratsämtern. Verwaltungsrichter wird also grundsätzlich nur, wer zunächst gewissermaßen in der Innenverwaltung sozialisiert wurde, dort eine anfängliche berufliche Prägung erhalten hat sowie mit persönlichen Beziehungen ausgestattet wurde. Der Funktionswechsel vom Beamten zum Richter ist zwar auch ein Statuswechsel, die Besoldungsunterschiede sind jedoch regelmäßig gering (es ist ein leider auch von deutschen Fernsehproduktionen unterstütztes Zerrbild, dass Richter und Staatsanwälte sich einen feudalen Lebensstandard leisten können), so dass der Wechsel leicht möglich ist. Will ein Verwaltungsrichter befördert werden, setzt dies dann regelmäßig erneut eine Zeit als Beamter in der Innenverwaltung voraus, etwa im Innenministerium. Das festigt das „Wir-Gefühl“, das Verständnis für die Nöte der Verwaltung und die persönliche Vernetzung, bevor die oder der Betreffende als Vorsitzende Richterin bzw. Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht in die Gerichtsbarkeit zurückkehren. 

Ähnliches gilt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Bayern: das zuständige bayerische Ministerium erweckt den Eindruck, als ob es einen einheitlichen Beruf als Richter oder Staatsanwalt gebe („Wer eine Tätigkeit als Richter im hiesigen Geschäftsbereich anstrebt, entscheidet sich damit zugleich für eine Tätigkeit als Staatsanwalt.“4), obwohl jedenfalls nach aktuellem Stand lediglich der Richter einen besonderen Status hat, insbesondere mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattet ist. Wer als Richter eingestellt wird, wird daher mit hoher Wahrscheinlichkeit am Ende der Probezeit zwar auf Lebenszeit ernannt, jedoch nicht zum Richter, sondern zum Staatsanwalt. Wer nach ein paar Jahren der Tätigkeit als Staatsanwalt Richter geworden ist und ein richterliches Beförderungsamt anstrebt, muss meist zunächst wieder auf seine richterliche Unabhängigkeit verzichten und erneut Staatsanwalt (Gruppenleiter) werden, bevor er möglicherweise Vorsitzender Richter wird und erst dadurch die richterliche Unabhängigkeit wieder erlangt. 

Ein Wechsel in Behörden anderer Ressorts ist für Richter in Bayern dagegen unüblich und eher nicht karriereförderlich. Ein solcher Wechsel wird zusätzlich durch die BeurteilungsÂpraxis erschwert. Denn zwar muss nach den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben (Artikel 33 GG) jede Stelle primär nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vergeben werden, so dass sich jedermann bewerben darf und der besser beurteilte Bewerber Erfolg haben muss. Aber es gibt keine gesetzlichen Vorgaben für den Aufbau von Beurteilungen und „fremde“ Beurteilungen können leicht dem Verdacht ausgesetzt werden, die Maßstäbe in anderen Ressorts seien einfach niedriger, so dass eine Vergleichbarkeit der Beurteilungsnoten nicht gegeben sei. Damit gelingt es effektiv, Hürden zwischen den Ressorts zu errichten, die von Bewerbern, die ihren Ruf nicht ruinieren und irgendwann auch tatsächlich befördert werden wollen, respektiert werden. 

Mit dieser Praxis, die zu einer starken Vernetzung von Ressortministerium und Richtern, also z.B. von Innenverwaltung und Verwaltungsrichtern führt, wird große Nähe zur Verwaltung überhaupt, speziell zum Ministerium hergestellt und das Bewusstsein, dass Richter von der Exekutive so weit als möglich unabhängig sein sollen, untergraben. 

Das schadet auch der Unabhängigkeit, die von dem Richter auch diejenige Distanz von den Beteiligten fordert, die nötig ist, um Neutralität zu wahren und den Anschein der Parteilichkeit zu meiden. Natürlich muss darauf vertraut werden, dass unzuträgliche Einflussnahmen von einer integren Richterpersönlichkeit zurückgewiesen werden. Aber wären auch die Strukturen darauf eingerichtet, Distanz zur Verwaltung zu fördern, wäre dies der Unabhängigkeit der Rechtsprechung förderlich und würde das Risiko mindern, dass die kritische Selbstreflexion und aktive Abwehr subtiler Einflussreize mitunter doch nicht gelingt. 

