© APA
http://www.vol.at/korruption-pilz-attackiert-justizminister-brandstetter/4096845
Pilz: Informelle Besprechungen ermöglichen „Drei-Klassen-Justiz“ – Steinhauser fordert Bundesstaatsanwalt
Grüne kritisieren System der „versteckten“ Weisungen
Wien – Die Grünen sind überzeugt, dass es in Österreich eine „Drei-Klassen-Justiz“ gibt, die „die Großen“ und „die Unsrigen“ verschont und nur „die Kleinen“ zur Verantwortung zieht. Zu diesem Zweck werde das an sich transparente Weisungsrecht mit informellen Dienstbesprechungen umgegangen, verwiesen Peter Pilz und Albert Steinhauser am Freitag auf die Causa Meinl – und forderten einen Bundesstaatsanwalt.
Mit Dienstbesprechungen hat das Justizministerium – laut „Falter“ – schon zwei mal einen U-Haft-Antrag gegen Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl gekippt. Dieses „mündlich erörterte Vorhaben“ der Staatsanwaltschaft sei seitens der OStA Wien und des Ministeriums „nicht zur Kenntnis genommen“ worden, steht in der Niederschrift der StA Wien-Leiterin Maria-Luise Nittel über eine Besprechung am 16. Oktober. Von der OStA Wien war u.a. Leiterin Eva Marek dabei, vom Ministerium Sektionschef Christian Pilnacek. Eine „einvernehmliche Rechtsauffassung“ fand man u.a. über Kontenöffnungen.
„Verwischte Spuren“
Für den Grüne Sicherheitssprecher Pilz ist das eine „versteckte Weisung mit verwischten Spuren“. Mit solchen informellen Signalen steuere das Ministerium, „dass das Gewünschte rauskommt“, ohne dass eine formale Weisung schriftlich im Akt festgehalten werden muss und damit vom Parlament kontrollierbar wäre.
Auf diese Weise könnten „die Großen“ und „die Unsrigen“ (also Polizei- und Justizmitarbeiter) geschützt und etwa Korruptionsverfahren eingestellt werden, während „die Kleinen“ sofort in U-Haft kämen und für Straftaten bestraft würden, sieht Pilz eine Drei-Klassen-Justiz. Das liege nicht an den „kleinen Staatsanwälten“ – die sich durchaus bemühen würden -, sondern an der „Spitze“ in der OStA und im Ministerium. „Es stinkt von ganz oben“, ist Pilz überzeugt. Wobei sich Steinhauser fragt, ob „ganz oben“ Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) selbst ist. Also ob dieser etwa von der Dienstbesprechung wusste.
Jedenfalls wolle Brandstetter nun nicht mehr, wie angekündigt, auf das Weisungsrecht verzichten, sondern nur mehr einen Weisenrat gesetzlich fixieren. Damit hätten sich „das Justizministerium und die ÖVP die gesamte Macht über die Staatsanwälte gesichert“. Und die Causa Meinl zeige, dass ein Weisenrat nichts bringe – denn wenn es keine formale Weisung gibt, würde dieser auch nicht mit der Sache befasst.
„Heerscharen von PR-Beratern“
Der Grüne Justiszprecher pochte deshalb auf einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt. Ein solcher wäre wesentlich weniger anfällig für Druck als ein Minister, der sich als Politiker um Ansehen und Image sorgen müsse. Dass Druck ausgeübt werde, zeigten die „Heerscharen von PR-Beratern“ in den Causen Meinl oder Alijev. Zudem könne man von einem von der ÖVP nominierten Justizminister „nicht erwarten, dass er große Teile der ÖVP vor Gericht stellt“, merkte Pilz an.
Aber die Grünen erwarten eine Antwort Brandstetters auf eine parlamentarische Anfrage zur Causa Meinl. Und sie warten auf eine formale Weisung in Sachen Weinzierl. Denn „jetzt muss das Justizministerium aus der Deckung kommen, um zu verhindern, dass gegen den Beschuldigten der Meinl-Bank U-Haft verhängt wird“, merkte Pilz an. (APA, http://derstandard.at/2000009306838/Gruene-kritisieren-System-der-versteckten-Weisungen)
foto: newald
Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz hat am Donnerstag Justizminister Brandstetter (ÖVP) attackiert. Er beruft sich dabei auf ein Abhörprotokoll eines Telefonats von Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger, in dem Meischberger dem heutigen Justizminister (damals noch Strafverteidiger, Anm.) beste Verbindungen zur Staatsanwaltschaft attestiert.
Brandstetter sei früher ein „Vertrauensmann“ von Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger gewesen und habe möglicherweise „illegitime Zugänge zur Justiz“ gehabt, so Pilz. Er glaubt, dass der Minister deshalb bei der U-Ausschuss-Reform „interveniert“. Das Ministerium findet das alles „absurd“.
Telefonprotokoll von Grasser und Meischberger
Pilz stützt sich auf die Niederschrift einer Telefonüberwachung im Jahr 2011, in der Grasser und Meischberger den damaligen Strafverteidiger und heutigen Minister mehrmals namentlich nennen. Brandstetter könne mit einer leitenden Oberstaatsanwältin Kontakt aufnehmen, um „alle Dinge zu klären“, dies habe er selber angeboten, behauptete demnach Meischberger. Diese Oberstaatsanwältin widerum war die Vorgesetzte jenes Staatsanwalts, der damals die Ermittlungen im Buwog-Fall leitete.
Das Überwachungsprotokoll hatte die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser bereits 2011 in einer parlamentarischen Anfrage publik gemacht, allerdings anonymisiert. Pilz „outete“ nun bei einer Pressekonferenz nicht nur Brandstetter, sondern noch weitere Namen, die im Telefonat fielen.