Die Einordnung in die Behördenstruktur der Exekutive bringt jedoch noch einen weiteren Effekt mit sich: das Bewusstsein etwa der Amtsgerichte, am untersten Ende einer Hierarchie zu stehen, das „kleinste Licht“ zu sein. Auch das prägt das Selbstbewusstsein der Richterschaft. Dabei ist eine solche Behördenstruktur selbst innerhalb der Exekutive nicht nötig, da es nicht zwingend ist, dass ein Rechtsmittelgericht, das spezielle Rechtsprechungsaufgaben wie etwa die Bearbeitung von Berufungen und Revisionen erfüllt, einem erstinstanzlichen Gericht auch in administrativer Hinsicht vorgesetzt ist. Auch sonst stehen in einem ministeriellen Geschäftsbereich durchaus Behörden mit unterschiedlichen Aufgaben gleichrangig nebeneinander. 

b) Gerichtsinterne Stellung der Richter 

Aufgaben und Befugnisse innerhalb eines Gerichts sind streng getrennt in Aufgaben der Rechtsprechung und Verwaltungsaufgaben (Abbildung 4). Der Präsident (Direktor) hat eine Doppelfunktion: er leitet die Verwaltung und er ist auch als Richter in der Rechtsprechung tätig. Je größer das Gericht und je höher die Stellung des Gerichts in der Verwaltungshierarchie, desto mehr Verwaltungsanteile hat der Präsident und umso intensiver ist der Kontakt zum Ministerium. 

Darüber hinaus können meist weitere Stellenanteile richterlicher Arbeitskraft für Aufgaben der Verwaltung verwendet werden. Darüber, ob und wie das im vorgegebenen Rahmen erfolgt (Verteilung der Stellenanteile und Auswahl der Funktionen, für die sie verwendet werden), entscheidet jedes Gericht selbst. Soweit Richter in der Verwaltung eingesetzt werden, sind sie in die Verwaltungshierarchie eingeordnet, d.h. in dieser Funktion sind sie dem Präsidenten nachgeordnet und ggf. – je nach der Funktion, die sie bekleiden – z.B. nachgeordneten Gerichten vorgesetzt, in jedem Falle mittelbar vom Ministerium weisungsabhängig. 

Im Unterschied zur Tätigkeit im Bereich der Verwaltung greift im Bereich der Rechtsprechung die richterliche Unabhängigkeit. Dazu gehören praktisch nur die Fallbearbeitung im engeren Sinne und die Verteilung der richterlichen Geschäfte im Präsidium. Wo die Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit verlaufen, ist immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten. Am ehesten fällt noch die funktional für eine bestimmte Tätigkeit vom Richter für nötig erachtete Ausstattung des Büros in den Kernbereich der Rechtsprechung, dagegen dürfte die Bereitstellung von Literatur eher dem nicht von der richterlichen Unabhängigkeit umfassten Bereich der äußeren Ordnung im Gericht zugerechnet werden. 

Wenn ein Richter sich nicht, auch nicht nur in einem bestimmten Bereich seiner Tätigkeit, in die Verwaltungshierarchie der Exekutive einordnen will, kann er sich dem dadurch entziehen, dass er keine Verwaltungsaufgaben übernimmt. Er muss es daher vermeiden, an der Ausbildung für Rechtsreferendare, an der Beaufsichtigung von Gerichtsvollziehern, an der Bibliotheksverwaltung mitzuwirken oder auf irgendeine andere Art Verantwortung für Verwaltungsangelegenheiten zu übernehmen. Allerdings sind es genau diese Tätigkeiten, allen voran die Tätigkeit in der Verwaltungsleitung des Gerichts, die die Übernahme von Personalverantwortung beinhalten und für Beförderungen, z.B. zum Präsidenten qualifizieren (und die von ihm teilweise auch verlangt werden dürfen, vgl. § 42 Deutsches Richtergesetz). Die generelle Verweigerung der Einordnung in die Exekutive bedeutet daher oftmals Abstriche in Bezug auf Karrierechancen. 

Ein anderer Weg zur Erhöhung von Karrierechancen besteht in den meisten Bundesländern in einer Abordnung – einem Wechsel auf Zeit – zu dem jeweiligen Obergericht. Am Ende der Abordnung wird der Richter von dem Gerichtspräsidenten – demjenigen Richter, der in der jeweiligen Gerichtsbarkeit die größte Nähe zum Ministerium aufweist – beurteilt. Diese Beurteilung ist zumeist die entscheidende Weichenstellung für die Karriere des Richters. Um das richtig einordnen zu können, sollen kurz die Karrierewege von Richtern aufgezeigt werden. 

Richter werden in der sog. R-Besoldung eingruppiert. Es gibt nur wenige Stufen, mithin nur wenige Karrieremöglichkeiten für die reine Rechtsprechungstätigkeit. Die erste Beförderungsstufe führt zum Vorsitzenden Richter am Landgericht oder zum Beisitzer am Oberlandesgericht, die zweite Beförderungsstufe führt bereits zum Senatsvorsitzenden im Oberlandesgericht (Abbildung 5). Das erklärt, warum die weitaus größte Zahl der Richter in ihrer richterlichen Karriere nicht weiter als bis zum ersten Beförderungsamt aufsteigen. 

Die Besoldung der Stufen R 1 und R 2 ist in sich alters- bzw. erfahrungsabhängig gestuft. Höhere R-Besoldungen sind alters- und erfahrungsunabhängige Festgehälter. 

Weitere Beförderungsämter sind die Ämter als Gerichtsdirektor oder -präsident, mithin Tätigkeiten, in denen der Richter teilweise in die Hierarchie der Exekutive eingeordnet ist. Wie hoch diese Ämter eingeordnet sind, hängt von der Zahl der Richterstellen am jeweiligen Gericht ab. Ein Präsident eines mittelgroßen Amtsgerichts oder Landgerichts (mit bis zu 40 Richtern) ist nach R 3 eingestuft, der Präsident eines Oberlandesgerichts zumeist nach R 6. 

Nur wenige Richter werden zu Bundesrichtern gewählt, zumeist sind sie zu diesem Zeitpunkt R 2-Richter. Bundesrichter sind in R 6, Vorsitzende an Bundesgerichten in R 8, deren Präsidenten in R 10 eingeordnet. 

Es zeigt sich, dass es im Richterdienst vergleichsweise wenige Beförderungspositionen gibt. Umso empfindlicher wird eine Karriereplanung für Störungen. Wenn ein Richter angesichts der ohnehin nicht hohen Chancen auf Beförderungen es auch noch ablehnt, in der Verwaltung mitzuwirken oder sich einer Abordnung an ein Obergericht mit anschließender Beurteilung durch den Präsidenten des Obergerichts zu unterziehen, hat dies meist zur Folge, dass er über das Eingangsamt R 1 nicht hinaus kommen wird. Hinzu kommt, dass es kein gesetzliches Anforderungsprofil für Beförderungsstellen im Richterdienst gibt, so dass das Ministerium im Rahmen der Ausschreibung ein Anforderungsprofil aufstellen kann, das auf die Stelle, aber auch auf bestimmte Kandidaten zugeschnitten sein kann, etwa indem bestimmte Verwaltungserfahrungen (z.B. im Bereich der IT oder der Liegenschaftsverwaltung oder in einem Ministerium) als für die Stelle besonders wichtig herausgehoben werden. Denn bei der Festlegung von Anforderungsprofilen ist die Behörde weitestgehend frei. Das eröffnet der Verwaltung die Möglichkeit, die Zusammensetzung des Personalkörpers der Judikative tendenziell zu beeinflussen, wenn nicht zu filtern, insbesondere in den höheren Instanzen, in denen ggf. das letzte – politisch interessante – Wort in der Rechtsprechung gesprochen wird. 

Aber selbst wenn ein Richter auf eine Karriere verzichtet – völlig kann sich kaum ein Richter den Entscheidungsbefugnissen der Ministerialverwaltung entziehen. Denn nicht nur über Abordnungen entscheidet das Ministerium. So sind zwar Versetzungen gegen den Willen des Richters nicht möglich – auf der anderen Seite hat der Richter keinen Anspruch auf eine von ihm begehrte Versetzung, über die eben auch im Ministerium entschieden wird. Wo ein Richter nach einer Familienpause wieder eingesetzt wird, legt er zumeist auf Bitten der Verwaltung schon bei dem Beurlaubungsantrag durch eine Einverständniserklärung mit einer Versetzung in die Hand des Ministeriums, jedenfalls dann, wenn er eine zunächst dauerhafte Ermäßigung oder die Wiederaufstockung seiner Stelle anstrebt. Die Garantie der Unversetzbarkeit läuft leer, wenn ein Gericht aufgelöst wird, weil dann ein Richter an ein anderes Gericht umgesetzt werden muss. Es ist schon vorgekommen, dass Richter zur Bereitschaft gedrängt wurden, sich mit einer (nach der Distanz des anderen Gerichts zum Wohnort noch tragbaren) Versetzung einverstanden zu erklären, widrigenfalls ein Gericht – möglicherweise das, in dem der Richter bislang tätig ist – aufgelöst werde und einige Versetzungen – wohin auch immer – unumgänglich würden. 