„Brandstetter auf der falschen Seite“
Der Grüne Mandatar und Sicherheitssprecher schließt daraus: Brandstetter sei „so etwas wie ein Vertrauensmann für Herrschaften wie Meischberger und Grasser“ gewesen. Und offenbar habe er „illegitime und möglicherweise illegale Zugänge“ zur Justiz gehabt. Jemand mit „solchen Kontakten“, der „auf der falschen Seite steht“, sei nicht geeignet für ein hohes Amt der Republik, empörte sich Pilz.
Man müsse in Österreich von dem Gedanken abkommen, dass man für ein Amt erst dann ungeeignet sei, wenn man bereits im Gefängnis sitze. Er will die „Causa Brandstetter“ untersucht wissen und kündigte die Publikation weiterer Protokolle an.
Grund für U-Ausschuss-Reform?
Außerdem sieht er in dem von ihm dargestellten Beziehungsgeflecht mögliche Gründe dafür, warum einerseits so viele Korruptionsverfahren eingestellt würden und andererseits sich das Justizministerium bei der Reform des parlamentarischen U-Ausschusses „auf bemerkenswerte Weise eingemischt hat“. Das Ministerium habe nämlich verlangt, dass künftig keine Staatsanwälte und auch keine Aufsichtsratsvorsitzenden von staatsnahen Unternehmen vor parlamentarische Ausschüsse geladen und befragt werden dürften.
Justizministerium wiegelt ab
Im Büro des Justizministers wird all dies strikt zurückgewiesen. „Das ist absurd und entbehrt jeder Grundlage“, sagte sein Sprecher zur APA. Was das behauptete Naheverhältnis zu Grasser und Meischberger betreffe, gelte weiter: „Professor Brandstetter hat keine dieser Personen jemals rechtlich vertreten oder beraten. Es gab kein Vertrauensverhältnis, er war kein ‚Vertrauensmann‘.“ Grasser habe angefragt, ob ihn Brandstetter vertreten würde, „und er hat das abgelehnt“. Dass sich Brandstetter „illegitimer Zugänge“ bedient habe, gehöre ebenfalls ins „Reich der Fantasie“. Eine konkrete Reaktion auf die Aussage Meischbergers über Brandstetters „gute Beziehungen“ blieb jedoch aus.
Was den U-Ausschuss betreffe, habe das Justizministerium eine Stellungnahme zum Entwurf des Parlaments abgegeben und dabei lediglich einige Präzisierungen vorgeschlagen. „Das hat nichts mit Ladungen zu tun.“ (red/APA)
DER BOCK ALS GÄRTNER
via Peter Pilz https://www.facebook.com/peterpilz/posts/783227115054437
Justizminister Brandstetter und die Korruption
1. EINGESTELLT
Eingestellt. Eingestellt. Eingestellt….
Was war die Leistung der Staatsanwaltschaft? Da offensichtlich nur die parlamentarische Kontrolle verlässlich funktioniert, spricht vieles dafür das Versagen der Staatsanwaltschaften bei der Bekämpfung der organisierten Korruption zum Gegenstand eines U-Ausschusses zu machen.
2. U-AUSSCHUSS
Der Justizminister will das nicht. Daher mischt er sich in die Reform des parlamentarischen Untersuchungsausschusses ein und stellt schriftlich zwei Forderungen:
1. Künftige U-Ausschüsse sollen nicht mehr die Arbeit der weisungsgebundenen Staatsanwälte überprüfen dürfen;
2. Sie sollen auch keine Aufsichtsräte, die von der Republik als Eigentümer in Unternehmen entsandt werden, befragen dürfen.
3. MEISCHBERGER, GRASSER UND BRANDSTETTER
NR Gabi Moser hat in einer parlamentarischen Anfrage (7581/J) aus dem Protokoll einer Telefonüberwachung zitiert. Es stammt vom 28.1.2010 und gibt ein Gespräch zwischen Grasser und Meischberger wieder.
In der Anfrage werden vier Personen durch Abkürzungen (B., W., D. und G.) unkenntlich gemacht. Zum Verständnis der Rolle des jetzigen Justizministers ist es notwendig diese Personen kenntlich zu machen.
Es geht um den bekannten Fall der Erörterung einer möglichen Bestechung eines „Staatspolizisten“ mit 5000 €.
DAS TÜ-PROTOKOLL
A (Meischberger): Viel Geld ist es nicht, aber nicht viel, aber eigentlich nichts. Aber es ist eine klassische Geschichte von einem bestochenen Beamten um 5000 €.
B (Grasser): (Gedankenpause) Ich bin irgendwie sprachlos bei den Dingen die du mir sagst. Dass das Land so korrupt ist und so beschissen funktioniert und so politisch gelenkt ist, macht mich wirklich sprachlos. Du ich glaub ganz ehrlich, du kannst das nur aufbauen als Falle und ein Mikrofon umhängen in irgendeiner Form, das mitrennt, wo du jederzeit den Beweis führen kannst, dass du sozusagen das nie machen wolltest. Das musst du mit Gerald (G. – Gerald Toifl) bereden.
A: Ja mit Gery hab ich eh schon telefoniert. Und der sagt, kommt ja gar nicht in Frage, dafür brauchen wir gar nicht bezahlen, da haben wir alle Zugänge. Weil da geht er zur Winkler (W. – damals Leiterin der Wirtschaftsabteilung der StA Wien).
Hab ich dir gesagt dass Brandstätter (B. – Strafverteidiger) sich angeboten hat jederzeit mit ihm zur Winkler zu gehen und alle Dinge zu klären. Er hat heute lange mit Brandstätter geredet und Brandstätter hat eine enge Verbindung zu Winkler und Winkler ist die Oberaufseherin vom Denck (D. – StA Denk leitet das BUWOG-Verfahren gegen Meischberger und Grasser).
B: OK, a so, sie ist die Chefin vom Denck. Sie ist die leitende Staatsanwältin. Ah, OK.
A: Ja, da haben wir beste Zugänge übern Brandstätter.
B: Na gut, das wäre gut, wenn der Brandstätter mal auslotet, was da dahinter steht und was da läuft.
A: Nein, das brauchen wir gar, wir brauchen nur den Gery. Also der Winklerin sagen, dass der Gery kommt.