Vollständig unabhängig ist beim derzeitigen richterrechtlichen status quo daher nur der Richter, der niemals eine Versetzung begehrt, auch keine Beurlaubung, dessen Gericht nicht aufgelöst wird und der in seinem ganzen Berufsleben im Eingangsamt R 1 bleiben will. In der Summe trifft das auf die wenigsten Personen zu. Es dürfte jedoch weniger der in der Größenordnung von 10% liegende Gehaltssprung von R 1 nach R 2 sein, der die Kollegenschaft dazu motiviert, sich nachhaltig um eine Beförderung zu bemühen (eher schon der Sprung von einer mittleren Stufe aus R 2 nach R 3, was eine Verbesserung um ca. 25 % ausmacht, mehr noch der Schritt nach R 6 [ca. 60 %]). Von größerem Gewicht dürfte das Bedürfnis sein, die in einer Beförderung liegende und auch nach außen sichtbare förmliche Anerkennung für die eigene Leistung zu erhalten. Denn gerade Richter erhalten selten positive Anerkennung für ihre Arbeit. Nur selten zollt die obsiegende Seite dem Gericht Dank und Anerkennung – sieht sie sich doch eher selbst bestätigt – während umgekehrt die unterliegende Seite regelmäßig Kritik in Gestalt von Rechtsmitteln vorbringt. 

c) Außendarstellung – Pressearbeit 

Selbst die höchsten Richter eines Bundeslandes sind der Öffentlichkeit praktisch nicht bekannt. Oder kennen Sie die Namen der Präsidenten des Oberlandesgerichts, des Finanzgerichts, des Landesarbeits- und des Landessozialgerichts und des Oberverwaltungsgerichts (in manchen Ländern heißt es Verwaltungsgerichtshof) die für Ihre Wohnsitzregion zuständig sind? Wohl kaum. Die Justiz hat keinen hochrangigen Vertreter an ihrer Spitze, der justizspezifische Interessen öffentlich vertritt. Auch dieses Defizit der Außendarstellung der Gerichte gegenüber der Öffentlichkeit ist eine fatale Folge der Eingliederung der Gerichte als nachgeordnete Behörden in die Strukturen der Exekutive. 

Zum einen monopolisieren die Ministerien die Pressearbeit zu übergreifenden justizpolitischen Themen aktiv bei sich. Denn sie werden von Politikern geleitet, deren Pressepräsenz für ihren persönlichen Erfolg zentrale Bedeutung hat. Außerdem haben sie kraft ihrer Stellung als vorgesetzte Behörde die Befugnis, von der sie selbstverständlich auch Gebrauch machen, in Konfliktfällen durch Weisung die Öffentlichkeitsarbeit der Gerichte zu steuern oder sogar zu unterbinden. Das wird jedoch meist nicht nötig sein. Denn so, wie es selbstverständlich ist, dass eine untere Wasserbehörde einen Konflikt mit der oberen Wasserbehörde nicht vor der Presse ausbreitet, ist es in der Praxis selbstverständlich, dass in Verwaltungsangelegenheiten ein Dissens zwischen Gerichten und Ministerium nicht öffentlich ausgetragen wird. 

Zum anderen stehen die verschiedenen Präsidenten der jeweiligen obersten Gerichte (der obersten Bundesgerichte auf Bundesebene, auf Landesebene die Präsidenten der Obergerichte) je nur für ihre eigene Gerichtsbarkeit. Eine einheitliche Ansprechpartnerin, die als Richterin für die Judikative insgesamt spricht, gibt es nicht. Die Aufteilung auf fünf „Chefpräsidenten“ beschneidet eines jeden öffentliches Gewicht – so sehr, dass die Presse das Interesse schnell verliert und sich typischerweise den Berufspolitikern an der Spitze der Ministerien zuwendet. Das ist auch konsequent, denn selbst die üblicherweise interessierte Öffentlichkeit weiß wohl regelmäßig nicht die unterschiedlichen Aufgaben der Gerichtsbarkeiten ohne gesonderte Erklärung richtig einzuordnen. Hinzu kommt, dass die Gerichtsbarkeiten auf verschiedene Ressorts aufgeteilt sind und nicht einmal ein Minister für alle Gerichte Verantwortung trägt. 