B: Na ja das schon. Aber vielleicht kommt der Brandstätter drauf, was da politisch dahintersteckt.
A: Nein, das weiß er eh. Er sieht das zentral auf den Grasser gerichtet.
Meischberger und Grasser brauchen also keinen bestochenen Staatspolizisten, weil sie Gery haben – und „Brandstätter“, den heutigen Justizminister Wolfgang Brandstetter.
Ich glaube nicht dass sich Brandstetter in diesem Fall auf illegalem Weg Unterlagen aus der Staatsanwaltschaft besorgt hat. Das war wahrscheinlich gar nicht nötig.
Aber wie kann der „Zugang“ von Grasser- Meischberger und Konsorten Justizminister der Republik Österreich werden?
Diese Frage muss wohl die ÖVP beantworten.
Jeden Monat drei Weisungen an Staatsanwälte
34 Weisungen an Staatsanwälte seit Brandstetters
Antritt Der Weisenrat wurde zudem mit 38 Fällen befasst.
Das Justizministerium hat seit dem Amtsantritt von MinisterWolfgang Brandstetter (ÖVP) vor rund elf Monaten 34 Weisungen an Staatsanwälte erteilt und in fünf Fällen deren Erteilung vorbereitet.
Der von Brandstetter eingesetzte Weisenrat wurde bisher mit 38 Fällen befasst.
In dreien davon wurde eine Weisung auf (zumindest teilweise) Einstellung eines Verfahrens erteilt.
Das teilt Brandstetter in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der NEOS mit. Er hatte den Weisenrat im Jänner 2014 vorerst provisorisch als „Kommission“ eingesetzt. Zuständig ist der Weisenrat für Fälle, in denen Brandstetter früher als Strafverteidiger oder in sonstiger beratender Funktion tätig war, in Strafsachen gegen oberste Organe der Gerichtsbarkeit sowie in Fällen, in denen eine inhaltliche Weisung erteilt werden soll.
Reform
Im Zuge der von ihm für nächstes Jahr angekündigten Reform des Weisungsrechts will der Minister den Weisenrat im Gesetz als Beratungsorgan verankern. Dies hat auch die von ihm eingesetzte Expertenkommission vorgeschlagen.
http://kurier.at/politik/inland/heikle-faelle-neo-justizminister-plaediert-fuer-einen-weisenrat/40.938.838
Uni-Professor Brandstetter ist für Sofortlösung bis zur Abschaffung des Weisungsrechts.
Karl-Nachfolger Brandstetter könnte die Staatsanwälte noch unabhängiger machen
Offiziell sagt er noch nichts – wie sähe das denn aus, wenn ein Minister frank und frei über seine Pläne plaudert, noch ehe ihn der Bundespräsident angelobt hat?
Im Unterschied zu anderen Quereinsteigern ist bei Wolfgang Brandstetter, dem designierten Ressortchef im Justizministerium, aber schon jetzt klar, wohin die justizpolitische Reise geht bzw. gehen soll.
Denn der von Experten-Kollegen als umsichtig, bescheiden und kompetent beschriebene Wiener Strafrechtler ventiliert seit Jahren, was sich in der Justiz ändern muss.
Die wesentlichste Änderung, die der 56-Jährige zuletzt vorschlug, ist die ohnehin viel diskutierte Abschaffung des Weisungsrechts für den Justizminister.
Zur Erinnerung: Derzeit sind alle Staatsanwälte dem Ressort-Chef unterstellt. In letzter Instanz obliegt es also dem oder der Ressortchefin, zu entscheiden, ob und wie in Strafverfahren vorgegangen wird.
Im Alltag der Anklagebehörden spielt die Weisungskette meist keine große Rolle; wollen Minister Weisungen erteilen, so müssen sie dies schriftlich tun – was selten passiert.
Politischer Streit
Die „bloße Existenz“ des Weisungsrechts, so erklärte Brandstetter vor einem Jahr in einem Gastkommentar für den KURIER, verhindere aber, „dass die Justiz aus parteipolitischen Auseinandersetzungen verlässlich herausgehalten wird“.
Primäre Aufgabe des Justizministers sei, das Vertrauen in die unabhängige Justiz zu stärken – eben deshalb müsse das Weisungsrecht fallen.
Was aber geschieht mit jenen Einzelfällen, in denen der Ressort-Chef einen groben Schnitzer beheben will? In diesen – wenigen – Fällen soll er den Obersten Gerichtshof anrufen können. Den Vorwurf, der Minister würde Verfahren aktiv beeinflussen, Ermittlungen abdrehen oder forcieren, könnte man der Justiz damit ersparen.
Geht’s nach Brandstetter, wird der Ressortchef zum „Compliance Officer der Republik“.
Was bedeutet das konkret? In größeren Unternehmen kümmern sich „Compliance“-Beauftragte darum, dass ein Unternehmen (internationale) Anti-Korruptionsgesetze einhält. Das reicht von der Frage, ob und welche Geschenke Abteilungsleiter annehmen dürfen bis hin zur Frage, wie man an Ausschreibungen teilnimmt.
Compliance Officer sorgen also dafür, dass ein Unternehmen Regeln und Gesetze einhält – und genau das wünscht sich Brandstetter von der Justiz.
Freilich nicht, indem mit möglichst drakonischen Strafen gedroht wird, nein. Der Wiener Strafrechtler gilt als Verfechter eines umfassenden Präventionsgedankens. In den Worten Brandstetters klingt das so: „Eine Gesellschaft, die sich mehr mit Repression als mit Prävention beschäftigt, neigt zur Verrohung.“
Neue Leiterin der Wiener Oberstaatsanwaltschaft für Weisungsrechtsreform
Amtseinführung von Eva Marek am Montag – Weisungsrecht: „Eine auf der Hand liegende bessere Lösung gibt es nicht“
Wien – Die neue Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Eva Marek, hält „sehr viel“ von der sich abzeichnenden Reform des Weisungsrechts – Fachaufsicht und Weisungsrecht zwar beim Justizminister zu belassen, diesem aber einen unabhängigen Weisenbeirat an die Seite zu stellen. Angesichts der Personalnöte will sie versuchen, schon Jus-Studenten für den Job in der Staatsanwaltschaft zu gewinnen.
Die – auch von der Standesvertretung erhobene – Ansicht, die politische Weisungsspitze müsste abgeschafft werden, teilt Marek nicht. Diese Diskussion gebe es schon seit sie vor mehr als 20 Jahren zur Staatsanwaltschaft kam, „und sie dauert fort“. Daran sehe man, dass es „eine auf der Hand liegende bessere Lösung nicht gibt“, sagte Marek im APA-Interview vor ihrer Amtseinführung am Montag. In einem Rechtsstaat „jedenfalls nicht wünschenswert“ wäre ein „gänzlich unbeaufsichtigter Staatsanwalt“. Die Weisungsbefugnis sei Instrument der Fach- und Dienstaufsicht: „Bei Gericht gibt es auch Instanzen, und das mit gutem Grund.“
Nicht genügend Bewerber für Planposten
Die – seit der Vorverfahrensreform – angespannte Personalsituation bessere sich zwar laufend, aber noch sei das Verhältnis zur Arbeitsmenge nicht überall ausgewogen. Ein Problem z.B. an der Staatsanwaltschaft Wien ist, dass sich nicht genügend Bewerber für die aufgestockten Planposten finden. In einem gemeinsamen Projekt mit der Vizedekanin der Uni Wien, Susanne Reindl-Krauskopf, will Marek deshalb schon Studenten vor Augen führen, „wie attraktiv und spannend die Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft ist“.
Den im Vorfeld ihrer Ernennung in den Raum gestellten Verdacht der ÖVP-Nähe weist Marek zurück. Die Parteipolitik habe im Ermittlungs- und insgesamt im Strafverfahren keinen Platz. Wenn eine Verdachtslage bestehe, sei ein Ermittlungsverfahren zu führen. Aufgabe der – laut Gesetz objektiven – Anklagebehörde sei es, die Wahrheit zu ermitteln. „Und wegen der Zugehörigkeit zu einer im Parlament vertretenen Partei muss niemand in einem Strafverfahren einen Nachteil befürchten, die Menschen dürfen sich deshalb aber auch keinen Vorteil erwarten.“
Strafjuristisch zur Seite stehen
Ihr persönlich sei in all ihren beruflichen Positionen „höchste Objektivität, Sachlichkeit und juristische Kompetenz bescheinigt“ worden. „Diese Schwerpunkte werden meine Arbeit auch weiterhin prägen“, dabei seien „Gesetzestreue, Wahrung der Menschenrechte und ein faires Verfahren oberstes Gebot“. Als ihr Ziel in der neuen Funktion nennt Marek, „die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu unterstützen und ihnen auch strafjuristisch zur Seite zu stehen“.
Marek folgte an der OStA Wien Werner Pleischl nach, der Leiter der Generalprokuratur wurde. Geboren ist sie am 6. Juni 1968 in Graz, wo sie auch Jus studierte und 1995 ihre Laufbahn bei der Staatsanwaltschaft startete. Ende 1999 kam sie ins Justizministerium, dort arbeitete sie in der Legislativsektion an der StPO-Reform mit und war später für Einzelstrafsachen zuständig. 2003 wurde Marek Leitende Staatsanwältin im Justizministerium. 2005 bis 2007 arbeitete sie als Generalanwältin, dann wechselte sie in den Obersten Gerichtshof, wo sie bis zu ihrer Bestellung zur Leiterin der OStA Wien als Richterin in Strafsachen tätig war. Marek ist verheiratet mit dem früheren ÖVP-Gemeinderat und jetzigen Gruppenleiter im Innenministerium, Günther Marek. (APA, http://derstandard.at/2000007911515/Neue-Leiterin-der-Oberstaatsanwaltschaft-fuer-Weisenbeirat)
ZUM NACHDENKEN!
ANFRAGE der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz
betreffend Weisungen und die herrschende „Drei Klassen-Justiz“
BEGRÜNDUNG
Die Wochenzeitung „Falter“ berichtet in der Ausgabe vom 10.12.2014 über neue Entwicklungen im Strafverfahren „Meinl-Bank“. Obwohl sich aus bei Hausdurchsuchungen aufgefundenen Dateien der Verdacht ergeben habe, dass der Vorstand der Meinl Bank Peter Weinzierl Anleger, die in „Meinl European Land“-Papiere investiert hatten, um 16 Million Euro geschädigt und rund die Hälfte davon „selbst eingesteckt“ habe, hätten die Oberstaatsanwaltschaft Wien bzw. die zuständigen Beamten des Bundesministeriums für Justiz das Vorhaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft Wien, einen Haftbefehl insbesondere wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr zu beantragen, bei einer Dienstbesprechung abgelehnt.
Das sei bereits der zweite derartige Vorfall in diesem Verfahren, da bereits im Jahr 2012 einmal ein von Antrag der Staatsanwaltschaft auf Verhängung eines Haftbefehls, der sogar bereits vom zuständigen Richter bewilligt worden war, nach Intervention der Oberstaatsanwaltschaft zurückgezogen werden musste.