Das Ergebnis dieser Aufteilung auf Ressorts und Aufspaltung in fünf Gerichtsbarkeiten, deren Präsidenten die protokollarische Stellung der Leiter nachgeordneter Behörden haben, ist Desinteresse der Öffentlichkeit an deren Verlautbarungen. Die Konsequenz ist, dass die Strukturen der Judikative kein presserelevantes und damit kein politisches Gewicht haben. Die Pressearbeit der Gerichte beschränkt sich daher zumeist darauf, der Öffentlichkeit Rechtsprechungsergebnisse vorzustellen. Strukturprobleme der Judikative werden ausgeblendet. 

d) Selbstwahrnehmung der Richter 

Die meisten Richter akzeptieren die traditionell gewachsenen Strukturen ohne sie zu hinterfragen und sehen sich in ihrer Unabhängigkeit nicht berührt. Sie werden kaum mit Verwaltungsangelegenheiten befasst und haben im Bereich der Rechtsprechung dank Weisungsfreiheit und der Möglichkeit, Ort und Zeit ihrer Tätigkeit sehr frei zu regeln, Freiheiten, die kaum ein abhängig Beschäftigter in Wirtschaft und Verwaltung genießt. Das unterstützt die Selbstwahrnehmung als in jeder Hinsicht unabhängig. Auf welche Weise hier das Bewusstsein, einer Elite anzugehören und die reflexartige Zurückweisung der Gefährdung der Unabhängigkeit – die bewusst hinzunehmen für einen Richter fast ehrenrührigen Charakter hätte, da Integrität und Neutralität zum Ansehen des Berufsbildes maßgeblich beitragen – zusammenwirken, wäre eine gesonderte Untersuchung wert. 

Andere Richterinnen und Richter erkennen die Möglichkeiten einer richterlichen Karriere und suchen – mit Erfolg – die Nähe zum Ministerium, um z.B. in Verwaltungsfunktionen oder Abordnungen an das Ministerium oder als wissenschaftliche Mitarbeiter von Parlamentsfraktionen oder von Verfassungsgerichten Beziehungen aufzubauen, die den Grundstein für eine Karriere als Präsident (der R 2-Präsident eines Amtsgerichts hat beste Aussichten, auch Präsident eines (R 3-)Landgerichts zu werden, der Präsident eines (R 3-) Landgerichts hat beste Aussichten, Präsident eines anderen (R 4-) Landgerichts zu werden etc.) oder Bundesrichter legen. 

7. Alternative Lösungsmodelle

a) Der europäische Standard der Rechtsstaatlichkeit 

Die meisten europäischen Demokratien haben ihre Judikative komplett anders aufgestellt. Dort erfolgt eine Trennung auch in organisatorischer Hinsicht. An der Spitze der Judikative steht ein von Richterinnen und Richtern auf Zeit gewähltes, mit rd. 30 Mitgliedern recht großes Gremium, das die Verantwortung für die Verwaltungsangelegenheiten der Judikative trägt. Dieses Gremium, für das es in Deutschland keine Entsprechung gibt, führt eine Bezeichnung, die in etwa als „Oberster Rat der Richterschaft“ übersetzt werden könnte („consiglio superiore della magistratura“, „consejo general del poder judicial“, „conseil supérieur de la magistrature“). 

Die Konsequenzen sind einschneidend: die Judikative hat einen starken eigenständigen Stand und vertritt die eigenen Interessen mit politischem Gewicht. Protegierende Einflussnahmen durch die Spitze der Exekutive auf Richterkarrieren sind ausgeschlossen. Es kommt vor, dass Dispute zwischen Judikative und Exekutive in der Tagespresse auf Seite 1 dargestellt werden – in Deutschland lebensfremd. 