In einem Zwischenbericht vom 5.9.2014 erläuterten die ermittelnden Kriminalbeamten die Anregung der Festnahme wie folgt:
„Zu den angezeigten Verdachtsmomenten wird ausgeführt, dass das geschädigte Unternehmen bis heute nicht erkannt hat, dass sich MMag. Peter Weinzierl aus dieser Tat persönlich bereichern konnte. Es wird darauf verwiesen, dass MMag. Peter Weinzierl noch immer Vorstand der Meinl Bank AG ist und somit erhebliche Bedenken bestehen, dass beweiserhebliche Bankunterlagen trotz staatsanwaltschaftlicher Anordnung und gerichtlicher Bewilligung vollständig übergeben werden (Verweis auf den ho Bericht vom 28.3.2013 betr. Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der Meinl Bank AG, wonach von Bankmitarbeitern Kontakte zu ***, *** und *** nicht gefunden wurden, eine ***-Bilanz nicht zugänglich gemacht wurde etc.). Die im Rahmen dieser Hausdurchsuchung sichergestellten Unterlagen, erade Buchhaltungsunterlangen denen keine Kundengeheimnisse zugrunde liegen, sind bis heute für Ermittler nicht verwertbar wodurch das Verfahren erheblich verzögert wird. […]
MMag. Peter Weinzierl nutzte bei seinem gesamten deliktischen Handeln seine Leitungsfunktion in einer Bank. MMag. Peter Weinzierl übt gegenwärtig und unverändert zum Tatzeitpunkt seine Tätigkeit als Vorstand der Meinl Bank AG aus. Die Meinl Bank AG setzt der Werbung entsprechend gegenwärtig via Prag wieder auf Investitionen in Immobilien.
Aufgrund dieser Umstände ist eine Festnahmeanordnung gegen MMag. Peter Weinzierl anzuregen.“
Der Beschuldigte kontrolliert nach dieser Darstellung also weiterhin die Aktivitäten der Meinl Bank insbesondere auch gegenüber den Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung der ihn persönlich betreffenden Verdachtslagen. Obwohl also Verdunkelungsgefahr, Tatbegehungsgefahr und aufgrund des Wohnsitzes im Ausland auch die Fluchtgefahr evident erscheinen, wurde die Beantragung der Untersuchungshaft von BMJ und Oberstaatsanwaltschaft verhindert.
Damit stellt sich die Frage, warum vor den Spitzen der Strafjustiz nicht alle gleich sind.
Dabei ist dreierlei auffällig:
1. U-Haft trifft vor allem „kleine“ Beschuldigte. Die „Großen“ bleiben auf freiem Fuß.
Während nämlich über prominente Beschuldigte so gut wie nie Untersuchungshaft verhängt wird und es in überraschend vielen Fällen zur Einstellung von Strafverfahren kommt, können weniger privilegierte Personen nicht mit einer derart zuvorkommenden Behandlung rechnen.
Jüngstes Beispiel für eine drakonische Vorgehensweise von Staatsanwaltschaft und Gericht war etwas das sogenannte „Schlepperverfahren“ in Wiener Neustadt, bei dem mehrere Beschuldigte monatelang in Untersuchungshaft saßen und letztlich (mit einer Ausnahme) wegen gewerbsmäßiger Schlepperei verurteilt wurden, obwohl die finanziellen Gegenleistungen, die sie für Gefälligkeiten im persönlichen Umfeld erhalten haben sollen, sich lediglich im Bereich weniger Euro bewegten.
Aus der jüngeren Vergangenheit sind auch die mehrmonatige Untersuchungshaft des deutschen Demonstranten Josef S., oder die völlig unverhältnismäßige strafgerichtliche Verfolgung und mehrmonatige Inhaftierung der Beschuldigten im sogenannten „Tierschützerfall“ zu nennen. Gerade im letztgenannten Fall, welcher den letztlich in allen Anklagepunkten freigesprochenen Beschuldigten Prozesskosten in existenzvernichtender Höhe bescherte, zeigte die österreichische Justiz ihre zynische Seite, als heuer im Sommer eine Schadenersatzklage eines Betroffenen gegen die Republik wegen Verjährung abgewiesen wurde, wobei der Beginn der Verjährungsfrist bereits während der Inhaftierung angesetzt wurde – also Jahre vor der Rechtskraft der freisprechenden Urteile.
Ganz anders stellt sich der Fall bei prominenten Beschuldigten dar, die sich teure Verteidiger und die Wahrnehmung sämtlicher Rechtsbehelfe leisten können, und bei denen anscheinend jeder Schritt im Ermittlungsverfahren über drei Instanzen vorab auf alle denkbaren und undenkbaren rechtlichen Eventualitäten abgeklopft wird.
Nicht nur bei ermittelnden Beamten verfestigt sich dabei immer mehr der Eindruck, dass unter der Regie eines Sektionschefs eine zwei Klassen-Justiz – scharf gegen die Kleinen, milde gegen die Großen – gepflegt wird.
2. Korruptionsverfahren werden in der Regel eingestellt.
Die Liste von Ermittlungsverfahren, die in den vergangenen Jahren eingestellt wurden, ist lang, und die Begründungen sind teilweise abenteuerlich:
• Das Ortstafel-Verfahren gegen den Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler wurde 2009 „nicht fortgeführt“, da laut Staatsanwaltschaft „kein Schädigungsvorsatz“ vorlag. Beinahe schon legendär ist mittlerweile die Begründung, dass es fraglich sei, ob mit Dörfler ein Landeshauptmann die strafrechtliche Tragweite seiner Handlungen einzuschätzen vermochte.
• Das Eurofighter-Verfahren gegen Gernot und Erika Rumpold wurde 2011 trotz massiver Verdachtsmomente und konkreter Ergebnisse einer parlamentarischen Untersuchung ohne Kontenöffnungen, Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachungen eingestellt und bis heute nicht wieder aufgenommen.
• In der OeBS-Affäre wurden die Ermittlungen gegen Notenbankchef Ewald Nowotny im Jahr 2012 eingestellt.
• Das Ermittlungsverfahren gegen Karl Heinz Grasser wegen des Verdachtes des Missbrauchs der Amtsgewalt in der Causa AvW wurde 2012 „aus Beweisgründen eingestellt“.
• Gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wurden seitens der Staatsanwaltschaft weiters Ermittlungen wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage eingestellt. (April 2012)
• In der Causa des unter anderem wegen einer Wohnungsaffäre ins Visier der Justiz geratenen Tiroler Ex-Finanzlandesrats Christian Switak (ÖVP) hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nach mehr als einjährigen Untersuchungen 2013 das Ermittlungsverfahren eingestellt.
• Die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos nach einer umstrittenen Personalbestellung sind eingestellt worden. Konkret ging es um die Besetzung des Abteilungsleiters „Materialstab Luft“ im Jahr 2009, als Darabos Minister war. (2013)• 2013 hat die Staatsanwaltschaft Wien auch die Ermittlungen gegen Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) eingestellt. Ihr war Untreue im Zusammenhang mit der Vergabe von Inseraten vorgeworfen worden. Für einen Vorsatz würden keine Beweise vorliegen, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft einen Bericht des „Kurier“.
• Eingestellt wurden 2013 auch die Ermittlungen gegen Werner Faymann und Josef Ostermayer in der ÖBB-Inseratenaffäre. Der Vorwurf: Das Infrastrukturministerium habe in Faymanns Zeit als Minister (Ostermayer war damals sein Kabinettchef) Inserate von Asfinag und ÖBB bezahlen lassen, die aber vor allem Werbung für den Minister dargestellt hätten. Die Staatsanwaltschaft kam indes zu dem Schluss, dass weder für die Asfinag noch für die ÖBB ein Schaden im strafrechtlichen Sinn nachweisbar gewesen sei.
• Auch das Verfahren gegen Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich wegen Inseraten des BMLFUW in ÖVP-nahen Zeitungen wurde 2013 eingestellt.
• Die Staatsanwaltschaft Wien hat auch ihre Ermittlungen gegen den ÖVP-Abgeordneten Werner Amon wegen der Verrechnung von „Druckkostenbeiträgen“ für eine parteinahe Zeitung ohne nachweisbare Gegenleistung in der Telekom-Affäre 2013 eingestellt.
Auch unter dem derzeit amtierenden Justizminister setzte sich die lange Kette von Einstellungen prominenter Verfahren fort.
• Im Februar 2014 wurden die Ermittlungen gegen die frühere ÖVP-Abgeordnete Karin Hakl im Zusammenhang mit der mittelbaren Bezahlung von Wahlkampfkosten aus Mitteln der Telekom Austria eingestellt. • Ebenso eingestellt wurde zu dieser Zeit das Verfahren gegen den Chef der Bundeswettbewerbsbehörde Theo Tanner wegen des Verdachts der Bevorzugung der Telekom Austria in einem Kartellstrafverfahren.
• Eingestellt wurden im März 2014 auch diverse Strafverfahren wegen Spekulations- und Immobiliengeschäften von Unternehmen im ÖBB Konzern, unter anderem auch gegen die VP-Justizsprecherin und Nationalratsabgeordnete Michaela Steinacker.
• In der Causa Aliyev wurden im März 2014 die Ermittlungen gegen Alfred Gusenbauer eingestellt, der unter Verdacht stand, das kasachische Regime mit vertraulichen Dokumenten versorgt zu haben.
• Die Eurofighter-Ermittlungen gegen den früheren Verteidigungsminister Herbert Scheibner (BZÖ) wegen Verdachts der Geldwäsche wurden im Juni 2014 eingestellt. Die Staatsanwaltschaft Wien erklärte, das Ermittlungsverfahren sei aus Beweisgründen eingestellt worden.
• Auch die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um den Kauf von Schloss Reifnitz gegen Frank Stronach und Siegfried Wolf sind eingestellt worden.
• Die Ermittlungen gegen Gerhard Dörfler wegen der sogenannten „Sonderanstalt Saualm“ wurden im Juli 2014 eingestellt.
• Ebenfalls im Juli 2014 wurden die Ermittlungen gegen den niederösterreichischen Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka wegen der milliardenschweren Spekulationsverluste mit Geldern der Wohnbauförderung eingestellt.
• Im August 2014 wurden die jahrelangen Ermittlungen gegen Martin Graf eingestellt. Graf war als Ex-Prokurist des Seibersdorfer Research Centers Untreue und Förderungsmissbrauch vorgeworfen worden.
• In der Causa um die frühere Werbeagentur „Connect“ der Kärntner Freiheitlichen sind die Ermittlungen gegen Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler im August 2014 eingestellt worden.
• Weiters wurde im September 2014 das Ermittlungsverfahren in der Causa „Nordbergstraße“ gegen Walter Meischberger und andere eingestellt.
• Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen gegen die frühere Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) und alle weiteren Beschuldigten wegen der Beschaffung von Grippemasken im Oktober 2014 eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen vier Personen wegen des Verdachts der Untreue und verbotener Intervention ermittelt – darunter Ex-Ministerin Rauch-Kallat und ihr Ehegatte, der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly.• Im November 2014 schließlich legte die Staatsanwaltschaft St. Pölten die Anzeige gegen den niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll wegen Amtsmissbrauch zurück. Der Leiter der Rechtsabteilung des niederösterreichischen Landesschulrats hatte im Jänner 2014 der Beschwerde der Eltern einer konfessionsfreien Schülerin recht gegeben und die Erstkommunionsvorbereitung außerhalb des Religionsunterrichts untersagt.
Landesschulratspräsident Hermann Helm hatte in Absprache mit Pröll das Verbot wieder aufgehoben. Der Leiter der Rechtsabteilung wurde versetzt. In ihrer Begründung vertrat die Staatsanwaltschaft die bemerkenswerte Auffassung, dass „die Vorbereitungen für die Erstkommunion noch keine kirchliche Handlung“ seien.
3. Bei Justiz, Polizei und Justizwache ist die Justiz blind.
Doch auch wer nicht besonders prominent ist, kann bei den Staatsanwaltschaften mit Milde und Nachsicht rechnen, wenn es sich um „einen der ihren handelt“. So werden Angehörige der Justiz, Polizei oder der Justizwache regelmäßig mit einem besonderen Glaubwürdigkeitsvorschuss behandelt.