Solche Strukturen, die zur Stabilisierung der Demokratie beitragen, sind inzwischen der Standard der Rechtsstaatlichkeit in Europa5. In der Europäischen Union fehlen sie außer in Deutschland nur in Österreich und Tschechien. Strukturen organisatorischer Eigenständigkeit der Judikative sind auch der Standard der Rechtsstaatlichkeit des Europarates. Die dortigen Arbeiten zu Rechtsstaatlichkeit und richterlicher Unabhängigkeit (etwa die Haltung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates6 oder die Stellungnahmen von CCJE [Conseil Consultatif de Juges Européens]7 und CCPE [Conseil Consultatif de Procureurs Européens]) sehen einen untrennbaren Zusammenhang zwischen richterlicher Unabhängigkeit und Autonomie der Dritten Gewalt, einschließlich Personal- und Haushaltsautonomie. 

b) Die Haltung der Berufsverbände von Richtern und Staatsanwälten 

In Deutschland gibt es hauptsächlich vier Berufsverbände von Richtern und Staatsanwälten: den Deutschen Richterbund (mit Abstand der größte richterliche Berufsverband), die Neue Richtervereinigung, Ver.di und den Amtsrichterverband. Letzterer vertritt nur partikulare Interessen und hat Arbeiten zur Justizstruktur noch nicht vorgelegt. 

Die übrigen Verbände treten in unterschiedlicher Weise für eine Herstellung der organisatorischen Eigenständigkeit der Judikative ein. Der Richterbund hat in der Erwartung, am ehesten auf Landesebene politisch etwas bewegen zu können, 2009 Mustergesetzentwürfe für Strukturreformen der Landesjustiz vorgelegt und sie 2010 finalisiert.8 Die Neue Richtervereinigung hat 2010 Diskussionsentwürfe für das Bundesrecht vorgestellt (verfassungsrechtliche Verankerung und einfachgesetzliche Ausformungen) und durch die Bundesmitgliederversammlung 2011 in überarbeiteter Form als ihre Entwürfe beschlossen.9Ver.di liegt inhaltlich nahe an den Vorstellungen der Neuen Richtervereinigung. 

Alle diese Reformvorschläge, die in jüngerer Zeit aktualisiert und vertieft wurden, bringen es mit sich, dass die Exekutive Macht abgibt, die sie bisher in Bezug auf die Strukturen, aber auch in Bezug auf Personalentscheidungen in der Judikative hat. Solche Vorschläge sind für die zuständigen Minister uninteressant, zumal wenn – wie hier bislang – weder für den Machtverlust eine Kompensation auf einem anderen Gebiet angeboten werden kann noch der Beifall der Öffentlichkeit erwartet werden darf. Allerdings sind die Rahmenbedingungen insoweit im Fluss. Zunehmend werden in Koalitionsvereinbarungen von Landesregierungen links von der Mitte Passagen aufgenommen, die eine vorsichtige Öffnung für Strukturreformen in der Judikative erkennen lassen. Zeit dafür wäre es endlich. 
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LESENSWERTE informative und „vertiefende“ Schriften bzw. LINK´s:

Da wären noch wichtige Link´s welche vom Fachausschuss und von Interessierten gelesen werden können/sollten. Vor allem „Die richterliche Abhängigkeit in Europa und ihre Sicherung durch einen obersten Richterrat
http://www.gewaltenteilung.de/oberto.htm von Giacomo Oberto welche die UN-Grundprinzipien über die Unabhängigkeit der Gerichtsgewalt auch dank der Mitarbeit der Internationalen Richtervereinigung ausgearbeitet worden sind. (14 Seiten die es wert sind zu lesen!!!) 

Der Konflikt zwischen der Freiheit der Bürger und der Macht des Staates.
http://gewaltenteilung.de/beitraege.htm

Aber auch: Gewaltenteilung im deutschen Bewusstsein – Versuch einer Kritik http://gewaltenteilung.de/einf_druck.htm

Aber auch: Gewaltentrennung als Verfassungsprinzip von Hubert Milz bzw. Udo Hochschild.
http://www.gewaltenteilung.de/milz_gewaltenteilung.pdf

Und zu letzt: Dresdner Plädoyer für eine unabhängige Staatsanwaltschaft. (ebendort u. v. .m.) 

In der Hoffnung auf öffentliche Diskussionen und „Anschluss unserer Justiz“ auf europäische Standards. Für eine FREIE UNABHÄNGIGE JUSTIZ und wirkliche Gewaltentrennung anstatt Machtkonzentration und Korruption!!!

                            Mit freundlichen Grüßen

                             Klaus Schreiner