Meistens wird bei Vorwürfen von unangemessener Polizeigewalt bei Amtshandlungen das Verfahren gegen die Beamten eingestellt, während die Anzeiger umgekehrt öfters mit Anklagen wegen Verleumdung verfolgt werden. Zuletzt so geschehen etwa hinsichtlich des Vorfalls auf einem Partyschiff am Donaukanal, wo alle Anzeigen gegen Beamte zurückgelegt, gegen die betroffenen Personen jedoch Anklage eingebracht wurde. Das war aber wie gesagt nur der letzte solcher Fälle, im Büro des Erstanfragestellers haben sich anlässlich dieses Vorfalls mehrere Personen mit ähnlichen Erfahrungen gemeldet, und auch der jährliche Sicherheitsbericht über die Tätigkeit der Strafjustiz stützt dieses Bild: So gab es 2013 bei 546 von den Staatsanwaltschaften behandelten Fällen von Verletzungen nach Amtshandlungen in lediglich 4 Fällen eine Anklage gegen Exekutivbeamte, und nur in 2 Fällen einen Schuldspruch. In den Jahren 2011 und 2012 gab es bei je über 600 Fällen sogar überhaupt keine Anklagen. (In der Gesamtzahl sind dabei auch Bagatellfälle enthalten.) Umgekehrt kam es bei Verleumdungsvorwürfen wegen Misshandlung durch PolizistInnen weitaus öfter zu Anklagen: 2013 wurde von 27 Fällen viermal Anklage erhoben, es kam aber nur zu einem Schuldspruch. 2012 gab es bei 20 Fällen sieben Anklagen (und Freisprüche), 2011 bei 29 Fällen 3 Anklagen und 1 Schuldspruch.
Realistisch betrachtet muss daher ein Exekutivbeamter, dessen Gewaltanwendung zu Verletzungen geführt hat, nur in weniger als 1% der Fälle mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, während die Opfer und Anzeiger in 10-30% der Fälle mit einer Gegenanklage bedacht werden.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Justizwache.
Jener Justizwachebeamte, der in der Haftanstalt Suben bei der Misshandlung eines Häftlings (Drücken gegen die Wand, Schlag auf den Kopf) gefilmt wurde, erhielt lediglich eine geringe Disziplinarstrafe. Die Beamten, die zusahen und nicht einschritten, wurden gar nicht sanktioniert.
Die Justizwachebeamten, die in der Haftanstalt Stein für die schockierende Vernachlässigung eines Häftlings verantwortlich waren, sind mittlerweile wieder alle im Dienst.
Jene Justizwachebeamtinnen, die schwere Vorwürfe über die Zustände in der Justizanstalt Josefstadt erhoben (Sexuelle Belästigung, Missbrauch von Insassinnen, Bestechung durch Topverteidiger, Schmuggel von Drogen durch Beamte), wurden selbst zum Opfer von Versetzung, statt dass den Anschuldigungen ernsthaft nachgegangen worden wäre.
Einem Justizwachebeamten schließlich, der in flagranti bei einem Einbruch ertappt wurde, bescheinigte ein Gerichtssachverständiger, dass er in diesem Moment nach einem Blick auf seinen Kontoauszug unzurechnungsfähig gewesen sei und nicht mehr das Unrecht seines Tun erkennen hätte können. Es ist kaum vorstellbar, dass ein nicht-privilegierter Einbrecher auf eine solche Begutachtung hoffen hätte können.
Schließlich ist auch zu erwähnen, dass diverse Ermittlungsverfahren gegen hochrangige Justizvertreter eingestellt wurden, wie etwa das Strafverfahren gegen den damaligen Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien wegen einer telefonischen Beauftragung zur Enthaftung des von Litauen wegen der Tötung von 13 Demonstranten im Jahr 1991 mit internationalem Haftbefehl gesuchten Ex-KGB Offiziers Mikhail Golovatov.
Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, und es soll auch nicht verschwiegen werden, dass in einigen prominenten Korruptionsfällen die Staatsanwaltschaft sehr wohl Anklage erhoben hat und es mittlerweile auch zu Verurteilungen gekommen ist.
Insgesamt ergibt sich aber weiterhin das Bild, dass die soziale Stellung von Beschuldigten einen enormen Unterschied in der Sorgfältigkeit der Wahrnehmung ihrer Rechte vor den Staatsanwaltschaften und der Justiz macht.
Es ergibt sich damit das Bild einer Drei Klassen-Justiz: der „Großen“, der „Kleinen“ und der „Unsrigen“.
Es besteht daher ein dringendes öffentliches Interesse aufzuklären, inwiefern dieser Umstand seitens der politischen Spitze des Justizressorts toleriert oder gar unterstützt wird.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1) Ist es zutreffend, dass seit einem Jahr eine Anklage in der Causa „Meinl“ („Dividenden“) auf Genehmigung durch das BMJ wartet?
2) Ist es zutreffend, dass im Fall Meinl Bank – Peter Weinzierl der Antrag der Staatsanwaltschaft Wien, die Festnahme anzuordnen, am 29.11.2012 mündlich und am Tag darauf schriftlich vom zuständigen Richter genehmigt wurde?
3) Ist es richtig, dass am 29.11.2012 zwischen 20.30 und 20.45 Uhr der StA von OStA-Leiter Pleischl mitgeteilt wurde, dass er die Anordnung der Festnahme nicht genehmige?
4) Ist es richtig, dass dazu auch eine Rücksprache mit SC Pilnacek im BMJ erfolgte?
5) Hat also die OStA gemeinsam mit dem BMJ die bereits richterlich genehmigte Festnahme und U-Haft gegen Weinzierl verhindert?
6) Ist es zutreffend, dass im Fall Meinl Bank – Peter Weinzierl das zweite Vorhaben der Staatsanwaltschaft Wien, die Untersuchungshaft zu beantragen, anlässlich einer Dienstbesprechung im Oktober 2014 abgelehnt wurde?
7) Welche Rolle haben hier SC Pilnacek und die Pleischl-Nachfolgerin OStA Marek gespielt?
8) Aus dem diesbezüglichen Aktenvermerk der Staatsanwaltschaft Wien ergibt sich, dass dieses Vorhaben „nicht zur Kenntnis“ genommen wurde. Welche rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus einer derartigen „Nicht-zur-Kenntnisnahme“?
9) Wurde in dieser Angelegenheit mittlerweile eine schriftliche Weisung an die Staatsanwaltschaft Wien erteilt und wenn ja, welchen Inhalt hatte diese Weisung?
10) Ist es im Fall des russischen KGB-Offiziers Golowatow zu einer ähnlichen erfolgreichen Intervention von Pleischl und Pilnacek gekommen?
11) § 29 Abs 2 und § 29a Abs 2 StAG sehen vor, dass bei mündlichen Dienstbesprechungen zwischen der Staatsanwaltschaft und ihren Oberbehörden die Ergebnisse in einem Aktenvermerk festzuhalten sind, wobei entweder die Erzielung einer „übereinstimmenden Rechtsansicht“ oder die Erteilung einer Weisung in Frage kommen. Während die Erteilung von Weisungen nach Abschluss des Verfahrens dem Nationalrat zu berichten ist, bestehen Unklarheiten über das Ausmaß und die Anzahl jener Fälle, in denen bei solchen Dienstbesprechungen abweichende Rechtsmeinungen der Staatsanwaltschaften aufgrund der Vorgaben von Oberstaatsanwaltschaft bzw. BMJ zu einer „übereinstimmenden Rechtsansicht“ umgewandelt werden. Führen Sie Aufzeichnungen, aus denen sich ergibt, in wie vielen Fällen jährlich solche Dienstbesprechungen nach § 29 Abs 2 und § 29a Abs 2 StAG stattfinden, welche Ergebnisse diese Dienstbesprechungen haben (übereinstimmende Rechtsansicht oder Weisung), und inwiefern die „übereinstimmende Rechtsansicht“ von der ursprünglichen Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft abweicht?
12) Falls ja: wie lauten die diesbezüglichen Zahlen für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014?
13) Falls nein: wieso nicht?
14) In welchen clamorosen Fällen wurde im Wege der Dienstbesprechung eine „übereinstimmende Meinung“ erzielt?
15) In welchen clamorosen Fällen wurde eine Weisung erteilt?
16) In wie vielen Fällen hat SC Pilnacek an Dienstbesprechungen mit Staatsanwälten teilgenommen?
17) In welchen clamorosen Fällen hat SC Pilnacek an Dienstbesprechungen mit Staatsanwälten teilgenommen?
18) Wie ist weiter vorzugehen, wenn eine „übereinstimmende Rechtsansicht“ nicht erzielt wurde, aber auch keine Weisung erteilt wurde?
19) Während nach der Meinung von anerkannten ExpertInnen die Untersuchungshaft in Österreich grundsätzlich zu oft und zu lange verhängt wird, erfolgt bei Beschuldigten in berichtspflichtigen Fällen eine besonders detaillierte Vorabprüfung von Anträgen auf die Verhängung von Untersuchungshaft durch die Oberstaatsanwaltschaft und das BMJ. Dies kann wie im eingangs genannten Fall im Jahr 2012 sogar so weit führen, dass eine bereits gerichtliche bewilligte Festnahmeanordnung nicht umgesetzt wird. Nach diesem System besteht daher eine immanente Ungerechtigkeit in der Wahrnehmung der Beschuldigtenrechte im Verhältnis zwischen berichtspflichtigen und nicht-berichtspflichtigen Fällen. Was werden Sie unternehmen, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen?
20) Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um zu gewährleisten, dass auch abseits der Verhängung von Untersuchungshaft die Berichtspflicht nach § 8 StAG nicht zu einer Besserbehandlung der Beschuldigten im Vergleich zu nicht unter Berichtspflicht stehenden Verfahren führt, sondern dass allen Beschuldigten ihre Rechte in gleich sorgfältiger Weise gewährt, aber auch alle notwendigen Ermittlungsmaßnahmen in gleich effizienter Weise eingesetzt werden?
21) Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um zu gewährleisten, dass Angehörige der Sicherheitsexekutive, der Justizwache oder sonstiger Justizdienststellen in Strafverfahren nicht besser behandelt werden als andere Beschuldigte oder ZeugInnen?
22) Werden Sie sicherstellen, dass in Strafverfahren gegen ExekutivbeamtInnen immer eine getrennte persönliche Einvernahme der beteiligten Personen durch die Staatsanwaltschaft erfolgt, und nicht auf schriftliche Stellungnahmen und Protokolle vertraut wird, die von KollegInnen der betroffenen BeamtInnen oder sogar von diesen selbst verfasst wurden?
23) Vom Tierschützer- bis zum Schlepperprozess machte die StA Wiener Neustadt in besonderem Maße auf sich aufmerksam. Der leichtfertige Umgang mit der Freiheit der Beschuldigten stand in keinem Fall in einem vertretbaren Verhältnis zum Umgang mit deren Freiheit. „Zuerst einsperren, dann untersuchen“ scheint das Motto der StA Wiener Neustadt zu sein. Was werden Sie unternehmen, um im Bereich der StA Wiener Neustadt einen verhältnismäßigen Umgang mit dem Instrument der U-Haft herzustellen?
Es stellt sich natuerlich auch die Frage warum die Justiz immer
Raiffeisen schuetzt – hierzu liegen uns viele Faelle vor!
http://rocokonkurs.files.wordpress.com/2012/05/justizministerin-deckt-raiffeisen-04-03-2010.pdf
———————————————————————————————
Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom friedlichen Widerstand, Klaus Schreiner
Don´t be part of the problem! Be part of the solution. Sei dabei! Gemeinsam sind wir stark und verändern unsere Welt! Wir sind die 99 %!
Übrigens die 33. Innsbrucker Friedensmahnwache findet am Montag den 05.01.2015 um 18:00 Uhr bei der Annasäule statt. Sei dabei! Unterstütze mit Deiner Anwesenheit die friedliche Bewegung FÜR Frieden in Europa und auf der ganzen Welt!